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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Christo
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sehr eingenommen hatte, dass sie eins geworden waren.
    Neben seiner Aura war Blanche von seinen Augen fasziniert, die aussahen, als würden sie ständig die Farbe wechseln. Ein Eindruck, der durch die einzigartige Iris entstand, die wie Baumringe aufgebaut war. Der äußere Ring bestand aus Gold, der mittlere war honigfarben, der innere dunkelbraun. Die Farben gingen ineinander über, vermischten sich und schienen sich pausenlos neu zu sortieren. Hammer.
    „Du hast dir mit deinem Besuch Zeit gelassen“, begann er, hakte sie, ganz Gentleman der alten Schule, unter, und spazierte mit ihr durch die Gänge. „Ich habe dich früher erwartet.“
    Sie hatte ihn auch früher erwartet, ungefähr einundzwanzig Jahre, doch das behielt sie für sich.
    „Ich hatte zu tun“, murmelte sie, sah auf die Wände, den Holzboden, die Decke – überallhin, nur nicht zu ihm. Sie wusste nicht, was sie fühlen sollte. Dieser Mann war ihr leiblicher Vater, aber es war Wayne, der ihr alles beigebracht hatte. Wayne hatte sich um sie gekümmert, während Tchort so wichtigen Dingen nachging , wie Landstriche in Sibirien zu zerstören und nebenbei ein paar Seelen einzukassieren. Klarer Fall von rappelvollem Terminkalender.
    Im Geiste verpasste sie sich einen Tritt und stellte den Sarkasmus-Filter ab. Also schön, wenn er ihre Mutter wirklich geliebt hatte, wie konnte er sich vor diesem Hintergrund nicht um ihr gemeinsames Kind kümmern? Warum hatte er sie sich selbst überlassen, und viel wichtiger: Was hatte ihn veranlasst, seine Meinung zu ändern? Diese und ähnliche Fragen brannten auf ihrer Zunge, doch sie brachte kein Wort heraus. Sie kam sich wie eine Sechsjährige vor, verwirrt und verunsichert, auf der Suche nach der Wahrheit. Dennoch genoss sie die Ruhe, die ihn wie ein Schutzschild umgab, und die nur durch das gelegentliche Klack Klack seines silbernen Gehstocks auf dem Parkett unterbrochen wurde.
    Während sie schweigend durch die Gänge schlenderten, wuchs in ihr das Bedürfnis, etwas zu sagen, wenn auch nur, um zu zeigen, wie wenig sie von ihm beeindruckt war.
    Ja, klar.
    „Also, du und Ithuriel, hm?“, bemerkte sie schließlich, um einen lässigen Ton bemüht. „Ihr habt euch vermutlich nicht auf einer höllischen Party getroffen.“
    „Das siehst du richtig, mein Kind.“
    Mein Kind? Sie ließ den Klang auf der Zunge zergehen, und beschloss, dass sie nichts dagegen hatte.
    Die traurige Geschichte ihrer Mutter hatte Miceal ihr vor geraumer Zeit erzählt. Wie sich jeder denken kann, ging sie nicht gut aus. Ithuriel wurde aus dem Himmel verbannt – im Verbannen waren die da oben erste Sahne. Selbst Tchort wurde bestraft, allerdings wohnte er zu der Zeit einige Etagen tiefer – in der Hölle, um präzise zu sein. Saetan mochte es nicht, wenn man Heimlichkeiten vor ihm hatte. Und einen Engel als Geliebte eines dämonischen Großfürsten hatte es bis dahin nicht gegeben. Als Saetan erfuhr, dass dieser Beziehung ein Spross entsprungen war, war Schluss mit lustig. Er wollte das Kind, genau wie Zarkyel der Goldene – seines Zeichens Engel und Erzdrecksack unter den geflügelten Scheinheiligen. Der Engel hatte die Beziehung überhaupt erst ermöglicht, verlangte als Preis dafür jedoch das Kind – Blanche aka Leonie. Am Ende gingen sowohl Zarkyel als auch Saetan leer aus, denn im Gerangel um das Neugeborene ging sie irgendwie verloren. Nicht gerade beruhigend, zu wissen, wie schlampig Himmel und Hölle ihren Laden führten.
    „Weißt du, was aus ihr geworden ist? Ithuriel, meine ich.“ Sie Mutter zu nennen, kam ihr schräg vor. So, wie sie Tchort vermutlich nie Vater nennen würde. Es reichte, dass er sich für einen Gott hielt, wenn auch den der Hölle. Keine Notwendigkeit, sein Ego überzustrapazieren.
    „Leider ja“, sagte er und sie konnte spüren, wie sich sein Körper anspannte. Sie blieb stehen und legte ihre Stirn in Falten. Er wusste, wo sich Ithuriel aufhielt?
    „Ja“, beantwortete er ihre unausgesprochene Frage. Die Traurigkeit darin war unüberhörbar.
    „Na, und was?“
    Er nahm einen tiefen Atemzug, der wie ein Seufzen klang, und setzte ihren Rundgang fort.
    „Saetan hat sie.“
    Das erklärte einiges. Der Teufel hatte sich Tchorts Geliebte geschnappt, um seinen Großfürsten zur Raison zu bringen. Das wiederum bedeutete, dass ihre Muter im Moment wahrscheinlich nicht die beste Zeit ihres Lebens hatte. Ihr Loverboy war mächtig aus der Reihe getanzt, und hatte Saetan einen Großteil seiner Macht

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