Die Entführung der Musik
Handwerk ausgeübt... nur um jetzt das Haus und die Wäsche leichter sauberzubekommen?
Er schüttelte die Duar und brüllte eine Herausforderung. Im ganzen Baum, in allen dimensional erweiterten Zimmern und Nischen schau- ten Dämonen, Elfen und Kobolde aus Dingen auf, die keine Augen waren, und lauschten durch Gehöre, die keine Ohren waren.
»Schert euch fort!« schrie er. »Ich entlasse euch alle!
Ich befreie euch von euren Pflichten. Verlaßt diesen Ort, verlaßt dieses Haus und verlaßt mich!«
Ein Gebilde, das nur aus gummiartigen langen Armen zu bestehen schien, stellte einen Besen zur Seite und zischte: »Wird auch langsam Zeit! Das ist keine Arbeit für einen anständigen Nachtmahr mit Selbstachtung!« Woraufhin das Wesen sofort in sich zusammen sank und verschwand.
Unter Ächzen und Stöhnen, Zischen und Heulen, Schreien, Seuf- zern und erleichtertem Wimmern machten sie sich davon: Abflußrohre hinunter, Schornsteine hinauf, durch Fenster und durch die Poren des Holzes. Einer benutzte sogar etwas verächtlich die Vordertür, doch Jon-Tom beschloß, ihn für diesen Protokollbruch nicht zu bestrafen. Er war zu müde und zu enttäuscht. Als er schließlich allein war, ließ er sich auf einen zur Hälfte abgestaubten Küchenstuhl fallen.
Nun, vielleicht doch nicht ganz allein.
»Verzeihung.«
Jon-Tom wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Was?«
»Verzeihung, Meister.«
Als er sich umdrehte, sah Jon-Tom sich einem vier Fuß großen leuchtendblauen Dämon gegenüber. Er trug Sandalen aus geschnitz- tem Lasurstein und eine türkisfarbene dunkle Weste. Ein äußerst ge- schickter Dämon, dachte Jon-Tom, denn das Weben von Türkis war keine leichte Aufgabe. Der Bannsänger ließ sich auf dem Stuhl zu- rücksinken.
»Ich dachte, ich hätte euch alle entlassen. Also, was ist los?«
Die Antwort der Erscheinung hatte einen deutlich klagenden Unter- ton. »Meister, erkennst du mich nicht?«
Jon-Tom runzelte verunsichert die Stirn. »Dich erkennen? Bei mei- ner Arbeit bekomme ich viele Geister und Schatten zu Gesicht.«
»Ich bin Fugwheez, Meister.« Die fransenbesetzten spitzen Ohren zuckten rhythmisch, als er mit seinem häßlichen und doch freundli- chen Gesicht den auf dem Stuhl sitzenden Mann unruhig ansah.
»Fugwheez? Tut mir leid, dazu fällt mir nichts ein.«
»Du hast mich vor vier Jahren beschworen, Meister. Um den Eß- zimmertisch mit Schellack zu überziehen.« Sein Verhalten war dämo- nenhaft ernst.
»Eßzimmertisch?« Ein Funke des Erkennens zuckte über Jon-Toms Gesicht. »O ja, jetzt erinnere ich mich. Die Arbeitsbeschreibung war ziemlich ausgefallen. Nach den Informationen, die Clodsahamp mir gegeben hatte, warst du der einzige Dämon, der Lack erbrechen konn- te. Talea war damals von der Idee nicht begeistert, aber das Ergebnis hat sie überzeugt.«
»Ehefrauen finden in der Regel keinen Gefallen an den Werken von Dämonen«, gestand Fugwheez. »Wie hält übrigens der Tisch? Ich bin nicht durchs Eßzimmer hereingekommen.« Entschuldigend wies er zur Küchentür. »Seit meiner Materialisierung hat das Linoleum meine ganze Zeit beansprucht.«
»Der Tisch ist bestens. Glänzt wie Marmor.«
Beim Lächeln entblößte Fugwheez freundlich die Fangzähne.
»Siehst du?«
Jon-Tom zog die Brauen zusammen. »Das ist alles sehr erfreulich und gut fürs Haus, aber es erklärt nicht, warum du noch immer hier bist.«
»Gewöhnlich nehmen wir Bewohner der Anderwelt es übel, wenn wir aus einem kalten Bad heraus gezerrt werden oder man uns von unserer normalen Arbeit entfernt, weil die Sterblichen sich mit ihrer Magie einmischen und uns zwingen, ihren Ansprüchen nach zu kom- men. Vor Jahren schien es mir aber, daß du für einen Sterblichen eine recht anständige Art hast. Du bist nicht fordernd, sondern verständnis- voll, und du siehst ein, daß über den Äther hinweg Fehler geschehen können. Nicht nach dieser Masche: ›Tu dies, ich befehle es!‹ oder ›Tu das, ich verlange es!‹ Ich steckte nun in der allgemeinen Putzmannschaft, die du für die Säuberung des Hauses beschworen hattest, doch es machte mir nichts aus, weil ich mich an deine Toleranz erinnerte. Eigentlich sollen wir kein Mitgefühl für Sterbliche zeigen; vielmehr erwartet man von uns, daß wir sie in Stücke reißen, wann immer die Gelegenheit sich bietet. Doch du bist anders, und es geht mir an die Nieren, wenn ich dich sol- cherart beim Hausputz herumstöhnen sehe. Ausgedehntes Hausputz- gestöhn, das ist etwas für
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