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Die Entdeckung des Lichts

Die Entdeckung des Lichts

Titel: Die Entdeckung des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Bönt
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andere fest. Er polte um, die Kraft zeigte in die entgegengesetzte Richtung. Er variierte den Abstand zum Magneten: keine Änderung.
    Faraday ließ sich auf dem Hocker nieder und sah den Magneten lange an. »Was wäre, wenn Draht und Magnet sich durchdrängen?«, fragte er seinen Schwager. Der sah ihn erwartungsvoll an.
    »Wenn der Magnet im Zentrum des Drahtes wäre?«
    George wollte nicht mit den Schultern zucken.
    »Ja«, sagte Faraday langsam überlegend. »Ja, ja.«
    Er stand auf und ging schnell um den Tisch herum.
    »Dann dreht er sich um sich selbst.«
    Das hatte in seinen Augen nichts Ungelenkes. Alles wäre zwar noch immer überraschend, aber auch symmetrisch und schön. Aber wie baute man so was? Es war ja wieder das Rohr oder der Hut, in den man den Magneten stellte, wie er schon in Erwägung gezogen und wieder verworfen hatte. Aber man musste den Querstrom verhindern. Nun war es nur noch ein Schritt: Wenn der Draht einen größeren Durchmesser hätte als der Magnet?
    »Wir haben es«, sagte Faraday. »Wir nehmen nur einen Teil davon.«
    George, der ganz nah bei ihm stand, freute sich einfach mit, und fragte: »Wovon?«
    »Vom dicken Draht nur einen äußeren Teil«, erklärte sein Schwager, »als ob wir ein Stück herausgeschnitten hätten.«
    Er nahm schon die Schale und schüttete noch mehr Quecksilber hinein. Er stellte einen Magneten aufrecht in die Flüssigkeit und baute aus ein paar herumliegenden Dingen eine Vorrichtung, die es dem Draht erlaubte, unten im Quecksilberbad mit Strom versorgt zu sein und sich um den Magneten herum zu bewegen. Er stellte den Strom an, und der Draht machte genau, was er erwartet hatte: Er rotierte mit gleichmäßiger Geschwindigkeit um den Magneten herum.
    Faraday fasste seinen Schwager an den Händen und tanzte mit ihm um den Tisch. Was sie sahen, war mitnichten ein Konflikt.
    Dann stellte er den Strom ab, machte eine Skizze der ersten aus elektrischem Strom hergestellten kontinuierlichen mechanischen Bewegung. Eine Skizze des Elektromotors. Es war die Entdeckung des Zusammenhangs zwischen Magnetismus und Elektrizität, im Laborbuch schrieb er darunter: »Sehr zufriedenstellend, aber ein besserer Apparat muss her.«
    Er klappte das Buch zu und fragte George, ob er Lust habe, ins Theater zu gehen.
    »Astley’s«, sagte George, der kaum wusste, wie ihm geschah.
    Eine Stunde später saßen beide in der ersten Reihe und atmeten die Ausdünstungen von nassen Sägespänen und schwitzenden Pferden. Nach ein paar Kunststücken kam Die geheime Mine zur Aufführung, in der ein junger Prinz der Hindus vom persischen Militär entführt wurde. Als er zum Mann herangereift war, drängte sein Volk ihn zur Rückkehr. Sie seien die Gläubigen und besäßen die Höhle der Rubine. Der Prinz wollte jedoch zunächst Zemira, die Tochter des persischen Herrschers für sich gewinnen. Der bot dem Prinzen die höchsten Ehren, wenn er nur die Höhle der Rubine fände. Der Prinz lehnte den Verrat seines Volkes ab, woraufhin der Herrscher nicht zögerte, ihm für das Geheimnis die Hand seiner Tochter anzubieten.
    Natürlich gab der Prinz einen falschen Ort für die Mine an, heiratete Zemira, und noch während der Hochzeit flog der Betrug auf. Der Tumult, bei dem nicht mit Schwarzpulver gespart wurde, endete nach der Flucht in einer Schlacht in der Mine, in der die Perser vernichtend geschlagen wurden. Das Paar war glücklich vereint.
    Georges Augen leuchteten. Neben der Länge der Bärte, welche die Länge der Schwerter übertraf, und den gefütterten russischen Hosen, die in Persien kaum gebraucht werden dürften, so ein Mann mit Notizblock zu seinen Nachbarn auf beiden Seiten und laut genug, dass er auch in den Reihen vor und hinter ihm noch gehört wurde, waren die Pferde die tollste Sensation. Sie liefen mit und ohne Hindernisse sauber und ohne jeden Fehltritt im Kreis, als seien sie von unsichtbarer Kraft gelenkt.
    Auf dem Rückweg kaufte Faraday seinem Schwager ein Eis.
    Hitze, Licht, Strom, Magnetismus, dachte Faraday: Heute haben wir den ersten Schritt machen dürfen.
    George ging still neben ihm her.
    Und wenn man nicht nur Bewegung aus Strom herstellen kann, sondern auch Strom aus Bewegung, dachte er, als sie an einer Kreuzung anhielten und er den Jungen in seinem Glück beobachtete, man könnte Windmühlen oder Wasserräder bauen und Strom ernten. Damit würde man Apparate betreiben, die den Menschen die Plackerei besser abnahmen als jede der von niemandem bezahlbaren

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