Die Entscheidung
die Begrüßung denkbar unemotional aus, gerade so, als hätten sie sich bloß ein paar Tage nicht gesehen statt zehn verdammte r Jahre. In diesem Sinne knüpften sie ohne großes Trallala an ihre Beziehung an, als wäre nichts geschehen. Als hätten sie sich nicht verändert, was ihr wie ein schlechter Witz vorkam, wenn man bedachte, was jeder von ihnen durchgemacht hatte. Nichtsdestotrotz machten sie da weiter, wo sie vor einem Jahrzehnt aufgehört hatten. Wer zum Geier sollte daraus schlau werden?
Zu tun gab es jedenfalls genug. Sie teilten die Halbdämonen in zwei Gruppen auf, die abwechselnd von Ramirez und Andrej trainiert wurden. Da Letzterer Dämonenblut in sich trug, hatte er Tricks drauf, von denen Ramirez nur träumen konnte. Den relativ unerfahrenen Kids tat es gut, denn Dank Andrej gewann das Training an Tempo – und an Schärfe. Es war fast wie in den Zeiten, bevor sie Chasseure wurden. Dass ihr ukrainischer Freund die bevorstehende Auseinandersetzung ankündigte , war überflüssig. Jeder Dämon wusste davon. Sie spürten es in den Knochen, jede Faser sagte ihnen, dass etwas Großes bevorstand. Saetan saugte seine Leute aus, inhalierte ihre Kraft wie ein Asthmatiker, der sich kurz vor dem Ersticken eine Sauerstoffmaske überzog und nach Luft schnappte. Auch die Halbdämonen waren davon betroffen – wie es den vollblütigen Dämonen ging, mochte sie sich nicht ausmalen.
In jedem Fall blieb keine Zeit für großartige Wiedersehensfreude. Dennoch wusste Camille, wie viel Andrej Blanche bedeutet hatte. Doch seit ihr Freund zurück war, schien sie immerzu in superwichtige Angelegenheiten mit Enzo verwickelt zu sein. Und auch jetzt dominierte sie das Geschehen. Ihr Exlover zog seine Männer ins Hauptquartier zurück, und ihre Eingeweide sagten ihr, dass das wieder etwas mit Blanche zu tun hatte.
Zähneknirschend packte sie ihre Sachen zusammen, nur um festzustellen, dass Andrej mit seiner Gruppe bereits den Abflug gemacht hatte. Wohin er unterwegs war, musste ihr niemand stecken. Wahrscheinlich traf er Vorbereitungen für diesen dämlichen Zirkel.
Camille ließ die Fingerknöchel knacken und folgte dem Kubaner zum Hubschrauber. Was immer heute Nacht abging, sie wäre dabei. Aber bestimmt nicht, um das beschissene Tor zu schließen, damit Blanche einmal mehr glänzen konnte. Sie würde ihr eigenes Ding durchziehen, und wenn sie persönlich in die Hölle ging, um Saetan einen Tritt in den Arsch zu verpassen. Sie war ihre Statistenrolle leid. Sollte zur Abwechslung jemand anderer Blanche den roten Teppich ausrollen, damit sie ihren großen Auftritt hatte.
Es war Zeit, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen.
*
Blanche hätte nicht sagen können, wo der verfluchte Tag geblieben war. Eben saßen sie noch bei einem späten Frühstück, im nächsten Moment brach die Dämmerung über sie herein. Beliar hatte sich frühzeitig wegen eines Top-Secret-Bullshits verkrümelt, während sie die Stunden vor dem Kampf in Enzos Hauptquartier verplemperte. Die meiste Zeit auch noch mit einer eingeschnappten Cam, die es vorzog, den Kopf in ihren Südpol zu stecken, um dort nach dem Sinn des Lebens zu suchen. Andrej hatte sein Bestes gegeben, doch ihre ehemalige Freundin stellte auf Durchzug.
Marcel war auch keine große Hilfe. Gegen Mittag fing er sie in der Großraumküche ab und verlangte Details über ihren Auftrag. Natürlich hatte er mitbekommen, dass die heutige Nacht über Sieg oder Niederlage entscheiden würde, und sie tat nichts, um ihn vom Gegenteil zu überzeugen, wozu auch? Er hatte ein Recht, es zu erfahren, hier ging es auch um sein Leben. Vermutlich würde die Stadt zerstört werden, und wenn nicht, dann zumindest die Infrastruktur.
Womit sie nicht gerechnet hatte, war Nellas Entschlossenheit, ihr zur Seite zu stehen. Enzos Freundin platzte mitten in eine Auseinandersetzung zwischen ihr und Marcel und beendete durch ihr Erscheinen den hitzigen Disput, Gott segne sie! Marcel wollte den weißen Ritter spielen, während Blanche ihre Ruhe haben wollte. Falls sie ihm gegenüber noch Unsicherheit empfunden hatte, war diese nach Beliars Erscheinen wie weggeblasen – nicht zuletzt nach ihrer letzten Liebesnacht. Sie schätzte Marcel, aber sie wollte nicht mit ihm zusammen sein, zumindest nicht als Paar. Je eher er das kapierte, desto besser.
„Solltest du nicht mit den anderen im Bunker sein?“, fragte Blanche, nachdem Marcel die Tür hinter sich zugeworfen hatte.
Nella seufzte leise, setzte
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