Die Entführung der Musik
Fahrzeug nicht ins Wasser bekommen.« Naike nickte zum Boot hin. »Es ist Eb- be, und das Boot liegt fest auf.«
Als die vier Soldaten trotz aller Mühe das Boot nicht bewegen konnten, zog Mudge sich bis aufs Fell aus und sprang ins Wasser, e- benso wie Jon-Tom. Kurz darauf folgte ihnen Pivver, nachdem sie ih- re Kleider zierlich auf einer der Sitzbänke des Bootes abgelegt hatte.
Nachdem sie eine Zeitlang mit dem Heck gekämpft hatte, wandte sie sich mühelos Wasser tretend Mudge zu: »Für die allgemeine Wir- kung wäre es wohl von größerem Nutzen, wenn du die Hände zum Schieben aufs Holz legtest statt auf mich.«
»Pardon, Euer 'ochwohlgeboren. Ich versuche nur, einen besseren Ansatzpunkt zu finden.«
»Davon bin ich überzeugt.« Sie hob die Augenbrauen. »In diesem Fall liegt der jedoch beim Boot und nicht bei meiner Person.«
»Pardon.« Sichtlich verstimmt rückte er von ihr ab. Wieder mühte sie sich kurze Zeit mit dem nassen Bootsrumpf, dann wurde ihre Hal- tung etwas weicher.
»Wir werden ja nun eine Zeitlang Gefährten sein. In Anbetracht der Situation halte ich es nicht für nötig, daß du mich mit Hoheit oder ei- nem sonstigen Titel ansprichst. Da das Formlose mir an der Tagesord- nung scheint, kannst du mich Lintania ler Culowyn aleyy Astrevian Pivver es Trenku nennen.«
»Da scheint mir das Formelle einfacher zu sein.« Mudge spie einen Mundvoll Wasserpflanzen aus. »Wie war's, wenn wir Pivver sagen un es dabei belassen? Meinen Namen kennst du schon.«
»Deinen Namen ebenso wie den deiner Partnerin Weegee und dei- ner Zwillinge Neena und Squill.«
Mudges Blick verengte sich ein wenig, während er im Schlamm nach Halt suchte. »Wer hat dir das erzählt?«
»Wer schon? Unser guter Freund, der hochgewachsene Mensch.«
»Das sieht ihm ähnlich, diesem grinsenden Sohn einer Menschenäf- fin.« Mit erhobener Stimme rief der Otter dann zum Vordersteven hinüber: »'ey, Kumpel! 'äng mal dein großes schlappriges Gewicht richtig rein, okay?«
Von seinem Platz beim Bug rief Jon-Tom zurück: »Sei einfach still und zieh. Wir tun hier, was wir können.«
Mit vereinten Kräften hatten sie das Boot bald flott. Einer nach der anderen half man den Prinzessinnen hinein. Mit jedem zusätzlichen Passagier sank das Schandeck tiefer. Doch die spiegelglatte Oberflä- che des stehenden Wassers wurde von keiner Welle gekräuselt, und Naike war nicht zu Unrecht zuversichtlich, daß sie, wenn kein unge- wöhnlich heftiger Sturm aufkam, alle sicher und trocken bleiben wür- den.
Heke und Pauko hatten bald das Lateinsegel gesetzt. Unglückli- cherweise war nicht einmal die Andeutung einer Brise zur spüren, und schlaff und nutzlos hing das Leinendreieck gegen den Mast. Nach kurzer Absprache übernahmen daraufhin Mudge und Jon-Tom die Ruderpinne, während die vier Soldaten sich ergeben an die Riemen setzten und losruderten.
»Wenn wir erst einmal aus diesem Schilfzeug heraus und in einen Flußarm gelangt sind, wird uns die Strömung tragen.« Der immer op- timistische Naike legte sich kräftig in die Riemen.
»Auf jeden Fall«, fügte Karaukul hinzu, der sich auf der Steuer- bordseite abmühte, »ist es so herum leichter, als der Weg flußaufwärts war.«
»Wenn du von der Tatsache absiehst, daß wir jetzt viel tiefer im Wasser liegen.« Heke stöhnte bei jedem Ruderschlag.
Zur Ablenkung von der Plackerei betrachtete Pauko die verirrten Akkorde. Der sanft pulsierende Nebel aus Tönen schwebte neben dem Heck, von wo er gelegentlich nach Südwesten davonschoß, sofort aber wieder umkehrte, wenn klar wurde, daß das Boot sich von seinem ge- genwärtigen Kurs nicht abbringen ließ.
»Eure Musik klingt unglücklich«, bemerkte Pauko dem Bannsänger gegenüber.
»Manchmal klingt sie so«, stimmte Jon-Tom zu.
»Ess isst doch nur eine Anssammlung von Tönen.« Neugierig nä- herte sich Seshenshe der Wolke und streckte versuchsweise den Fin- ger in ihre Richtung aus. »Wie kann ess unglücklich oder, wenn wir schon dabei ssind, überhaupt irgendwie klingen?«
»Es handelt sich um Musik«, rief ihr Jon-Tom in Erinnerung.
»Auch wenn nur eine begrenzte Zahl von Tönen beteiligt sind, sind die emotionale Ausdruckskraft und Bandbreite doch beträchtlich.«
»Wie war's, wenn du das mal demonstrierst, indem du die Wolke 'n bißchen aufheiterst, Kumpel?« Mudge beobachtete aufmerksam Piv- ver. »Wir könnten alle 'n bißchen Aufmunterung vertragen, wa? Aber keine Magie«, fügte er hastig hinzu.
»Ja, spielt uns ein
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