Die Entscheidung
wünschen Ihnen einen angenehmen Aufenthalt.
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Michael Stephens
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Europa-Direktor, Tourismusbüro Malaysia
Helena schmiegte ihre Wange an den flauschigen Bademantel, den sie gut als Ersatz für das kratzige Teil in ihrer Londoner Wohnung gebrauchen konnte. Sie erinnerte sich daran, wie aufgeregt sie mit zehn Jahren bei ihrem ersten Hotelaufenthalt gewesen war. Sie hatte sich mit ihrer groÃen Schwester ein Zimmer geteilt, und ihr Vater hatte sie angeschrien, weil sie Sprites aus der Minibar getrunken hatten, ohne zu ahnen, dass ein Fläschchen über sieben Dollar kostete.
Dieses Hotel hier war allerdings weitaus luxuriöser, und Helena fand den Gedanken verlockend, die drei ihr zur Verfügung stehenden Tage nur damit zu verbringen, gut zu essen, zu trinken und alles zu tun, worauf sie gerade Lust hatte  â und sich den Traum der zehnjährigen Helena zu erfüllen. Doch ein Satz am unteren Rand des Briefes riss sie aus aller Schwelgerei: Tourismus Malaysia  â wir machen weiter.
Dieser einfache Slogan brachte sie auf den Boden der Tatsachen zurück und erinnerte sie daran, dass es Malaysia  â im Vergleich zu den konkurrierenden Regionen, die nach dem Tsunami erst wieder alles aufbauen mussten  â recht gut ging.
Helena spürte, wie der Zorn in ihr aufstieg, als sie sich in ihrem edlen Zimmer umsah und daran dachte, welchen Aufwand man betrieben hatte, um all diesen Luxus in einer abgelegenen Ecke von Langkawi Island zu errichten, nur damit ein paar reiche Leute in der Sonne liegen und Golf spielen konnten.
Stahl und Zement aus China, Teppiche aus Indien,
Handtücher Made in Vietnam, Blumen aus Saudi Arabien, Fernseher und Surround System von den Philippinen. Dazu kamen noch die aufwendige Beleuchtung des groÃen Hotels, die Klimaanlagen, die riesigen Wasser- und Abwassermengen und der Treibstoff für die Flugzeuge, in denen die Touristen an- und abreisten.
Am meisten schauderte es Helena bei dem Gedanken an die Golfstunden. Sie hatte Golf immer gehasst, aber die Zeitung hatte ihr eine Golfausrüstung zur Verfügung gestellt, und ein Modefotograf würde eigens vom Festland kommen, um ein Foto von ihr zu schieÃen. Sie mochte vielleicht nicht für den Laufsteg geeignet sein, aber sie war sich sicher, dass sie den Auftrag nicht bekommen hätte, wenn sie klein und mollig gewesen wäre.
Eine Mischung von Ehrfurcht und Entsetzen stieg in Helena beim Anblick ihrer Umgebung auf, und plötzlich verspürte sie den Drang, irgendetwas Zerbrechliches gegen die Wand zu feuern. Dass sie darauf verzichtete, geschah lediglich aus Rücksicht auf das unterbezahlte Zimmermädchen, das die Sauerei dann aufwischen musste.
Aber schlieÃlich war Helena ja nicht nur hier, um tausend Worte über die Freuden einer Massage und Golfstunden in Malaysias neuester Hotelanlage zu verlieren. Also riss sie sich zusammen, nahm ihr Handy von der Glasplatte des Schreibtischs, trat auf den Balkon und wählte eine gespeicherte Nummer, während sie aufs Meer hinausblickte.
»Hi.«
»Aizat, hallo!«, meldete sich Helena fröhlich. »Wie schön, dass ich dich erreiche.«
Aizat lachte. »Das ist das einzig Gute an diesem neuen Hotel: Ãberall in der Gegend hat man jetzt Handy-Empfang. Wie geht es Ihnen? Wie war Ihr Flug?«
»Nicht schlecht«, antwortete Helena. »Der Flieger war bequem, daher habe ich die meiste Zeit geschlafen. Ich bin jetzt in meinem Zimmer und habe ein paar Stunden Zeit. Ich würde mich gerne mit dir treffen und mich mit dir unterhalten. Passt es bei dir?«
»Ich habe noch ein paar Dinge zu erledigen, aber nichts, was nicht auch warten könnte«, antwortete Aizat.
»Ich möchte auch ein paar Bilder für die Webseite von Guilt Trips machen«, erklärte Helena. »Am besten zeigst du mir, wo dein Dorf gestanden hat und wo du jetzt wohnst. Wir arbeiten gerade an einer Dokumentation über nachhaltige Landschaftsplanung. Wenn du nichts dagegen hast, würde ich also auch gerne ein kurzes Interview mit dir führen.«
»Ich habe gar nichts dagegen, wenn Sie mich berühmt machen wollen«, grinste Aizat. »Wie wäre es, wenn wir uns dort treffen, wo mein altes Dorf gewesen ist? Hinter dem Hotel in der Nähe der Wellenbrecher.«
Helena sah den goldenen Strand entlang. »Ich sehe es.«
»Danach bringe ich Sie zum Lager und Sie können
die anderen
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