Die Entfuehrung
sich den Mann im Gras näher an. Er war auch Afroamerikaner, aber seine Haut war heller als die seiner Frau und seiner Tochter. Der Hilfssheriff hatte ihn offensichtlich irrtümlich für einen Weißen gehalten.
»Das sind sie nicht. Wir haben den falschen Ort erwischt.«
Der Mann hob sein Gesicht aus dem Gras und sah wütend auf. »Ihr habt verdammt genau das falsche Haus erwischt. Ich werde euch verklagen, ihr Nazi-Schweine.«
Harley wandte den Blick ab und fuhr sich verzweifelt mit der Hand durchs Haar. »Das hat mir gerade noch gefehlt«, stöhnte er.
36
Vincent Gambrelli stand direkt über Repo und sah zu, wie dieser sich vor Schmerzen wand. »Tut ganz schön weh, was?« sagte er gepresst. »Das ist der Preis dafür, dass du meinen Lieblingsneffen umgebracht hast.«
Repo lag immer noch auf dem Rücken in einer Blutlache. »Johnny Delgado war ein Schwachkopf.
»Ach, wirklich? Und das sagt ein Typ, der blöd genug ist, das Mädchen mit seiner Mutter telefonieren zu lassen. Ist dir nie in den Sinn gekommen, dass ich ein Handy, das auf einer von mir selbst kopierten Karte läuft, abhören könnte.«
Repo verzog schweigend das Gesicht.
»Wahrscheinlich nicht. Aber was kann ich schon von einem Typen erwarten, der mich direkt zu seiner Tür führt? Diese automatischen Positionierungs-Chips lassen sich echt leicht verfolgen. Du hättest zumindest den Wagen stehenlassen sollen, du Schwachkopf.«
»Die Bullen«, keuchte Repo, »Sie haben den Anruf zurückverfolgt. Sie können jeden Moment hier sein.«
»Keine Chance. Dieses Handy war so programmiert, dass das FBI glauben musste, der Anruf käme aus Nashville. Erwarte also lieber nicht, dass hier gleich die Kavallerie durch die Tür gestürmt kommt, um deinen armseligen Arsch zu retten. «
Tony Delgado tauchte plötzlich keuchend in der Tür auf, als wäre er gerannt. Sein Bauch quoll über den Gürtel seiner enganliegenden Hose und zeichnete sich deutlich unter dem knappen Pullover ab. Er hatte eine Pistole in der Hand. »Sie ist nicht hier. Ich habe überall nachgesehen.«
Gambrelli lud ganz ruhig sein Gewehr nach. »Sieht so aus, als hätten wir hier ein kleines Problem. Nicht, dass ich es extra erwähnen müsste, aber es gibt nur zwei Möglichkeiten. Die Sache kann für dich schlecht ausgehen oder grausam. Du kannst es dir aussuchen. Also raus damit. Wo ist das Mädchen?«
Repo atmete schwer und wand sich vor Schmerzen.
Gambrelli zielte auf Repos noch heiles Knie. »Drei Sekunden, Repo.«
Auf Repos Lippen bildeten sich Bläschen von Blut und Speichel. »Sie ist losgerannt«, sagte er mit versagender Stimme, »um auf Johnnys Grab zu spucken.«
Mit einem wütenden Knurren drückte Gambrelli ab und zerschoss Repos Knie. Sein Körper bäumte sich unter dem wahnsinnigen Schmerz auf. Dann fiel er ausgestreckt auf den Fußboden, wie tot.
»Bei dem Krach«, sagte Gambrelli, »den du mit deiner Ballerei veranstaltet hast, kann ich hier nicht die ganze Nacht warten. Aber das bisschen Zeit, das du noch hast, kann sich leicht wie ein paar Stunden anfühlen. Das verspreche ich dir.«
»Ihr werdet sie nie finden«, antwortete Repo mit schwacher, rauher Stimme. »Ich habe sie zu ihrer Mutter zurückgeschickt.«
»Wir wissen beide«, höhnte Gambrelli, »dass das absoluter Blödsinn ist. Ich habe den Anruf mitgehört, erinnerst du dich? Du hast ihr gesagt, du würdest sie bis nach der Wahl bei dir behalten.« Das Grinsen wich aus seinem Gesicht. Langsam trat er auf Repos blutende Hand und zerquetschte die zertrümmerten Knochen mit seinem Absatz.
Repo wand sich, gönnte Gambrelli aber nicht die Genugtuung eines Schmerzensschreis.
Plötzlich war draußen ein lautes Klappern zu hören, als würden auf der Straße Mülleimer umfallen - als versuchte jemand wegzulaufen.
Gambrelli blickte auf und lächelte wissend. Tony rannte in die Küche und sah aus dem Fenster. »Das ist die Kleine!«
Repo zuckte zusammen - nicht aus Angst um sich selbst, sondern um Kristen.
Gambrelli putzte seinen blutigen Schuh an Repos Hemd ab und benutzte ihn als Fußabstreifer. »Du tust mir leid, Repo. Du stirbst als Versager.« Er feuerte ein Geschoß direkt in Repos Gesicht
»Wir hauen ab«, sagte er und verschwand mit seinem Neffen durch den Hinterausgang.
Kristen rannte, so schnell sie konnte, über den Hof, vorbei an der baufälligen Garage, hinter der die Gasse lag. Wie Spiderman kletterte sie den Maschendrahtzaun hoch, blieb aber mit ihrem Jackenärmel am rostigen Pfosten hängen,
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