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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Christo
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den Engeln ahnte er nichts. Vermutlich nahm er in seiner Arroganz an, dass sie in seinem Reich nicht auf Blanche zugreifen konnten, doch da lag er falsch. Schon wieder.
    Wie um seine Präsenz zu bekräftigen, spürte sie ein Kribbeln in den Händen und unterdrückte ein Lächeln.
    Miceal?
    Gebannt hielt sie den Atem an.
    Ich dachte schon, du fragst nie , kam die prompte Antwort. Erleichterung überflutete sie, und mit ihr kamen Tränen. Sie war nicht mehr acht Jahre alt, und sie war verdammt noch mal nicht allein.
    Gib mir alles, was du hast.
    Das wird nicht reichen.
    Wie war das?
    Denk an etwas Schönes, Leonie. An die Menschen, die du liebst. Denke an …
    Beliar .
    Ausatmen.
     
    *
     
    Obwohl die fliehenden Dämonen schwach waren, wurden sie zu einem Problem. Im Kampf gegen die Eindringlinge hatte Saetan ihnen seine Kraft entzogen, doch die schiere Menge dieser Biester drohte Camille zu überrollen. Eigentlich sollte der Herr des Ostens dafür sorgen, dass niemand rauskam, aber der Schwarze Gott hatte vermutlich alle Hände voll zu tun, Saetan davon abzuhalten, Blanche den Kopf abzubeißen. Wahrscheinlich würde er das selbst übernehmen, weil sie sich in den Untergrund hatte ziehen lassen, anstatt brav an ihrem Platz zu bleiben und Anker zu spielen. Was hatte er denn erwartet? Blanche war niemand, der zusah, sie war eine Frau der Tat.
    Der Wind peitschte immer stärker über die Plattform und ließ sie einen Schritt vorwärtstaumeln. Blind tastete sie nach der nächsten Patrone, um den Recaller nachzuladen, doch ihre Hand griff ins Leere. Schöne Scheiße, sie hatte nur noch eine Fiole im Lauf.
    Der Wind nahm unbarmherzig zu, sodass sie sich an einem Telefonautomaten festklammerte, damit sie nicht wieder auf den Gleisen landete.
    Nein, dachte sie nach kurzem Zögern. Nicht auf die Gleise, sondern im Höllentor. Um nicht in den mörderischen Sog zu geraten, schlang sie sich das Telefonkabel ums Handgelenk und packte den Recaller fester. Fehlte noch, dass sie die einzige Waffe verlor, die sie im Kampf gegen das Böse einsetzen konnte.
    Ein démon terre sprang auf sie zu, doch er wurde noch im Flug zurückgeworfen. Etwas hatte ihn getroffen, und zwar zwischen die Augen.
    Ihr Blick folgte der Schussrichtung, und sie erkannte Ramirez, der eine qualmende Waffe in Händen hielt. Neben ihm stand … Alex? Der Leiter des Heims sollte eigentlich in Chartres sein, um den Aufbau des Sicherheitssystems zu beaufsichtigen. Nach dem letzten Dämonenangriff hatte Enzo angeboten, die zerstörten Häuser wieder auf- und ein adäquates Frühwarnsystem einzubauen. Es wunderte sie nicht, dass dieser Gauner eine Baufirma besaß, sowie die Aktienmehrheit des größten französischen Securityunternehmens, das nebenbei bemerkt auch das Militär belieferte. Die Lorenzo-Familie war lange im Geschäft und verstand wie kein anderes Unternehmen, die legalen mit den illegalen Aktivitäten in einer Weise zu vermischen, bis man sie nicht mehr auseinanderhalten konnte.
    Wie dem auch sei, Alex war hier, und das waren endlich mal gute Neuigkeiten. Um ihr wegen ihres eigenmächtigen Vorgehens Vorhaltungen zu machen, war er sicher nicht gekommen, sonst hätte er Ramirez nicht den Trick mit dem Weihwasser verraten. Der Erddämon war nur noch eine blubbernde schwarze Pfütze, die nach Bitumen stank – klarer Fall von Segen-Vergiftung.
    Glücklicherweise war der Kubaner nicht allein gekommen. Während Alex die Magazine in geweihtem Wasser badete, knallte Marcels Elite die Dämonen ab, die nach wie vor aus dem Tor strömten, als wäre Schlussverkauf bei Yves Saint Laurent.
    Camille biss die Zähne zusammen und hob den Recaller. Nur noch einen Schuss, dachte sie, und krümmte den Finger um den Abzug.
    Langsam, wie in Zeitraffer, drückte sie den Bügel durch, dann geschah etwas Unerwartetes. Als hätte er ein Eigenleben, bewegte sich der Lauf des Recallers Richtung Höllentor, ins Zentrum des Zirkels. Ihre Augen weiteten sich entsetzt, als das Licht aus der Mündung schoss, und in die flammende Nabelschnur eindrang. Sie schrie Andrejs Namen, doch es gab nichts, was sie tun konnte.
    Das Tor explodierte mit der Kraft einer kleinen Atombombe. Grell weißes Licht blendete sie und fiel wie ein Funkenregen auf sie hinab. Dann verlor sie das Bewusstsein.
     
    *
     
    Eine gewaltige Kraft durchflutete Blanches Körper, die sich anfühlte, als hätte ihr jemand Kohlensäure inj i ziert. Das Blut rauschte in ihren Ohren, während die Luft von Energie knisterte.

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