Die Entscheidung
Sie atmete reines Licht ein, geboren aus ihrer Liebe zu Beliar, Wayne, Andrej und Nella. Dabei wurde sie von den Engeln unterstützt, die ihre Liebe wie eine Stromleitung benutzten, und ihr elektromagnetische Strahlung mit der Kraft eines Blitzes sandten.
Ihr Blick richtete sich auf Saetan, der alles daran setzte, sich aus ihrem Griff zu befreien. Anscheinend konnte er sich nicht zurückverwandeln oder den geliehenen Körper verlassen, solange sie ihn festpinnte. Wobei sie davon ausging, dass es nicht der körperliche Kontakt war, der ihn daran hinderte, sondern die Lichtenergie.
Dies war nicht das übliche Armdrücken, sondern ein Kräftemessen der anderen Art. Ihr Geist war nicht zu bändigen, egal, welche Bilder und Gefühle er ihr sandte. Es war zu spät. Noch vor wenigen Wochen hätte er sie mit einem Zwinkern erledigen können, heute sah die Sache anders aus.
Sie war die Traube im Weinstock gewesen, jahrelang gewachsen, bis zu dem Tag, an dem sie gepflückt und entwurzelt wurde. Man hatte sie von allem, was ihr lieb und teuer war, getrennt, sie in die Presse des Lebens gesteckt und gekeltert. Tausend Füße hatten auf ihr herumgetrampelt, sie ausgequetscht wie eine Zitrone.
Aus Frucht wurde Saft, aus Saft Wein, nun war sie reif. Beliar hatte sie entkorkt, und Miceal war der Kelch, der sie auffing und ihr den Raum gab, den sie brauchte, um ihr volles Bouquet zu entfalten.
Und oh Mann, sie hatte die Schnauze voll, dass auf ihr rumgetrampelt wurde. Hier war der Typ, der ihr die Mutter genommen und ihren Vater zwanzig Jahre in den Wahnsinn getrieben hatte. Der dafür gesorgt hatte, dass sie im Heim, auf dem Speiseplan der Schwestern gelandet war.
Und das war nicht mal das Schlimmste, doch es war schlimm genug für sie.
Es war persönlich.
Sie war keine Heuchlerin, die vorgab, die Welt retten zu wollen, das überließ sie Miceal & Co. Sie machte sich für die Leute stark, die ihr am Herzen lagen, Menschen, die es wert waren, gerettet zu werden. Miceal würde ihr jetzt vehement widersprechen, von wegen, das hätte jeder verdient, und das ganze Nächstenliebe-Gequatsche vom Stapel gelassen. Das war auch alles gut und schön – in seiner Welt. In ihrer mussten die Leute selbst den Hintern hochkriegen und sich bewegen. Denn wenn sie eines gelernt hatte, dann, dass man niemanden gegen seinen Willen retten konnte. Und sie würde keine Zeit damit vergeuden, es zu versuchen.
Sie atmete ein letztes Mal ein, dann zog sie Saetan zu sich, bis sie sich Nase an Nase gegenüberstanden. Lichtenergie floss durch ihre Hände in seinen Hals, den Hals der Mutter Oberin, um genau zu sein. Unaufhaltsam drang die Energie weiter vor, erfüllte seinen geliehenen Körper, durchsetzte Blut, Lungen, Zellen, bis das Licht seinen Kern erreichte. Wobei sie sich fragte, ob ein Schwarzes Loch überhaupt so etwas wie einen Kern besaß. Doch Saetan hatte eine feste Form angenommen wie ein Weißer Zwerg, dessen nuklearer Energievorrat versiegt war. Und was geschah mit Weißen Zwergen, die im Begriff waren, zu kollabieren?
Blanche lächelte, als sie den Schutz spürte, der sie wie eine Blase umgab. Anscheinend brauchte Miceal sie noch, ansonsten hätte er sie in der darauffolgenden Detonation verdampfen lassen, als das Licht in den dunklen Kern eindrang, und sich der Sohn des Teufels in einer Supernova vollständig auflöste, und mit ihm die restlichen Dämonen, die in der Hölle geblieben waren.
14
R amirez hatte Nella angewiesen, sich nicht vom Eingangsportal des Ostbahnhofs zu bewegen, bis er sie abholen ließ. Für wie blöd hielt er sie? Sie wartete, bis er außer Sichtweite war, und näherte sich von der Rue du Faubough dem Nordbahnhof, einer Seitenstraße, in der nur Busse erlaubt waren, die von und zum Bahnhof fuhren. Da sie sich innerhalb der geräumten Zone befand, wurde sie von niemandem aufgehalten. Offensichtlich hielt es das Militär für das Beste, abzuwarten, bis sich die Lage beruhigt hatte.
Da konnte sie ihnen nur lebhaft zustimmen. Sie würde sich auch gern zurückziehen, aber Blanche war noch im Bahnhof, und … Enzo. Wie konnte sie die beiden einzigen Menschen verlassen, die ihr so viel Gutes getan hatten? Blanche, die für sie getötet hatte, um sie zu beschützen. Die ihre Puzzles angenommen und so getan hatte, als würde sie sich über ihre albernen Geschenke freuen. Die sich selbst überwunden hatte, und mit ihr so profane Dinge unternahm , wie shoppen zu gehen. Für Außenstehende war das nichts, doch
Weitere Kostenlose Bücher