Die Entfuehrung

Eingreiftruppe CIRG und noch andere zu einer Einsatzbesprechung nach Washington beordert, um zu klären, was schiefgelaufen und was als nächstes zu tun war. Sie hätte es vorgezogen, nach Washington zu fliegen, ohne sich an die Medien zu wenden, aber kaum am Flughafen angekommen, geriet sie in ein Sperrfeuer ausgehungerter Reporter, die schon auf sie warteten und den Zugang zum Flugsteig blockierten.
    Einige Agenten des Secret Service versuchten, ihr eine Gasse zu bahnen, dennoch war sie im Nu von Reportern umringt. Mikrofone und Kameras streckten sich ihr entgegen. Sie wurde von Blitzlichtern geblendet und aus allen Richtungen mit Fragen überschüttet. Schließlich gelang es einem Anfänger mit Bürstenhaarschnitt, sich unter rücksichtslosem Einsatz seiner Ellbogen direkt neben ihr aufzupflanzen und ihr sein Mikro ins Gesicht zu halten.
    »Ms. Leahy«, stieß er mit heiserer Stimme hervor.
    Allison ging einfach weiter, aber es war unmöglich, ihn zu ignorieren. Der Bursche war gebaut wie ein Footballspieler, aus dem ein Sportreporter geworden war, und wirkte aufgedreht wie ein gedopter Bodybuilder. Anscheinend war ein verzweifelter Nachrichtenchef zu dem Schluss gekommen, dass er sich seine Story nur sichern konnte, wenn er seinen größten Runningback losschickte, um über die Torlinie zu walzen.
    »Wird Mr. Abrams gefeuert?« brüllte er ihr aus einem halben Meter Entfernung ins Ohr. »Wird er von den Ermittlungen suspendiert?«
    Allison wollte schon sagen: »Kein Kommentar«, aber dann fiel ihr siedend heiß ein, dass sie beim letzten Mal, als sie eine Antwort verweigert hatte, anschließend als Ehebrecherin dagestanden hatte. Es war nicht fair, Harley in der Luft hängenzulassen. »Ich habe keine Hinweise darauf, dass Mr. Abrams unverantwortlich gehandelt hätte«, erwiderte sie.
    Ihre Antworte feuerte die Meute an. Kleinere, aber abgebrühtere Journalisten versuchten, den Anfänger vom Muskel-Strand noch zu übertrumpfen. Ein Fernsehreporter tat sich besonders hervor und schrie über die wilde Menge hinweg: »Ms. Leahy, würden Sie es als verantwortungsvolles Handeln bezeichnen, wenn das FBI eine unschuldige Familie in ihrem eigenen Garten mit gezogener Waffe bedroht?«
    Allison blieb stehen und sah den Reporter verärgert an
    Der Wanderzirkus schien in Erwartung ihrer Erklärung seine Lautstärke um ein paar Dezibel zu senken.
    Sie blickte direkt in die Kamera, die ihr am nächsten war. »Die Polizeikräfte handeln immer dann verantwortungsvoll, wenn sie den Umständen entsprechend schnell reagieren, um das Leben eines unschuldigen Mädchens zu retten, wenn sie sich auf die bestverfügbaren Informationen verlassen und Mittel anwenden, die korrigiert werden können, bevor ein einziger Schuß fällt und bevor eine einzige Person verletzt wird. Genau das ist hier geschehen. Jawohl, ich glaube, dass sich das FBI verantwortungsvoll verhalten hat.« Sie wandte den Blick von der Kamera und ging weiter.
    Die Meute fing wieder an zu toben. Ein Korrespondent einer der landesweiten Rundfunkanstalten bleckte sein riesiges Gebiss. »Es gibt Meldungen, dass die Familie mit Klage gedroht hat.«
    »Das ist eine Angelegenheit zwischen der Familie und ihren Anwälten«, erwiderte Allison und eilte an ihm vorbei zum Flugsteig.
    Er blieb an ihr dran. »Rechtfertigen Sie deshalb das Verhalten des FBI - weil Sie befürchten, verklagt zu werden ?«
    Sie blieb noch einmal kurz stehen und sah ihn scharf an. »Während meiner ganzen Amtszeit hat die Androhung eines Prozesses nie meine unabhängige Beurteilung von staatlichem Handeln beeinflusst.«
    »Soll das heißen, Sie haben keine Angst, verklagt zu werden?«
    »Das soll heißen, dass ich als Justizministerin volle Verantwortung für das übernehme, was heute passiert ist. Darauf können Sie sich verlassen. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich möchte meinen Flug nicht verpassen.«
    Eine ungepflegte junge Frau mit einem abgebrochenen Schuhabsatz und schmuddeligen Haaren sprang auf sie zu
    Sie sah aus, als wäre sie buchstäblich auf dem Boden nach vorne gekrochen. Ein Agent des Secret Service packte sie, aber sie schaffte es noch, eine Frage zu rufen, während er sie beiseite zog. »Was ist mit ihrem Gelöbnis, das Sie dem amerikanischen Volk gegeben haben, Ms. Leahy? Ihr Versprechen, Ihren persönlichen Wahlkampf auszusetzen und diese Untersuchung zu Ihrer Hauptangelegenheit zu machen?« »Ich denke, dass ich dieses Versprechen gehalten habe.« Die Reporterin wurde von