Die Entscheidung
mehr.
Enzo hatte versucht, das Treffen abzubrechen, doch davon wollte Sergej nichts wissen. Dieser bastardo hatte seine eigenen Pläne, keine große Überraschung. Genauso wenig, wie Enzo über eine Neuverteilung von Paris verhandeln wollte, hatte Sergej vor, sich Land von seinem Gegner abgraben zu lassen. Warum sollten sie auch teilen? Alles, was ihnen gehörte, hatten sie sich hart erkämpft. Dies war kein beschissenes Monopoly, bei dem man sich Straßenzüge erwürfelte und Bahnhöfe tauschte. Das hier war die Realität. Davon abgesehen würde Enzo eher Rasierklingen schlucken, als diesem Hurensohn die Hand zu reichen. Nicht, nachdem er die Algerier beauftragt hatte, Nella zu entführen. Selbst in seinen Kreisen gab es Spielregeln, doch Sergej hatte noch nie etwas von Gesetzen gehalten, schon gar nicht den ungeschriebenen.
So wunderte es ihn nicht, dass sein Erzfeind statt der vereinbarten zwei Bodyguards gleich ein ganzes Dutzend angeschleppt hatte, die auf sein Zeichen durch die Styroporplatten der Decke brachen, entschlossen, ihm hier und jetzt den Garaus zu machen.
Das Militär war auch nicht mehr das, was es mal war, eh? Wie konnte Sergej so viele Männer an den Sperren vorbeischmuggeln?
Egal, Sergej war ein Gauner, sein Betrug überraschte ihn nicht. Enzo hatte ein eigenes Team vor der Bombendrohung im Bahnhof untergebracht und an strategisch wichtigen Stellen positioniert. Wenn Sergej Massaker spielen wollte, konnte er das haben, allerdings mit ihm in der Hauptrolle.
Dann kam jedoch alles anders. Bevor Enzo seine Leute alarmieren konnte, erschütterte eine Detonation die Wände, und ließ den Boden erzittern. Im nächsten Moment flog die Tür des Waschraums auf, riss aus den Angeln, und wehte davon. Es war, als hätte jemand in zehntausend Meter Höhe ein Loch in die Außenhaut eines Flugzeugs gesprengt. Was nicht niet- und nagelfest war, wurde aus der Herrentoilette gezogen, die sich rasch leerte.
Während Sergejs Männer aus dem Raum gesaugt wurden, bekam Enzo ein Abflussrohr zu fassen. Nachdem er mit einer Hand seinen Gürtel geöffnet, und sich unter Aufbringung all seiner Kraft an das Rohr geschnallt hatte, tastete er nach seiner Waffe. Er hielt inne, als er ein Messer an der Kehle spürte. Blut rann aus der Wunde und durchtränkte sein Hemd. Vorsichtig wandte er den Kopf und begegnete Sergejs hasserfülltem Blick. Sein Ellenbogen war um ein Kupferrohr geschlungen, die Hand mit der Klinge lag trotz des Sogs unbeirrt auf Enzos Hals.
„Ublyudok!“ Bastard , zischte er, dann machte sich ein zufriedenes Grinsen in seinem pockennarbigem Gesicht breit. „Äändlich habe ich dich da, wo ich dich immer haben woollte, unter mainem Mässer.“
Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn, vermutlich kostete es ihn enorme Kraft, das Messer ruhig zu halten. Immer mehr Blut quoll aus der Wunde an seinem Hals, doch es reichte nicht, ihn verbluten zu lassen, dazu war der Schnitt nicht tief genug. Dabei würde es allerdings nicht bleiben. Wie um den Gedanken zu bestätigen, fuhr Sergej in seinem unverwechselbaren russische n Akzent fort: „Hoite Naacht beände ich, waas ich schon längst hätte tun sollen.“ Er keuchte von der Anstrengung, die Hand um den Messergriff zitterte. „Wäder Viktor noch sainem Sohn ist es gelungen, den berühmten Änzo aus der Staadt zu jagen.“
Viktor Petrow war vor Sergej Boss der Russenmafia gewesen, allerdings stammte er aus dem verfeindeten Moskauer Zweig. Viktors Sohn war niemand Geringerer als Zoey, den Blanche vor Kurzem unter die Erde gebracht hatte – im wahrsten Sinne des Wortes. Zoey war ein Dämon geworden, und laut ihrer Aussage würden sie nicht lange warten müssen, bis er wieder in Erscheinung trat.
„Und ich“, fuhr Sergej mit vor Anstrengung bebender Stimme fort, „wärde es jätzt beänden.“
Enzos Augen wanderten zu Sergejs leerem Waffengürtel. Anscheinend hatte er seine Knarre in dem Moment gezogen, als der Luftzug die Tür aus den Angeln gerissen hatte. Jetzt musste er sich mit einem Messer zufriedengeben, im Gegensatz zu ihm.
Das Gesicht des Russen war eine Maske aus Schmerz und Anspannung. Schweiß rann ihm über Stirn und Gesicht, seine Mundwinkel zuckten, als wüssten sie nicht, ob sie nach oben oder unten wandern wollten. Schließlich entschieden sie sich für die erste Variante, doch es sah gequält aus. Er sollte sich die Ansprache sparen, sie kostete ihn wertvolle Kraftreserven.
Langsam fuhr Enzos Hand zum Oberschenkelholster, das
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