Die Entfuehrung
große Sorgen machten, nachdem er wusste, dass seine Nichte und sein Neffe auf zwei FUG-Mitglieder gestoßen waren. »Wir sind richtig froh, dass ihr hier seid. Stimmt doch, Alex?«
»Ja«, sagte Alex, und Alice merkte, dass er an Ziegenkäse-Omeletts dachte. »Sehr sogar.«
Sophia lächelte warm und sagte: »Ehe wir wieder auf die Straße stoßen, finde ich, dass ihr wirklich erst mal einen Happen essen solltet, damit sich eure Mägen nach dieser schrecklichen Tortur beruhigen.«
»Eine hervorragende Idee!«, rief Alex, doch dann machte er ein betretenes Gesicht, als er ihren Rucksack aus dem Fass zog. »Aber wir haben nichts als das alte trockene Brot hier.« Er kramte im Rucksack herum und zog den Rest des Brotlaibs hervor, den sie vor zwei Tagen von der Bäuerin bekommen hatten.
»Nein, nein«, sagte Sophia und sah das Brot naserümpfend an. »Das brauchen wir nicht. Horatius?« Horatius erhob sich und begann, mit einem großen Paket zu kämpfen,das in ein Leinentuch gewickelt war. Sophia sagte: »Der reizende alte Holzfäller, der seinen eigenen Käse macht – oder war es ein Käsemacher, der auch Holz fällt? –, der war so nett und hat mir etwas aus seinem Keller mitgegeben.«
Während Horatius mit dem Paket in den Armen herbeitorkelte, sagte Sophia: »Dreh doch bitte das Fass um, Alex, ja? Wir können es als Tisch gebrauchen. Danke, mein Lieber.«
Begeistert folgte Alex ihrer Aufforderung und mit einem Grunzen ließ Horatius das Paket auf den provisorischen Tisch fallen.
»Gut gemacht, Horatius – wie kräftig du bist.« Sophia wickelte das Tuch ab und es kam ein halbes Rad Käse mit orangefarbener Rinde hervor.
»Mmmmm«, stieß Alex ehrfürchtig aus.
»Allerdings«, sagte Sophia zufrieden. »Horatius, würdest du bitte das Messer aus meiner Tasche holen?«
Horatius reichte ihr das Messer, und Sophia machte sich daran, Scheiben des harten Käses von dem Rad abzuschaben. Dann ließen Alice, Alex und Sophia es sich schmecken (Horatius behauptete, noch zu satt von dem Fondue zu sein, um ihnen Gesellschaft zu leisten).
Schließlich sagte Sophia: »Ich glaube, es ist an der Zeit, die Suche nach eurem lieben Bruder wieder aufzunehmen, was meint ihr?« Alex bot sich freiwillig an, den ausgezeichneten Käse des Holzfällers in seinem Rucksack zu tragen. Sophia meinte, das sei sehr rücksichtsvoll von ihm, doch den Rucksack könne genauso gut Horatius tragen (samtihrer eigenen ziemlich großen Tasche). Inzwischen fühlte sich auch Alice ganz erholt von der schrecklichen Höllenfahrt den Berg hinunter.
Sie ließen den Schlitten stehen, wo er angekommen war – »Brie weiß, wo er ihn findet«, versicherte ihnen Sophia –, und machten sich wieder zu Fuß auf den Weg. Zwei Stunden stapften sie durch Schnee, dann durch Schneematsch und schließlich durch einen unangenehmen morastigen Boden. Als der Bergpfad wieder in die große Straße zur Küste mündete, war der Boden endlich warm und trocken, und sie befanden sich in einem üppig grünenden Tal mit Berghängen, die von dichten Kastanienwäldern bestanden waren. Auf den Hügelkuppen sah man gelegentlich ein Dorf aus ockerfarbenem Stein. Unten im Tal schlängelte sich ein breiter grüner Fluss, der ab und zu an der Straße entlangfloss und sich dann wieder in den Feldern und Wiesen verlor.
Sie wanderten weitere Stunden dahin, aber es waren angenehme Stunden für Alice und Alex – allerdings weniger für Horatius, der unter dem Gewicht des mit Käse beladenen Rucksacks jämmerlich klagte. Sie erzählten der sehr interessierten Sophia alles über ihr Leben in Smiggins und über die davorliegende Zeit in Stubbins.
»Vier Jahre ohne eure Eltern«, murmelte sie. »Und jetzt ist auch noch euer Bruder verschwunden.« Doch im Gegensatz zu der Bäuerin, die sie für sehr unachtsam gehalten hatte, weil ihnen so viele Familienmitglieder abhandengekommen waren, zeigte sich Sophia voller Mitgefühl.
Am frühen Abend machte Sophia Halt vor einem Wegweiser zu einem Gasthaus, das Fluss-Schänke hieß. »Das hört sich doch gut an«, erklärte sie. »Gemütliche Betten und ein schönes warmes Abendessen für alle.«
Alex fing bei der Erwähnung eines Abendessens zu strahlen an, doch Alice sagte: »Ähm, ich – ich glaube, dafür haben wir nicht genug Geld.« Es war ihr zu unangenehm, Sophia erzählen zu müssen, dass sie ganz ohne Geld losgezogen waren.
»Da macht euch mal keine Sorgen«, sagte Sophia mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Die FUG zahlt.«
Sie
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