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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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aus, als wäre er aus Plastik oder gar aus diesem glibberigen Zeug wie bei Slug. Summer sah – lebendig aus. Summer sah – gut aus.
    Jenny wurde schwindlig.
    Sie konnte nichts sagen. Keiner von ihnen konnte das. Sie alle starrten Summer nur an.
    Summers Augen wurden groß und furchtsam.
    »Was ist los?«, fragte sie schwach. »Was ist … wie lange habe ich geschlafen?«
    Audrey beugte sich langsam vor.
    »Summer …?«, flüsterte sie, als fände sie diesen Namen fremdartiger als irgendein Wort aus all den Sprachen, die sie kannte.
    »Was ist los ?«, jammerte Summer.
    »Was denkst du denn, wie lange du geschlafen hast?«, krächzte Michael. »Was ist das Letzte, woran du dich erinnern kannst?«
    »Nun, ich war … wir waren alle …« Summer wirkte verwirrt. »Nun, ich war in diesem Flur … und dann habt
ihr mich gefunden … und dann bin ich in mein Zimmer gegangen. Nur war es nicht mein Zimmer. Und dann …«
    Sie brach ab, und ihr Mund stand offen wie der eines Vogelkükens.
    »Oh Summer«, sagte Dee und wedelte hilflos mit der Hand.
    »Etwas Schlimmes ist passiert.«
    »Ja, aber du brauchst nicht darüber nachzudenken.«
    »Ich erinnere mich nicht daran. Nur dass es schlimm war. Bin ich verletzt worden? Bin ich in Ohnmacht gefallen?«
    Dee sah Jenny an. Jenny sah Audrey und Michael an.
    »Ich glaube, sie ist es wirklich«, sagte Michael.
    »Sie ist es«, bestätigte Dee. Energisch griff sie nach Summer – beinahe fieberhaft – und untersuchte ihre Arme und Beine. »Bist du okay? Wirklich okay? Funktioniert alles?«
    »Au.«
    »Summer«, sagte Jenny plötzlich und lachte hysterisch. Sie legte zwei Finger an die Lippen und begann, genauso hysterisch zu weinen.
    Es war ansteckend. Audrey lachte und weinte gleichzeitig. Michael schniefte. Jenny wusste nicht, was mit ihr geschah. Ihr Herz machte einen Satz – aber andererseits hatte es das die ganze Nacht über immer wieder getan. Ihr war schwindlig – aber das war es ihr immer wieder gewesen, seit sie die Schattenwelt betreten hatte.

    Das hier war jedoch anders. Es fühlte sich wie Schmerz an, aber es war keiner. Es durchströmte sie in einem unaufhaltsamen Rausch von Kopf bis Fuß. Sie fühlte sich so leicht, als würde sie in Richtung Decke abheben.
    Das Einzige, was sie denken konnte, war: Oh, danke.
    Ihr Verstand konnte immer noch nicht begreifen, dass Summer hier war, in ihrem eigenen Körper, dass sie redete, sich bewegte und anscheinend gesund und bei Kräften war. Nicht einmal blaue Flecken hatte sie.
    Oh, danke, danke.
    Sie verspürte den Drang, Summer in Seidenpapier zu wickeln, sie zu beschützen, irgendwo hinzubringen. Weg von hier, an einen Zufluchtsort, bevor ihr irgendetwas anderes zustoßen konnte.
    Aber es gab keinen Zufluchtsort, jedenfalls nicht in der Nähe. Summer lebte, aber sie war immer noch in Gefahr. Sie würde genau wie die anderen ihr Glück versuchen müssen.
    Und alles konnte geschehen, bevor sie nach Hause kamen.
    Doch dieser Gedanke half Jenny tatsächlich mehr, als dass er sie ängstigte. Er bremste den Schwindel, beruhigte das Zittern in ihr. Zuerst hatte sie versucht, sich Summers kleinen Bruder Cam vorzustellen, mit seinen wilden blauen Augen, und wie er aussehen würde, wenn er seine Schwester wiedersah. Doch das Bild wollte sich nicht einstellen; es war zu gut, beängstigend gut. Aber
jetzt, da sie begriff, dass dieses Wiedersehen möglicherweise nie stattfinden würde, wurde sie ruhiger. Jetzt, da es nur eine Möglichkeit war, erschien es ihr sogar eher erreichbar.
    »Ich werde allerdings versuchen, dich wegzubringen«, sagte sie und merkte erst, dass sie es laut ausgesprochen hatte, als Summer zu ihr aufschaute.
    »Das weiß ich«, erwiderte Summer wie ein vertrauensvolles Kind. »Ich hasse dieses Papierhaus. Suchen wir jetzt nach Zach? Ist er nicht der Nächste?«
    Da begriff Jenny, wie unwahrscheinlich ihr Vorhaben war – sie mussten Summer noch so viel erklären. Wo auch immer Summer seit ihrer letzten Begegnung gewesen war – offensichtlich erinnerte sie sich an gar nichts.
    »Ähm, vielleicht sollten wir später darüber reden. Zum Beispiel wenn wir wieder draußen sind«, schlug Michael vor und warf Jenny einen vielsagenden Blick zu. »Hier bekomme ich eine Gänsehaut.«
    Ja. Sie mussten so schnell wie möglich aus dieser Kammer des Schreckens heraus, bevor irgendwelche weiteren Holzklötze auf sie herabsausten. Dieser Gedankensprung zu den ganz »normalen« Sorgen ließ Jennys Zittern

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