Die Entfuehrung
um zu vermeiden, dass ihm jemand folgte. Deshalb kam er auf die Idee, in die Wohnung seiner alten Freundin in Philly zu fahren, um dort erst mal zu schlafen und von da aus nach Maryland zu brettern.
Nur mit Boxershorts bekleidet, setzte er sich auf und lauschte. Hemd und Hose lagen auf dem Fußboden neben dem Bett, gleich neben Honeys rotem Nachthemd. Die Jalousien waren geschlossen, aber durch eine fehlende Lamelle drang ein vorwitziger Sonnenstrahl ins Zimmer und traf Johnny direkt ins Auge.
»Hast du irgendwas gehört?« fragte er.
Diane Combs - »Honey« - lag auf der anderen Seite des Betts auf dem Bauch und hatte alle viere von sich gestreckt. Das leidenschaftliche Wiedersehen der vergangenen Nacht hatte sie unerwartet, aber auf angenehme Weise um den Schlaf gebracht. Sie rollte sich auf die Seite und lächelte. »Was soll ich gehört haben?«
Er erwiderte ihr Lächeln nicht. »Mir war so, als hätte ich am Wagen Stimmen gehört.«
»Sind vielleicht meine Nachbarn.«
»Geh ans Fenster, Baby, mach schon! Sieh nach, ob es Bekannte sind!«
»Was soll der Quatsch?«
»Nun sieh schon nach«, sagte er bestimmt.
Ihr Blick wurde unruhig. Sie konnte diesen Tonfall nicht leiden. »Ich mach ja schon«, sagte sie und kletterte aus dem Bett. Sie wickelte sich in das Bettuch, ging zum Fenster und warf einen Blick durch die Jalousie. Sie sah zu Johnny hinüber. »Die Bullen.«
»Scheiße!« Er sprang aus dem Bett und zog sich panisch die Hose an. »Was machen sie?«
»Sieht so aus, als würden sie sich deinen Wagen näher ansehen.
»O Scheiße!«
Besorgt zog sie ihre Augenbrauen zusammen. »Was zum Teufel geht hier vor?«
»Die Karre ist geklaut.«
Sie trat vom Fenster zurück. »Du Bastard. Was fällt dir ein, einen Monat lang nichts von dir hören zu lassen und dann hier mitten in der Nacht in einem geklauten Auto aufzukreuzen?«
Er stopfte sich das Hemd in die Hose und zog den Reißverschluss zu. »Hier geht's nicht um geklaute Autos.«
»Um was geht's dann?«
»Is 'ne große Sache.« Er saß auf dem Bett und zog sich die Stiefel an. »'ne ganz große Sache.«
Sie bekam trockene Lippen. »Sag's mir. Ich will wissen, was du -«
Er zog eine Pistole aus seiner Tasche und bremste sie mitten im Satz. »Halt die Klappe, und sei leise.« Er ging schnell zum Fenster und sah vorsichtig hinaus, mit dem Rücken zur Wand.
Honey begann zu zittern.
»Gibt's in dem Rattenloch hier einen Hinterausgang?« Sie nickte nervös. »In der Küche. Aber man braucht einen Schlüssel.« »Und wo ist der?« »In meiner Handtasche.« »Her damit.«
Auf dem Weg zu ihrer Handtasche stolperte sie über ihr Bettuch, holte den Schlüsselbund aus der Tasche und machte den Schlüssel vom Ring ab. Ihre Hände zitterten, als sie Johnny den Schlüssel gab.
»Johnny, hast du Ärger am Hals?«
»Noch nicht.«
»Warum hast du den Wagen geklaut?
»Halt die Klappe!« Er richtete die Waffe auf sie.
»Johnny. Was soll das? Lass den Quatsch mit der Knarre.«
Er sah sie gequält an. »Es ist nicht zu fassen, dass ich das tun muss.«
»Was musst du tun?« fragte sie mit zitternder Stimme.
»Ich hab' den Wagen in Nashville geklaut. Jetzt wissen die, dass ich in Nashville gewesen bin.«
Sie wurde bleich. Sie hatte die Spätnachrichten gesehen. »Willst du damit sagen, dass du was mit der Entführung von dem kleinen Mädchen zu tun hast?«
Er sah aus dem Fenster. Der Polizist schrieb sich das Nummernschild auf. Johnny biss sich auf die Lippen und murmelte: »Ich kann verdammt noch mal nicht glauben, dass ich das tun muss.«
Honey bewegte sich nervös in Richtung hintere Bettkante. »Geh jetzt, mach schon. Geh hinten raus. Ich sage nicht, dass du hier warst. Ich werde ihnen sagen, dass ich keine Ahnung habe, wer den Wagen da abgestellt hat. Ich bin aufgewacht, und er stand schon da.«
Er verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf. »Das ist zu wichtig für sie, als dass sie sich von einer kleinen Exnutte was vormachen lassen.« Er griff in seine Tasche und steckte einen Schalldämpfer auf die Pistole.
Sie stand auf und machte drei Schritte rückwärts. »Johnny«, sagte sie mit zitternder Stimme, »bitte. Wenn du nicht glaubst, dass ich dichthalten kann, dann nimm mich doch einfach mit. Wir können meinen Wagen nehmen. Wenn du willst, kannst du mich ja knebeln und in den Kofferraum werfen. Aber - um Gottes willen, ich bitte dich - bring mich nicht um.«
Er dachte einen Moment nach, aber noch so ein Desaster wie bei der Geiselnahme von
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