Die Entführung in der Mondscheingasse
durchs Papier zu
spießen.
Das war so doof, daß Tarzan alle
Hemmungen fallen ließ, sich hinter ihn stellte und über Maisls
Taubenschiß-Schulter das Gekrakel las.
Herrn Richard Heyse — Tyroler Hof /
Enge — Tirol...
Das konnte nicht wahr sein.
Tarzan sah sich um.
Drüben bei den Telefonbüchern
blätterten sich Jansen und Glockner durch Berlin und Oberbayern. Der
Teilnehmer, den sie suchten, besaß offenbar kein Telefon.
Tarzan ging zu ihnen. „Der
Werkzeugbeutel ist in Schließfach 1066. Den Schlüssel schickt er nach — Sie
raten es nicht — nach Tirol, an den Tyroler Hof, an Herrn Richard Heyse.“
Jansen ließ den Mund offen. Auch der
Kommissar sah nicht aus, als hätte er gerade ein Quiz gewonnen.
„Verstehe!“ nickte er dann. „Man will
uns auf den Arm nehmen. Ich glaube, wir sind jetzt die Dummen.“
Zwei Schritt vor dem Briefkasten fingen sie Maisl ab.
Der erschrak, als er sich plötzlich
umringt sah.
Aus der Nähe wirkte er noch einfältiger
als aus der Ferne. Glockner zeigte seine Blechmarke.
„Polizei! Machen Sie kein Aufsehen,
Herr Maisl. Wir haben ein paar Fragen an Sie.“
„Aber... aber…“, stotterte der Typ. „Ich
habe doch richtig geparkt. Und der TÜV ist noch nicht fällig.“
„Darum geht es nicht. Bitte, kommen Sie
mit.“
„Na, gut. Aber erst muß ich den Brief
einwerfen.“
„Auf keinen Fall! Der Brief ist
beschlagnahmt.“
Glockner riß ihn an sich, worauf Maisl
erschrocken die Schultern hochzog.
Er wurde von den beiden in die Mitte
genommen. Tarzan sicherte nach hinten und trug jetzt den Hut in der Hand.
Vor dem Postamt stand Gaby: mit dem
rechten Fuß auf ganzer Sohle. Vom linken hatte sie nur die Spitze auf den Boden
gesetzt, aber Wade um Wade geschlungen, was sehr graziös (anmutig) aussah — wie eine Eiskunstläuferin, die in der Drehung erstarrt ist.
Sie hob staunend die Brauen, wobei jene
beinahe den gekürzten Pony berührten.
„Festgenommen?“ wisperte sie.
Tarzan nickte und nahm sie bei der
Hand.
„Du schnallst ab, Pfote, wenn du hörst,
was der machen wollte.“
„Das haut die Wurst aus der Pelle“,
meinte sie, nachdem er erzählt hatte. „Ist doch blanker Wahnsinn! Es gibt
keinen Heyse. Jedenfalls nicht den. Und schon gar nicht im Tyroler Hof.“
„Dein Vater meint, Uckmann will uns
verarschen.“
Sie folgten den dreien.
Kommissar Glockner bemühte sich nicht
mehr um Unauffälligkeit. Ihm war klar, daß Uckmann sich nicht in der Nähe
aufhielt.
Sie brachten Maisl zu Jansens Campingwagen,
wo das Verhör stattfand — hinter zugezogenen Gardinchen.
Außer Glockner, Jansen und Kreuder
durften Tarzan und Gaby teilnehmen, mußten sich freilich im Hintergrund halten,
damit die Szene nicht an Gewicht einbüßte. Ein bißchen Bammel konnte Maisl nicht
schaden.
Schlotternd saß er Glockner an dem
kleinen Tisch gegenüber.
Der Kommissar sagte: „Sie haben aus
Gustav Uckmanns Wohnung Werkzeuge geholt. Darum geht es. Inwieweit das in ein
Kapitalverbrechen hineinspielt, werden wir noch feststellen. Erstmal benötigen
wir Ihre Personalien!“
Detlef Maisl war 20 Jahre alt, von
Beruf Kraftfahrer, wohnhaft hier in der Stadt, zur Zeit ohne Arbeit.
„Sie kennen Uckmann?“ fragte Glockner.
„Ja. Aber — wissen Sie — eigentlich nur
flüchtig.“
„Wie haben Sie ihn kennengelernt?“
„Das war in einer Kneipe. Vor einem
halben Jahr etwa. Wir kamen miteinander ins Gespräch. Er suchte jemanden, der
seinen Porsche putzt. Innen, meine ich. Außen wird ja jede Karre schnell
sauber, wenn man durch die Waschstraße fährt. Aber innen — da ist Handarbeit
nötig. Vier oder fünfmal habe ich dann seinen Wagen ausgemistet.“
„Uckmanns Porsche“, sagte Glockner, „haben
wir vorhin in der Tiefgarage des Wohnturms sichergestellt. Der Wagen war innen
sehr schmuddelig.“
„Sicher!“ Maisl grinste. „Die letzte
Säuberung liegt auch mindestens zwei Monate zurück. Als mich Uckmann vorhin
anrief, dachte ich, es ginge wieder um den Wagen. Aber — wissen Sie — darum
ging’s nicht.“
„Sondern?“
„Ich sollte in die Goldene Ente kommen.
Das ist ‘ne Eckkneipe in der Obermühlen-Straße.“
„Und?“
„Ich bin hingegangen.“
„Und?“
„Uckmann war schon da.“
Glockner seufzte. „Was wollte er von
Ihnen?“
„Ich sollte ihm einen Gefallen tun. 200
Mark hat er mir dafür gegeben.“
Maisl glaubte wohl, das beweisen zu
müssen. Jedenfalls zog er eine abgeschabte Brieftasche aus der Jacke und zeigte
zwei
Weitere Kostenlose Bücher