Die Entführung der Musik
einziges Königreich Eure Reise wieder fortsetzen.«
Die Prinzessinnen berieten diesen Vorschlag und fanden ihn an- nehmbar. Was Jon-Tom betraf, so war er noch nicht ganz zum Nach- geben bereit.
»Wie weit ist es bis Harakun?«
»Nicht so weit.« Naike hatte sich ihm tapfer wieder zugesellt.
Mudge warf dem Leutnant einen ahnungsvollen Seitenblick zu. »Un wie weit, Chef, is dieses nicht so weit wohl?«
Die lange Schnauze des Mungos bebte. »Du weißt schon, Flußläu- fer. Nicht so weit.«
Der Otter gab sich damit nicht zufrieden. »Liegt das nur an mir, Kumpel, oder 'aben wir Kommunikationsschwierigkeiten?«
Ansibette schlüpfte zwischen die Männer. »Begleitet uns zumindest bis zur Stadt Mashupro, wo wir vielleicht eine Transportmöglichkeit über das Farragleanmeer zu den Küsten unseres Heimatlandes finden. In Mashupro können wir die Frage dann noch einmal besprechen. Wenn Leutnant Naike ein gutes Schiff und eine gute Mannschaft fin- det, könnt Ihr und Euer Freund vielleicht dort Abschied von uns neh- men.«
»Ich denke, wenigstens das sollten wir tun.« Jon-Toms Blick verlor sich in ihren Augen, was angesichts der vielen Stellen, auf denen er sonst hätte ruhen können, vermutlich der am wenigsten gefährliche Ort war. »Wahrscheinlich würden wir sowieso in Mashupro landen.« Mudge zeigte auf die dahintreibenden, eindringlich läutenden Akkorde.
»Die Musik, Kumpel. Was is mit der Musik?«
»Musik?« Jon-Tom löste sich blinzelnd aus Ansibettes Blick, wor- auf seine Augen auf Naikes flehendes Gesicht fielen. Sicherheitshal- ber konzentrierte er sich auf den Leutnant. »Diese Stadt Mashupro - ist sie wirklich der Haupthafen im Küstenbereich des Deltas?«
»Nicht nur der Haupthafen, sondern, soweit wir feststellen konnten, auch der einzige seiner Art«, gab Naike hilfsbereit zur Antwort.
Jon-Tom nickte und schaute zu Mudge hinunter. »Die Musik kann eine Weile warten.«
Ein kräftiger Strom erfindungsreicher Schmähreden floß von den Lippen des Otters. »Ja, aber können wir das auch? 'ne lange Reise in 'nem kleinen Boot, randvoll mit schnatternden, verwöhnten Weibern, von denen jede ihren Anteil an persönlicher Aufmerksamkeit fordert. Dafür 'ab ich nich die weite Reise bis 'ier'er gemacht, Kumpel. Dieser königlichen Ausflugsgesellschaft schulden wir nich das geringste - auch nich ihrer unglücklichen Begleitmannschaft.«
»Wo bleibt dein Sinn für Galanterie, Mudge?«
»Wa, der alte Gammel?« Der Otter äußerte etwas Gepfeffertes. An- sibette errötete, und Quiquell holte tief Luft. Selbst Pivvers Augen weiteten sich. »Ich glaub, den 'ab ich mir vor 'n paar Jahren austreiben lassen.«
»Wenn der Leutnant recht hat und wenn die Musik uns bis zum Meer führt, müssen wir sowieso in Mashupro nach einer Fahrgelegen- heit suchen. Es sei denn, ich soll versuchen, ein Boot herbeizube- schwören. Vielleicht hast du ja vergessen, was bei der letzten Gele- genheit dieser Art passiert ist.«
Das hatte Mudge keineswegs vergessen. »Das Boot 'aste damals 'ingekriegt, aber den größten Teil der Reise warste stockbesoffen.« * * Siehe: Der Tag der Dissonanz ( HEYN E - BU C H Nr. 06/4278) »Eine Erfahrung, die ich nicht unbedingt wiederholen möchte.« Der Bannsänger ließ sich nicht erweichen. »Viel lieber würde ich ein Boot mieten. Außerdem liegt dieses Königreich Harakun, soviel wir wissen, im großen und ganzen in der Richtung, in die die Musik uns führt.«
»Wie immer findste gute Vorwände für das, was du sowieso willst, Kumpel.« Der Otter betrachtete das flache Boot und verzog das Ge- sicht. »Das wird 'ne würzige Reise.«
»Ich bin mir der möglichen Unbequemlichkeiten durchaus bewußt«, versicherte ihm der Freund. »Unsere Geduld wird bis an ihre Grenzen strapaziert werden.«
»Deine Geduld, Kumpel. Ich 'atte noch nie welche, die strapaziert werden könnte.«
»Ich habe Vertrauen in dich, Mudge.« Pivver trat vor und legte den Arm beruhigend um die Schulter des anderen Otters. Mudges Ge- sichtsausdruck wandelte sich jäh, und, wie Jon-Tom beobachtete, nicht unbedingt zum Besseren. Aber wenigstens gab es keine Einwän- de mehr. Jon-Tom wandte sich wieder den anderen zu.
»Die Sache ist entschieden. Wir begleiten Euch bis Mashupro, und dann sehen wir weiter.« Er wies auf die umherschwirrende Akkord- wolke. »Es wird davon abhängen, ob wir mit der Musik zusammen- bleiben können.«
»Ausgezeichnet!« rief Aleaukauna aus.
»Niemand wird irgendwohin gelangen, wenn wir dieses
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