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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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Gruselkabinett ist ganz in der Nähe des Haupteingangs« , erklärte sie, »also muss es irgendwo dort liegen.« Sie zeigte in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
    »Ja, aber weiter links. Wir können diese Abkürzung nehmen.« Dee sprach zum ersten Mal seit Audreys Unfall wieder etwas mehr, aber ihre Stimme war immer noch nicht ganz die alte.
    Sie kamen an Toilettenhäuschen, Bäumen und einem großen Imbissstand vorbei. Das Tilt-a-Whirl war dunkel. Genauso dunkel wie das Gruselkabinett, als sie sich ihm näherten.
    Da erklang ein unheimliches Geräusch. Zwei langsam anschwellende Töne, die ständig wiederholt wurden. Jenny erkannte das Geräusch.
    »Das Nebelhorn auf der Arche.«
    Auf dem großen Boot gingen die Lichter an; zuerst zeichneten sie die Dachumrisse des Hauses auf dem Deck nach, dann beleuchteten sie die Fenster. Jenny konnte Tiere in den Fenstern sehen: einen Elefanten, einen Strauß, ein Nilpferd. Und ganz oben stand Noah
selbst mit einem Gesichtsausdruck, der eher lüstern als wohlwollend wirkte.
    Die Arche begann zu schaukeln.
    »Sieht so aus, als bereiteten sie uns einen Begrüßungsempfang« , bemerkte Michael.
    Sie traten durch das Maul des Wals ein und gingen über seine schwammige rosafarbene Zunge. Die Türen im Innern waren schräg und verstärkten das schaukelnde Gefühl. Jenny wurde sofort schwindlig. Sie konnte kaum etwas sehen. Schwarze Lichter ließen Audreys weiße Nylonjacke leuchten und Dees Augen aufblitzen. Wir hätten nach Lichtschaltern suchen sollen, dachte Jenny. Es muss schließlich eine Möglichkeit geben, das Licht in diesen Attraktionen einzuschalten.
    Aber als sie zurückschaute, war die Tür, durch die sie soeben gekommen waren, verschwunden. Stattdessen stand dort eine gläserne Kabine mit einer menschlichen Gestalt darin, von der nur die Silhouette zu sehen war.
    Summer! Jennys Herz stolperte vor Schreck. Sie ging einen Schritt auf die Kabine zu, dann blieb sie stehen. Doch sie konnte die Gestalt nicht erkennen. Sie machte noch einen Schritt und streckte eine Hand nach dem Glas aus.
    Oh Gott, ich will das nicht sehen …
    In der Kabine flackerte ein Licht auf.
    Wildes Gelächter drang an Jennys Ohren. Es hörte sich an, als ob jemand den Verstand verlor. Vor Angst konnte Jenny zuerst kaum fassen, was sie da sah.

    Dann konzentrierte sie sich auf die Gestalt. Es war eine ungeheuer fette Frau mit vorstehenden Zähnen, Sommersprossen so groß wie Muttermale und zotteligem Haar. Sie fuchtelte mit den Händen, während sie gackerte und lachte.
    Ich erinnere mich daran! Die Lachende – oh, wie war noch mal ihr Name? Die Lachende Lizzie. Sie stand früher in der Spielhalle, und sie hat mir immer furchtbare Angst gemacht.
    Jenny betrachtete das rötliche Gesicht eingehend. War es vielleicht möglich, dass etwas Vertrautes in diesen leeren Augen lag?
    Konnte Summer – dort drin sein?
    Summer war zierlich gewesen, mit flauschigem blonden Haar und dunkelblauen Augen. So leicht wie ein Blütenblatt im Wind. Hatten sie ihren Körper zerstört und in dieses aufgeblähte Plastikding gesteckt?
    Vielleicht war es auch wie bei P.C. und Slug. Vielleicht fanden sie hier irgendwo ein Stück von Summers altem Körper.
    Aber Jenny konnte in den Augen der fetten Frau nichts Bekanntes entdecken. Nichts, was in ihr den Wunsch geweckt hätte, noch genauer hinzuschauen, vor allem, weil das irre Gelächter nicht aufhörte.
    Sie warf den anderen einen Blick zu. »Lasst uns weitergehen.«
    Sie stolperten durch gewundene Gänge und über
schwankende Böden. Ein taghell erleuchtetes blaues Nilpferd gaffte Jenny an, eine Schlange fiel ihr vor die Füße; aus allen Richtungen drangen Keuchen, Knurren, unheimliche Musik – eine Kakofonie der seltsamsten Laute. Jenny konnte Dee und die anderen kaum mehr hören, obwohl sie direkt neben ihr waren.
    Trotzdem untersuchten sie jede Figur, die auch nur ansatzweise menschlich aussah, und alles, was auch nur annähernd wie Gold wirkte.
    »Alles hier drin sieht verdächtig aus«, fand Michael, während sie einen lachenden Mann mit drei Gesichtern anstarrten, die langsam auf seinem Hals rotierten.
    Doch am meisten beunruhigten Jenny die Spiegel. Auf dem Boden waren sie wie Tropfen und reflektierten die Lichter bis in die Unendlichkeit. An den Wänden warfen sie ihre eigenen großen grünen Augen zurück, Audreys kupferfarbenes Haar und Michaels bleiches starres Gesicht. Die Spiegel reflektierten Dees geschmeidige Bewegungen und täuschten vor, dass

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