Die Entfuehrung
wie Paul Bunyan - weder fett noch muskulös, aber stämmig.
Harley rannte zu ihm hin. »Abend, Sheriff, ich bin Harley Abrams, FBI.«
Der Sheriff schüttelte ihm fest die Hand - so fest, als wollte er seine Kraft unter Beweis stellen. »Danke, dass ihr Jungs gekommen seid. Wir können Unterstützung gebrauchen.
Na, wunderbar, dachte Harley, ein Kompetenzkrieg. »Wir sind nicht zur Unterstützung hier. Das hier ist unser Job.«
»Unser Job ist es auch. Wir haben unsere eigenen SWAT-Leute.«
»Hat die nicht jeder? Demnächst soll sogar die Bürgerinitiative gegen Kriminalität eine kriegen.«
Der Sheriff zog verärgert die Augenbrauen zusammen und blickte die FBI-Leute finster an. »Wir wissen, was wir zu tun haben, und wir haben guten Grund, hier zu sein. Es war schließlich mein Hilfssheriff, der den Verdächtigen ausfindig gemacht hat.«
Harley nickte und wechselte zu einem versöhnlicheren Ton. »Da haben Sie recht. Und er hat seine Sache gut gemacht. Ich würde mich gerne mit ihm unterhalten. Wie sicher ist er sich bei der Identifizierung?«
»Nicht hundertprozentig. Aber es sieht gut aus. Er hat das Fahrzeug entdeckt, in dem Gebiet, das Sie über Funk genannt haben, und es kein einziges Mal aus den Augen verloren.«
»Kann es sein, dass der Verdächtige bemerkt hat, dass er verfolgt wurde?«
Der Sheriff wirkte gekränkt. »Wir reden hier über meinen erfahrensten Mann. Er hat weder Blaulicht noch Sirene angeschaltet. Ganz schön ausgekocht, was? Außerdem haben wir das Überraschungsmoment auf unserer Seite.«
Harley seufzte, als würde er Überraschungen misstrauen. »Sheriff, Sie und Ihre Leuten können uns die größte Hilfe sein, wenn Sie die Straße nach beiden Seiten hin abriegeln. Ich werde unsere Scharfschützen auf den Dächern der Häuser gegenüber und hinter dem Haus verteilen. Wenn jemand ins Haus geht, dann unser Geiselrettungsteam. Aber als erstes werden wir Scheinwerfer und einen Lautsprecher anbringen. Wir werden sie warnen und versuchen, mit ihnen zu sprechen. Ich werde jede Möglichkeit ausschöpfen, um eine friedliche Lösung zu erreichen.«
Der Sheriff schüttelte den Kopf und stützte grummelnd seine Hände in die Hüften. »Verdammt. Das heißt, dass wir auf das Überraschungsmoment verzichten müssen.«
»Ich verzichte lieber darauf als auf das Mädchen. Wir müssen Geduld haben. Und in der Zwischenzeit sorgen wir verdammt noch mal dafür, dass keiner schießwütig wird. Kapiert?«
Der Sheriff sah ihn kalt an, zuckte aber mit keiner Wimper. »Kapiert«, murmelte er.
35
Kristen hockte an die Wand gelehnt auf dem nackten Hartholzfußboden. Repo saß in der Ecke beim Fenster. Das leere Wohnzimmer war dunkel, aber es gab sowieso nichts zu sehen. Keine Vorhänge. Keine Bilder an den Wänden. Keine Teppiche oder Möbel. Sie hatten versucht, Licht zu machen, aber der Strom war abgestellt. Es wurde immer kälter, während draußen die Nacht hereinbrach.
Kristen zog ihre Knie näher an die Brust, um sich zu wärmen. »Woher haben Sie gewusst, dass dieses Haus leer ist?« Ihre Stimme hallte im leeren Raum wider.
Repo wandte seinen Blick vom Fenster ab. »Das Schild draußen.«
»Ach, meinen Sie das, wo draufsteht: Dieses Haus ist leer?«
»Nein, du Naseweis. Immer wenn meine Kumpels und ich damals in der High-School einen Ort für eine Party brauchten, sind wir herumgefahren und haben uns nach Häusern umgesehen, an denen draußen das Schild: Zu verkaufen stand. Wenn bei einem noch der Zusatz: reduzierter Preis draufstand, konntest du in neun von zehn Fällen sicher sein, dass die Eigentümer schon ausgezogen waren und verzweifelt versuchten, es zu verkaufen. Leeres Haus. Party Time.«
Sie nickte und wusste, dass ihre Mutter sie umbringen würde, wenn sie in ein fremdes Haus einbräche. Ihre Zehen begannen zu frieren. Sie krallte sie in ihren Schuhen zusammen, wodurch sie etwas wärmer wurden.
»Übrigens«, sagte sie, »danke, dass ich meine Mutter anrufen durfte. Tut mir leid, dass ich so viel Ärger gemacht habe.«
»Kein Problem.« Repo starrte wieder aus dem Fenster.
»Wissen Sie, ich frage mich die ganze Zeit, warum Sie so unvorsichtig sind.«
»Was meinst du?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Na ja, Sie lassen mich Ihr Gesicht sehen. Sie lassen mich zu Hause anrufen und zu lange reden. Sie tragen keine bescheuerte Perücke oder einen Hut, um sich zu verkleiden. Ich habe Freunde, die sind sogar vorsichtiger, wenn sie ihr Tiffany-Glas schneiden.«
»Du siehst zu viele
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