Die Entfuehrung
kleinen Lautsprecher kam ein gurgelndes Geräusch. Glucksende Töne mit Unterbrechungen. Nach ungefähr fünfzehn Sekunden schaltete Allison das Gerät ab.
Sie sahen sich an.
Allisons Lippen bebten, und sie kämpfte mit ihren Gefühlen. »Das war meine vier Monate alte Tochter Emily. Sie wurde vor acht Jahren aus meinem Haus entführt.«
Er nickte bewegt. »Ich habe davon gehört.«
»Dieses Band hatte der Entführer in ihr Kinderbett gelegt. Es wurde vom Babyphon übertragen, so dass ich nicht gemerkt habe, dass sie weg war. Erst als es zu spät war.«
»Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll«, sagte er. »Es ist schrecklich, was Ihnen in der Vergangenheit zugestoßen ist. Aber ihr Interessenkonflikt stammt nicht aus der Vergangenheit, sondern aus ihrem gegenwärtigen Status als Präsidentschaftskandidatin. «
Sie antwortete in einem scharfen Ton. »Mein angeblicher Interessenkonflikt stammt aus der Annahme, dass ich vorhabe, Kristen Howes Entführung für meinen eigenen politischen Vorteil auszunutzen. Glauben Sie ernsthaft, nachdem Sie dieses Band gehört haben, dass ich in der Lage wäre, die Entführung egal welchen Kindes für irgendeinen Zweck auszunutzen?«
Sein Gesichtsausdruck sprach Bände. »Was erwarten Sie von mir?«
»Ich möchte, dass Sie die Wirklichkeit sehen, nicht die Rhetorik. Als Emily vor acht Jahren entführt wurde, wurde mir genau das gleiche gesagt, was Lincoln Howe und Director O'Doud jetzt auch fordern: Halten Sie sich raus! Sie können nicht objektiv sein. Überlassen Sie das den Experten. Wie eine Idiotin habe ich auf sie gehört. Es hat höllisch weh getan, aber für die gute Sache der Ermittlungen habe ich auf sie gehört und sie ihre Arbeit machen lassen. Und wissen Sie, was?« Abrams schüttelte kaum merklich den Kopf. »Sie haben meine Tochter nie gefunden«, sagte sie mit erstickter Stimme. »Sie haben nicht mal eine Spur von ihr gefunden. Keine Hinweise, kein Motiv, keine Verdächtigen. Einfach verschwunden.« »Das tut mir leid.«
»Danke. Aber ich bin nicht wegen Ihres Mitgefühls hierher gekommen. Ich bin gekommen, um meinen Fall darzulegen. Ich würde die Einzelheiten der Ermittlung ebenso wenig preisgeben wie Tanya Howe. Als Justizministerin betrachte ich es als meine moralische Verantwortung, dafür zu sorgen, dass wirklich alles menschenmögliche getan wird, um Kristen Howe zu retten. Und als Frau bringe ich etwas Wesentliches ein: Erfahrung. Persönliche Erfahrung.«
Sie erhob sich, hielt einen Moment inne und sah ihm in die Augen. »Eins sollten Sie noch wissen, Inspector.« »Und das wäre?«
»Es bringt mich um, schon wieder in die Rolle der Zuschauerin verbannt zu sein.« Sie wandte sich um, öffnete die Tür und ging, ohne sich noch einmal umzudrehen, zum Fahrstuhl
Am Mittwoch Abend um 18:30 Uhr saß Harley Abrams allein an einem Tisch in der FBI-Cafeteria und verschlang ein Thunfisch-Sandwich, während er seine Notizen über die Profile der Entführer noch einmal im Lichte der Ereignisse dieses Tages durchging. Ein Fernseher in der Ecke übertrug die Abendnachrichten, aber Harley hörte nur mit einem Ohr hin.
»Guten Abend«, sagte der Nachrichtensprecher. Sein Gesicht war auf allen Fernsehschirmen der Vereinigten Staaten in Großaufnahme zu sehen. »Wie wir soeben erfahren haben, wurde ABC-News aus exklusiver Quelle bestätigt, dass die Entführer von Kristen Howe ein Lösegeld in Höhe von einer Million Dollar gefordert haben.«
Harley bekam einen Hustenanfall und wäre beinahe an seinem Sandwich erstickt.
»Bisher gibt es kaum Einzelheiten«, sagte der Sprecher. »Aber die maschinengeschriebene Mitteilung ist die erste Verlautbarung der Entführer, seit die zwölfjährige Enkelin des Anwärters auf die Präsidentschaft, Lincoln Howe, gestern Vormittag auf dem Weg zur Schule entführt wurde. Für mehr Informationen sind wir in Washington verbunden mit - «
Harleys Handy klingelte, aber sein Interesse galt ganz dem Fernseher, bis er merkte, dass er Director O'Doud an der Strippe hatte.
»Haben Sie die Nachrichten heute Abend gesehen?« fauchte O'Doud.
»Ja, Sir.«
»Sie haben es Leahy gesteckt, oder?«
Harley verzog das Gesicht. »Nein, Sir.«
»Ich weiß, dass Sie beide sich heute Nachmittag getroffen haben.«
» Stimmt, wir haben uns getroffen. Aber ich habe ihr nichts erzählt.
»Es muss Leahy gewesen sein oder irgendwer aus ihrem Lager. Ganz sicher gibt's einen Deal - die geben denen heute die Exklusiv-Meldung, dafür bekommen sie
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