Die Entscheidung
Das Heckfenster zersprang und die Räder versanken im Schlamm, als das Heck die Last der Holzkonstruktion aufnahm. Das war der Moment der Wahrheit. Würde der Geländewagen die schwankende Hütte stabilisieren oder sie vollständig zum Einsturz bringen und die beiden Babys darunter begraben?
»Es reicht!«, rief Speaks.
Zu Kyles gröÃter Erleichterung schien ihr Plan zu funktionieren, aber ihm rann der Schweià über die Stirn. Der Boden unter den Reifen war glitschig, und er musste aufpassen, dass er nicht nach vorne wegrutschte oder zu stark Gas gab und die Hütte umstieÃ.
Speaks kletterte seitlich an der Hütte hinauf und schob die Hände unter einen Teil des zusammengefallenen Daches. Das Wellblech selbst war sehr leicht, aber die Holzbalken und Träger, an denen es befestigt war, konnte sie nur unter Aufwendung all ihrer Kraft hochhieven.
Sobald die Lücke groà genug war, schlüpfte Dante geduckt ins Innere. Dort schienen Dach und Seitenwände nur von ein paar Möbelstücken aufrecht gehalten zu werden. Plötzlich stolperte er über einen alten, einzelnen Badelatschen, und er leuchtete mit der Lampe unter ein Sofa, wo er leere Zigarettenschachteln und tote Kakerlaken fand.
»Was siehst du?«, wollte Speaks wissen und ächzte unter der Last des Daches.
Dantes Welt geriet ins Wanken, als Kyle ein wenig zu heftig zurücksetzte. Im gleichen Augenblick stieg ihm der alarmierende Geruch von Propangas in die Nase. Eines der Mädchen hatte angedeutet, dass die Babys in einer Wiege in der Mitte der Hütte schlafen würden.
Dante kroch weiter. Zu seiner Erleichterung war zwischen seinem Rücken und dem Dach über dem mittleren Teil der Hütte ein halber Meter Platz. Die Lampe am Helm brauchte er gar nicht, da durch die Ritzen zwischen den Trümmern die Sonne hindurchblitzte.
»Ich sehe sie!«, rief Dante, als er hinter dem Sofa hervorkam und eine Wiege entdeckte.
»Geht es ihnen gut?«, rief Speaks.
Dante hatte eine kleine Schwester und kannte sich daher mit Babys aus, doch was er sah, beunruhigte ihn. Es war drückend heià und die beiden Jungen lagen eng nebeneinander, von einer feinen Staubschicht bedeckt. Dante streckte den Arm durch die Gitterstäbe der Wiege und berührte die Hand eines der Babys. Sie
fühlte sich warm an und die winzigen Finger schlossen sich reflexartig zu einer Faust.
»Ich glaube, sie leben beide«, rief Dante.
Ihre Gesichter waren gerötet, und Dante nahm an, dass die Babys bis zur Erschöpfung geschrien und schlieÃlich in der Hitze eingeschlafen waren.
»Dann bring sie schnell raus«, verlangte Speaks.
Doch als Dante aufsah, fluchte er. Die hölzerne Wiege stützte ausgerechnet das eingestürzte Wandteil über seinem Kopf. Zwar konnte er mit Mühe über den Rand der Wiege nach den Babys greifen, aber der Abstand zur Wand war nicht groà genug, als dass er sie hätte herausheben können.
Er versuchte, die Wand nach oben zu drücken, aber da das Hüttendach darauf lastete, war das für Dante allein unmöglich.
»Bringt mir eine Säge!«, schrie Dante.
Es dauerte fast zwei Minuten, bis Aizat mit einer kleinen Handsäge aus seiner Hütte kam. In der Zwischenzeit hatte sich Kyle ein weiteres Mal mit dem Gashebel verschätzt und Dante einen Anfall von Platzangst bekommen, als er sich vorstellte, unter dem Dach begraben zu werden.
Einzig Miss Speaks wurde etwas entlastet, als die beiden Maler ein paar Holzpfähle unter das Dach trieben, um Dantes Fluchtweg offen zu halten.
Sobald er die Säge hatte, kroch Dante wieder zur Wiege zurück und sägte einen der Gitterstäbe durch. Von dem Lärm und dem Staub erwachten die Babys
und begannen zu schreien, kaum dreiÃig Zentimeter von Dantes Ohr entfernt.
Als Dante den ersten Stab durchgesägt hatte, warf er ihn in die SchweiÃpfütze, die von seiner Stirn herabgetropft war. Um die Babys herauszuholen, musste er insgesamt drei Stäbe entfernen. Allerdings war ihm auch klar, dass er dadurch den Rahmen der Wiege schwächte, die wiederum das Dach über seinem Kopf stützte.
Währenddessen hatte Kyle im Land Cruiser immer wieder Bremse und Gas betätigt. Seine Knie taten ihm weh, und seine rechte Wade war gefühllos, aber er bekam allmählich ein Gespür dafür, wie der Wagen reagierte. Doch als er endlich glaubte, den Bogen rauszuhaben, kam eine riesige
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