Die Entfuehrung
das verbliebene Glas zu zertrümmern, sprang dann auf und begann zu schießen wie ein Revolverheld. Die Schüsse krachten in kurzer Abfolge aus seiner Halbautomatik. Kristen krabbelte in die Küche, warf noch einen Blick zurück und sah, wie Repo taumelte, hart auf dem Boden aufschlug und sich die blutende Hand hielt.
»Repo!«
Mit schmerzverzerrter Miene rollte er sich zu ihr hin. »Hau endlich ab!«
Seine rechte Hand war ein Klumpen von zerschmettertem Fleisch. Er packte die Pistole mit der linken Hand und entfernte Fetzen von Fleisch und Knochen vom Abzugsbügel. Er sprang zum Fenster und schoss wieder in kurzer Abfolge. Kaum dass die Schüsse losgingen, sprang Kristen auf die Füße und rannte zum Hinterausgang. Sie hatte zu viel Angst, noch einmal zurückzublicken.
Das nächste Präzisionsgeschoß traf Repos linke Hand. Er schrie auf, und die Pistole flog in hohem Bogen. Sie schlitterte über den Fußboden und blieb mitten im Zimmer liegen. Repo schaute zur Küche. Die Hintertür stand offen, keine Spur von Kristen. Er sah sich seine Hände an. Sie waren beide nutzlos. Er versuchte, sein Bein wie einen Haken zu benutzen und damit die Waffe zu sich heranzuziehen. Der nächste Schuss aus dem Nichts traf ihn im Fuß. Er fuhr zusammen und sah, wie die nächsten zwei Schüsse die Halbautomatik trafen und sie quer durch den Raum jagten, außerhalb seiner Reichweite. Repo erschauderte. Der Schütze war ein Profi.
Er rollte sich in die Ecke, wobei er eine dicke Blutspur hinter sich herzog. Die Schmerzen von allen vier Schusswunden betäubten den ganzen Körper. Er lag flach auf dem Rücken und starrte hilflos an die Decke.
Dann hörte er wuchtige Schritte auf dem Holzfußboden, aber es fehlte ihm Kraft oder Wille, den Kopf zu wenden und hinzusehen. Plötzlich stand der Scharfschütze über ihm, nur wahrnehmbar als schwarze Silhouette in der Dunkelheit. Seine tiefe Stimme hallte im leeren Raum wider.
»Hast du wirklich geglaubt, du könntest davonkommen, Repo - dass ich dich nie finden würde?«
Mit großer Anstrengung hob Repo seinen Kopf ein paar Zentimeter vom Boden. Er konnte fast nichts sehen, aber die Stimme kannte er.
Er ließ den Kopf sinken und schloss die Augen. Und machte sich auf das Schlimmste gefasst.
Harley Abrams gab von der anderen Straßenseite aus ein Signal mit der Hand. Der Schalter wurde betätigt, und eine ganze Reihe von 1 500-Watt-Scheinwerfern erleuchteten den Hof und die Vorderseite des Hauses.
Dort schaltete sich die Verandabeleuchtung ein, aber es gab kein Anzeichen, dass sich im Haus selbst etwas bewegte.
Scharfschützen nahmen ihre Position in den Bäumen und auf den umliegenden Dächern ein. Die SWAT-Leute lagen im Straßengraben und hinter der Hecke auf der Rückseite des Hauses. Harley ergriff das Mikrofon und schaltete den Lautsprecher ein.
»Hier spricht das FBI«, dröhnte es zu dem hell erleuchteten Haus hinüber. »Sie sind umstellt. Kommen Sie mit erhobenen Händen heraus.«
In der Stille zuckten die Finger nervös am Abzug. Das Brummen der Stromgeneratoren für die Scheinwerfer war das einzige Geräusch weit und breit. Der Nebel, der langsam vom Boden aufstieg, machte das Warten noch unheimlicher.
Harley ergriff wieder das Mikrofon, hielt aber in der Bewegung inne. Die Eingangstür wurde geöffnet. Harley rief: »Nehmen Sie die Hände über den Kopf.«
Zuerst kam ein Mann heraus. Er trat zögernd auf die Veranda und streckte nervös seine Hände in die Luft. Eine Frau folgte mit einem jungen Mädchen an ihrer Seite.
Der SWAT-Trupp rannte über den Rasen mit den automatischen Gewehren im Anschlag. »Runter, runter, alles runter! « befahlen sie. Die völlig verängstigte Familie ließ sich auf die Knie fallen, dann flach auf den Bauch in das feuchte Gras. Der Einsatzleiter des SWAT-Teams hielt eine Pistole an die Schläfe des Mannes, ein anderer ergriff das Mädchen. Fünf weitere stürmten ins Haus. Ein zweites Team lief zur Hinterseite. Harley rannte zu dem Verdächtigen, der im Gras lag
Aus der Nähe war deutlich zu sehen, dass der Mann kein Weißer war.
»Wo ist der Weiße?« fragte der Einsatzleiter.
Der Mann zitterte. »Hier gibt es keinen Weißen.«
»Wo ist er?«
Ein Mann in SWAT-Ausrüstung kam aus dem Haus gerannt und sprang die Eingangsstufen hinunter. »Das Haus ist leer. Keine Verdächtigen.«
Harley betrachtete das Mädchen. Sie war Afroamerikanerin und vielleicht zwölf oder dreizehn Jahre alt. Aber sie war eindeutig nicht Kristen Howe. Er sah
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