Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Entfuehrung

Die Entfuehrung

Titel: Die Entfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Watts
Vom Netzwerk:
bogen von der Straße ab und gingen durch eine kurze, von Pappeln gesäumte Allee auf ein dreistöckiges Steinhaus mit einem langen, sanft abfallenden Dach zu. Der Duft von Rosmarin- und Lavendelbüschen zog durch die laue Luft.
    Sophia ging voraus an die Rezeption und wandte sich an den schwarz-weiß gescheckten Hotelier hinter der Theke.
    »Was für ein entzückendes kleines Hotel Sie hier haben«, sagte sie zuckersüß, und der schwarz-weiße Mäuserich strahlte. »Für diese beiden bitte ein Zimmer im obersten Stock zum Fluss hin, und ich hätte gerne eines direkt darunter. Horatius nimmt eines im Erdgeschoss in der Nähe des Ausgangs. (Weil du doch Höhenangst hast, mein Lieber.) Und wo befindet sich das Restaurant?«
    Der schwarz-weiße Mäuserich, der eifrig Schlüssel von dem Brett an der Wand hinter der Theke nahm, sagte:»Geradeaus durch, meine Dame.« Er deutete auf eine Tür, die in den hinteren Teil des Hotels führte. »An einem so schönen Abend wie heute würde ich Ihnen empfehlen, auf der Terrasse zu essen. Man hat dort einen schönen Blick auf den Fluss.«
    »Das klingt ja sehr verlockend«, sagte Sophia mit ihrer glockenreinen Stimme. »Geben Sie Horatius die Schlüssel, dann kann er unsere Taschen in die Zimmer bringen. Wir drei gehen direkt auf die Terrasse hinaus und sehen uns die Speisekarte an.«
    Die Aussicht von der Terrasse war so gut, wie der Hotelier versprochen hatte. Alice fand, dass sie noch nie einen hübscheren Ort gesehen hatte, als sie sich unter die Platanen setzte, die ihrem Tisch Schatten spendeten. Sie blickte hinüber auf die waldigen Hänge der gegenüberliegenden Flussseite.
    Sophia und Alex waren hingegen schon in ein lebhaftes Gespräch über die Speisen vertieft.
    Als sich Horatius schließlich zu ihnen gesellte, hatten sich die beiden bereits auf die ortstypische Spezialität geeinigt. Es handelte sich um ein ziemlich eklig klingendes Gericht aus dünnen, glibberigen jungen Aalen mit Gorgonzolasoße. Der schwarz-weiße Mäuserich kam, um ihre Bestellungen aufzunehmen – seine Frau, so versicherte er ihnen, sei als eine der besten Köchinnen der Region berühmt –, und Alice und Horatius, die nicht so verwegen waren wie Sophia und Alex, bestellten Makkaroni mit Käse.
    Während des Essens saß Alice, die zu müde war, um sich an dem von Sophia beherrschten Gespräch zu beteiligen, still da und beobachtete ihre neuen Reisegefährten. Horatius machte einen mürrischen Eindruck und kümmerte sich nicht viel um Alice und Alex, während Sophia eine ganz andere Person war. Obwohl die beiden jungen Mäuse ihr schon alles über sich erzählt hatten, stellte sie eine Frage nach der anderen (»Und wohin hatten eure Eltern reisen wollen? Verreisen eure Tante und euer Onkel auch oft? Haben sie viele Freunde?«). Alice fiel auf, dass sie, auch wenn sie ihre Fragen anscheinend ungezwungen stellte, ganz genau auf die Antworten achtete und dabei ein listiges Funkeln in den Augen hatte – als ob sie es vielleicht doch nicht so harmlos meinte ...
    »Alex«, sagte Alice, als sie nach dem Essen in ihr Zimmer gingen und Horatius und Sophia auf der Terrasse bei ihrem Kaffee zurückließen, »irgendwas stimmt nicht so ganz mit Sophia. Warum hat sie uns so ausgefragt?«
    Alex, der schon auf seinem Bett unter dem Fenster lag, schnaubte verächtlich. »Hör schon auf, Schwesterherz. Horatius ist ein bisschen merkwürdig, das muss ich auch sagen, aber Sophia ist doch astrein. Sie findet uns eben interessant – und wer könnte ihr das zum Vorwurf machen? Und überhaupt, ist es nicht schöner, in Restaurants zu essen und in Hotelbetten zu schlafen, statt mit trockenem Brot und einer Höhle vorliebzunehmen?«
    Alice starrte ihn unwillig an. »Würdest du mal eine Minute aufhören, mit deinem Bauch zu denken, und mir zuhören? Was hältst du zum Beispiel von Sophias Behauptung, sie seien kurz nach uns aufgebrochen, wo uns Herr Groll doch erzählt hat, er hätte eine graue und eine schwarze Maus mit einer Leiter in seinem Garten gesehen? Wenn sie erst durch Onkel Ebenezer von uns erfahren haben, nachdem wir gegangen sind, was haben sie dann am frühen Morgen im Garten gemacht?«
    »Wenn du nachzuweisen versuchst, dass sie die Entführer sind«, hielt Alex dagegen, »dann beantworte mir mal diese Frage: Warum helfen sie uns, nach Alistair zu suchen? Sie müssten ihn doch schon haben. Und wer weiß? Vielleicht hat Herr Groll zwei andere Mäuse in seinem Salatbeet gesehen, die eben auch schwarz und

Weitere Kostenlose Bücher