Die Entfuehrung
auf eine schreckliche Tragödie ist. Möglicherweise ist die schreckliche Tragödie wesentlicher Bestandteil einer Strategie.«
Allison sah ihn an. »Ich fände es ganz furchtbar, irgend jemand derartige Beweggründe zu unterstellen.«
»Es scheint nicht unmöglich zu sein. Irgendein knallharter Anhänger von General Howe schnappt sich dessen Enkelin in der wahnsinnigen Hoffnung, dass der Sympathie-Faktor dem General hilft, die Wahl zu gewinnen. «
Sie hatte einen Kloß im Hals. »Oder ein knallharter Leahy-Anhänger, der sich ausrechnet, dass die Entführung den Wahlkampf von Howe ins totale Chaos stürzt, die öffentliche Aufmerksamkeit von der hinterhältigen Ehebruch-Diskussion, die mich fast ruiniert hätte, ablenkt, und der sich weiterhin ausrechnet, dass ich die Medien vor der Wahl eine ganze Woche lang mit Reden bombardieren werde, in denen ich für hartes Durchgreifen in der Verbrechensbekämpfung plädiere.«
»Es ist mir noch gar nicht in den Sinn gekommen, dass es jemand von deiner Seite sein könnte.«
»Mir schon. Wie viel Druckerschwärze haben die Medien über Ehebruch vergossen seit Kristens Entführung? Nicht einen Tropfen. Über Nacht hat sich ein Thema, das angeblich die Wahl entscheiden sollte, in Luft aufgelöst.«
»Nun gut«, sagte er und hob eine Braue. »Auf wessen Seiteist der böse Bube zu finden? Auf Howes Seite? Oder auf deiner?«
Allison seufzte und sah zum Fenster hinaus. »Ich schwör's Dir, Peter. Ich habe keine Ahnung.«
17
Im Opry Land Hotel gab es schon ab elf Uhr Mittagessen, aber Lincoln Howe war immer noch viel zu wütend, um zu essen. Die Fotos, die ihn heulend auf dem Rücksitz seiner Limousine zeigten, hatten eine Seite von ihm erfasst, von deren Existenz er gar nichts geahnt hatte. Ed Muskie lachte sich garantiert ins Fäustchen. Wenn in Zukunft von einem weinerlichen Präsidentschaftskandidaten die Rede war, würde es sich ab jetzt auf Lincoln Howe im Jahr 2000 beziehen und nicht mehr auf den früheren Senator aus den demokratischen Vorwahlen von 1972.
Howe lehnte jede öffentliche Zurschaustellung von Gefühlen ab. Selbst als er zu längeren militärischen Einsätzen nach Übersee aufgebrochen war, hatte er sich nie von seiner Frau zum Flughafen begleiten lassen. Sie hatten sich zu Hause ganz privat voneinander verabschiedet. Keine Tränen in der Öffentlichkeit. Keine Umarmungen und Küsse vor der Truppe.
Der Gedanke an sein tränenüberströmtes Gesicht, das in jeder Zeitung des Landes groß aufgemacht war, brachte ihn dazu, sich wieder auf militärische Mittel zu besinnen. Er brauchte einen Schuldigen, und durch das mutige Geständnis seines Wahlkampfmanagers, dass er den Fotografen beauftragt hatte, war sein Zorn nur noch gesteigert worden.
Howe ging wortlos m LaBelles Hotelsuite auf und ab. Er musste das soeben Gehörte erst einmal verdauen. Blind vor Wut wäre er beinahe über ein Elektrokabel gestolpert, das sich über den orientalischen Teppich wand. Seit der Entführung glich die Suite mit all den Computern und zusätzlichen Faxgeräten eher einer Raumstation. Aber als der General zu einer Erwiderung ansetzte, trauten sich nicht einmal die Telefone zu klingeln.
»Bei allen blödsinnigen Scheißideen«, dröhnte der General, während er immer wütender wurde und mit den Händen fuchtelnd herumlief, »wie zum Teufel kommen Sie ausgerechnet darauf, einen Fotografen anzuheuern, ohne mir etwas davon zu sagen?«
LaBelle kauerte in seinem Sessel und starrte mit ausdrucksloser Miene auf den Fußboden. »Ich wollte Schnappschüsse, keine gestellten Fotos, deshalb konnte ich Ihnen natürlich nicht schon vorher davon erzählen. Aber ich hätte sie doch nie ohne Ihr Einverständnis benutzt.«
»Sie hätten wenigstens einen anheuern sollen, dem man vertrauen kann.«
»Ich bin davon ausgegangen, dass ich ihm vertrauen kann.
Howe sah ihn scharf an. »Soll das heißen, dass Sie diesem Red Weber seine Geschichte abkaufen? Ist tatsächlich einer in sein Hotelzimmer eingebrochen und hat die Negative entwendet, oder spielt er ganz einfach ein doppeltes Spiel und hat sie an jemand anderen verkauft?«
»Ich weiß es nicht. Aber wenn er mich reinlegen wollte, hätte er doch gewartet, bis ich die fünfzig Riesen gezahlt hätte. Dann hätte er immer noch weitere Abzüge an einen anderen verkaufen können.«
Howe nickte. Das schien auch ihm einzuleuchten. Er ging weiter auf und ab. »Also angenommen, es war ein Einbruch. Und angenommen, die Leahy-Leute stecken dahinter.
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