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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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angenommen, dem er vertrauen konnte.
    Rapp bekam es mit der Angst zu tun. Es war nicht Angst vor diesem Mann, sondern vor dem, was er vielleicht getan haben mochte. Er blickte auf die Uhr – es war fast halb acht. Bevor er mit seinem Plan fortfuhr, musste er noch einen Anruf machen. Er wusste, dass er dem Drang nicht hätte nachgeben sollen, doch er konnte einfach nicht anders. Er musste Gewissheit haben. Rapp kehrte zusammen mit Shirley in den Wald zurück und schaltete das Handy ein.
     
     
     
     
     
     
     
     
     

22
    Vor dem Haupteingang zum Westflügel des Weißen Hauses standen wie fast jeden Abend die Reporter aller wichtigen Fernsehsender vor den Kameras bereit, um den Menschen im Westen des Landes die Neuigkeiten mitzuteilen, die sie bereits für den Osten und den Mittelwesten berichtet hatten.
    Anna Rielly stand an ihrem gewohnten Platz, wenngleich ihr Kameramann Pete sie gelegentlich daran erinnerte, dass es der Platz von NBC war und nicht der ihre. Pete war ein lustiger Kerl – ein wenig unreif zwar, aber im Grunde ganz in Ordnung. Pete war kaum jemals ernst und liebte es, die Leute ein wenig aufzuziehen. Normalerweise hatte Anna nichts dagegen, auf seine Späße einzugehen, doch heute war ihr ganz und gar nicht danach. Sie hatte in den vergangenen Nächten vor Sorge um Mitch kaum noch schlafen können. Er steckte in großen Schwierigkeiten, dessen war sie sich absolut sicher. Wenn alles in Ordnung gewesen wäre, hätte er sie längst angerufen. Sie hatte jede freie Minute des Tages am Fernschreiber verbracht und dabei vor allem auf Berichte aus dem Nahen und Mittleren Osten gewartet, wo Mitch, wie sie wusste, besonders oft im Einsatz war. Da der israelische Ministerpräsident gerade in der Stadt war, um mit Präsident Hayes zu sprechen, hatte sie einen guten Grund für ihr Interesse an der Region.
    Beim Mittagessen passierte ihr schließlich etwas überaus Peinliches; sie saß zusammen mit zwei Kollegen und einem Produzenten von CBS bei Tisch, als sie plötzlich in Tränen ausbrach. Während sie appetitlos in ihrem Salat herumstocherte, hatte Pete, wie es so seine Art war, sie mit Fragen nach Mitch aufgezogen. »Na, wo ist denn dein Don Juan?«, begann er wie gewohnt. »Ich habe ihn schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen.« Daraufhin begannen auch die anderen, ihr Fragen zu stellen, worauf Pete sich ganz in seinem Element fühlte und weiterstichelte. Anna versuchte das Ganze mit einem Lächeln wegzustecken, was ihr jedoch an diesem Tag nicht gelingen wollte. Die Vorstellung, dass Mitch irgendwo in einer fernen Stadt war und vielleicht gar nicht mehr lebte, war einfach zu viel für sie, und die Tränen begannen zu strömen, ohne dass es ihr überhaupt bewusst war. Peinlich berührt stand sie schließlich auf und verließ das Restaurant. Pete tauchte etwas später in Annas winzigem Büro im Keller des Westflügels auf und entschuldigte sich. Anna bemühte sich, so zu tun, als wäre nichts weiter geschehen, was ihr jedoch nicht ganz gelang. Pete sah, dass ihr etwas sehr Ernstes zu schaffen machte, doch nachdem er bereits so tief ins Fettnäpfchen getreten war, wagte er nicht, danach zu fragen.
    Während er nun Kaugummi kauend hinter seiner Kamera stand, nagte es immer noch an ihm, dass er Anna beim Mittagessen derart zugesetzt hatte. Der Regieraum in New York kündigte das Intro an, und Pete hielt zwei Finger der linken Hand hoch. »Noch zwei Minuten bis Marble Mouth.«
    Anna stand im Licht der grellen Scheinwerfer und nahm Petes Ankündigung von »Marble Mouth«, wie Pete den Top-Moderator des Senders nannte, lächelnd zur Kenntnis. Sie wusste, dass Pete immer noch Schuldgefühle hatte, und wollte ihm schon versichern, dass sie ihm nicht böse war, als sie plötzlich spürte, wie ihr Handy zu vibrieren begann. Sie sah nach, wer anrief, doch da war keine Angabe auf dem Display. Sie hatte den Daumen an der Sprechtaste und überlegte. Normalerweise nahm sie so knapp vor der Sendung keine Anrufe mehr entgegen, doch sie drückte schließlich doch auf die Taste – in der Hoffnung, dass es derjenige sein würde, dessen Anruf sie so sehnlich erwartete.
    Sie hob das Handy ans Ohr. »Ja, hier Anna Rielly«, meldete sie sich.
    Rapps Herz schmolz dahin, als er ihre Stimme hörte. »Liebling, ich bin’s. Ist alles okay?«
    Anna verschlug es für einen Moment die Sprache. »Mitchell«, brachte sie schließlich hervor.
    »Ja, Liebling, ich bin’s, aber ich kann nicht lange sprechen. Ist alles okay bei

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