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Die Entdeckung des Lichts

Die Entdeckung des Lichts

Titel: Die Entdeckung des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Bönt
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unerwünschten Antwort genug Zeit, bevor er »Nichts als Trägheit!« rief. »Sie hält jeden neuen Einfluss auf und stärkt jeden alten!«
    Diese Übereinstimmung von Newtons Naturgesetz der Materie und dem Geist sei, gab er lakonisch zu, »komisch«. Aber sie stimme offenbar, sofern, ja, wenn ein in Bewegung geratener Geist tatsächlich auch in Bewegung bleibe.
    Er fragte seine Zuhörer, ob er das beweisen solle, und sagte, diesmal bevor jemand hätte antworten können, für ihn nämlich sei das offensichtlich so: »Denn war der Dummkopf je gewillt, sich in Bewegung zu setzen? War der Tölpel je bereit, seine Dummheit aufzugeben, um die Welt zu verstehen?« Wie der Schäfer Magnus sitze er doch lieber auf seinem kargen Stein, sein Versuch, sich fortzubewegen, sei mühsam und fruchtlos, er werde von einer Kraft festgehalten, auf die er keinen Einfluss ausübe.
    »Und der aktive Geist?«, fragte er, seine Zuhörer einen nach dem anderen fixierend, als seien sie die Tölpel: »Welches intellektuelle Wesen lässt sich denn aufhalten? Jeder neue Gedanke, jede Einsicht ist genug Lohn für die Anstrengung des Weges, und die Zukunft«, er hielt die Stimme kurz an, und als er in der Stille bemerkte, dass er fast geschrien hatte, ging er etwas herunter mit dem Ton, er wirkte jetzt erschöpft, wenngleich auch zufrieden, als er schloss: »ist pures Glück.«
    Jeder spürte, dass nur die Vorrede zu Ende war. Faraday fuhr ruhiger fort, manchmal breche zwar Müdigkeit und Chaos ins Denken. Aber dann gehe es wieder mit doppelter Energie weiter: »Eitelkeit, Ambitionen, Stolz helfen Grenzen zu überwinden.« Er wolle nicht die Mathematik bemühen, wie sie bei Körpern in Ruhe und in Bewegung angewandt werde, ihm reichten Worte: Der Geist in Ruhe heiße Apathie, der in Bewegung hingegen Streben.
    »Warum nur«, fragte er die stillen Freunde, wo sie sich doch zusammengetan hätten, um vorwärtszukommen, »warum nur«, und hier hielt er keineswegs inne, »sind wir so hilflos in der Sache und so arm an Bedeutung?« Es müsse wohl »die Apathie ihre Flügel über uns ausgebreitet haben, dieser Agent der Ignoranz, der uns in Schmerzlosigkeit taucht!« Seine Macht stehe allen ihren Anstrengungen gegenüber und, unterstützt durch ihre eigene Bequemlichkeit, triumphiere er über ihren Verstand, gieße gar Hohn über jedes Bemühen: »Wie kann es sein«, wollte er wissen, »dass ein so begabtes Wesen wie der Mensch, ausgewählt für so große Dinge, ruhig zusieht, wie sein Anliegen verkümmert und seine Kraft versiegt?« Ob es denn sein könne, dass Zersetzung und Bewusstsein in einer Brust wohnten: »Oder hat die Selbstgefälligkeit längst gewonnen und nimmt allen Platz ein?«
    Sie, wie sie hier zusammen seien, hätten jedenfalls alles, um Großes zu leisten. Punkt.
    Sie täten es jedoch nicht.
    Komma.
    Fleiß und Eifer und Streben seien der Grundzustand des Menschen, der ihn vom Tier unterscheide und vorwärtsbringe in jeder Generation. Er sei sicher, jeder seiner Zuhörer habe schon gedacht, was er nun ausführlich und vielleicht zu lang vorgetragen habe, aber wenn es Kritik gebe, so wolle er sie hören.
    Es kam keine.
    Er regte abschließend an, die Frage zu beantworten, warum es so viel mehr Trägheit als Bewegung in der intellektuellen Welt gebe, wo es in der materiellen doch umgekehrt sei, und dies war der einzige Vortrag in der Geschichte der Dorset Street, der je ohne jeden Applaus und ohne dass eine Frage gestellt worden wäre zu Ende ging.
    Faraday nahm das als Zeichen des Respekts. Kein Zweifel plagte ihn neben der Wut. Abbott saß erschöpft und perplex auf seinem Platz und überlegte, ob er zustimmen oder ähnlich aggressiv dagegenhalten oder sich einfach aus seiner Trägheit erheben und sich einen neuen Freund suchen sollte. Faraday aber sprühte noch einige Stunden vor Enthusiasmus, als sei auch der bloße Elektrizität. Jedenfalls lud er Abbott schnell wieder auf, und alles blieb erst mal beim Alten.
    3 Sarah Barnard
    Die Sonntage verbrachte Faraday mit seiner Mutter in der Gemeinde. Das waren die Stunden, in denen das Denken endete und das Herz in einer düsteren Stimmung aufgehoben wurde. Mit der Apathie hatte die Religion nichts zu tun, denn Religion und Philosophie waren unabhängig: Die Religion war nicht, so hatte er vor seiner Gesellschaft gesagt, wie die Philosophie kritisierbar. Sonntags spürte Faraday die Wut über seine Ohnmacht umso stärker, und wie sie ein Ziel suchte.
    Tagsüber analysierte er

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