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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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du wissen, was mir noch am Herzen liegt? Du liegst mir am Herzen, Julian.«
    Jetzt war er verblüfft. Er wirkte fast so, als wolle er einen Schritt zurückweichen, während Jenny sich bewusst nach vorn bewegte, seinen Blick festhielt und weitersprach.
    »Du wolltest mir zeigen, dass es in Ordnung ist, böse zu sein, weil alles andere auch böse ist. Aber ich kaufe dir das nicht ab. Du wolltest mir beweisen, wie böse du bist, aber auch das kaufe ich dir nicht ab. Du liegst mir am Herzen, Julian. Ich …«
    Er verschwand, gerade als sie ihn erreichte.
    Die Goldmünze fiel kreiselnd zu Boden.
    Für einen Moment stand Jenny einfach nur da und beobachtete, wie die Münze sich drehte, bis sie schließlich flach dalag. Jenny hob sie auf und sah zum Boot hinüber – und stellte fest, dass alle sie anstarrten. Dee, Audrey, Michael – und Summer, die gerade den Kopf herausstreckte. Keiner schien zu wissen, was er sagen sollte.
    Es ist nicht so, wie ihr denkt, wollte Jenny sagen, aber sie wusste nicht, wie sie es ihnen erklären konnte. Ihr lag tatsächlich etwas an Julian. Sie hatte seine Mondstrahl-Seite gesehen, die verwundbare Seite, die so sehr verletzt war, dass er um sich schlug. Sie … liebte Julian
sogar … auf eine Weise, die sie gerade erst entdeckte. Aber das bedeutete nicht, dass sie Tom nicht liebte. Tom war ein Teil ihres Lebens, ein Teil von ihr. Sie würde ihn niemals verraten.
    Aber all das in Worte zu fassen, überstieg ihre Kraft. Sollten sie doch denken, was immer sie wollten.
    »Wisst ihr«, sagte Michael schließlich und fuhr sich mit der Hand durch sein zerrauftes dunkles Haar, »ich glaube, wir haben gerade dieses Spiel gewonnen.« Er lächelte, ein schwaches, schiefes Lächeln. Aber immerhin ein Lächeln.
    »Und ich finde, wir sollten zu Fuß hier rausgehen«, meinte Dee. »Ich schätze, dass dieses Boot sich nicht mehr von der Stelle bewegt.«
    Dann sagte niemand mehr etwas, während sie durch den Tunnel wateten. Dee ging voran, mit einer Hand an der feuchten Wand, um sich zu orientieren. Jenny folgte zusammen mit Summer, und Audrey und Michael bildeten das händchenhaltende Schlusslicht. Jenny hatte das Gefühl, dass sie alle noch unter Julians letztem und schrecklichstem Angriff litten – aber er hatte sie auch stärker gemacht. Am Ende hatte er sie zusammengeschweißt. Julian hatte ihre Geheimnisse offenbart – und Jenny hatte sich ihren Freunden noch nie so nah gefühlt.
    Sie war erleichtert, als sie Dees Silhouette endlich vor einer etwas helleren Schwärze sehen konnte und frische
Luft auf dem Gesicht spürte. Das Ende des Tunnels. Jetzt kam auch der Bootssteg in Sicht.
    »Schaut euch das an!«, rief Michael, als sie ihn erreichten und aus dem Wasser stiegen. »Würdet ihr euch das bitte anschauen?«
    Der Park war erwacht. Alle Lichter brannten, alle Karusselle waren in Betrieb. In den Bäumen funkelten und schimmerten Lichterketten, auf einem Springbrunnen spiegelte sich der weiße Lichtschein wider. Links von ihnen war eine Schranke beleuchtet, hinter der Reihen von Sportwagen auf ein Wettrennen warteten. Geradeaus zischten rot leuchtende Raketen in die Luft. Die Achterbahn blitzte im grellen Neonlicht, und Jenny konnte das Klappern der Wagen hören.
    Alles war in Bewegung, alles gleichzeitig. Es sah wie ein ganz normaler Vergnügungspark bei Nacht aus – nur dass er immer noch verlassen war. Alles war wie von Geisterhand in Betrieb.
    Wunderschön, dachte Jenny, und furchteinflößend. Als sei der ganze Park von Geistern bewohnt. Die Karussellmusik klang wie aus weiter Ferne und war dennoch auf unheimliche Weise deutlich zu hören, ebenso wie das Nebelhorn der Arche Noah.
    Auf der zentralen Insel des Sees erhob sich der Leuchtturm weiß, schlank und still.
    »Ich nehme an, dass wir jetzt die Brücke suchen«, bemerkte Audrey leise hinter Jenny.

    Jenny knöpfte die Tasche ihrer Hemdbluse auf und griff hinein. Sie betrachtete die drei Dublonen auf ihrer Hand und spürte ihr befriedigendes Gewicht. Dann schloss sie die Finger und hörte die Münzen leise klimpern.
    »Eine Sache gibt es noch, die wir vorher tun müssen«, stellte sie fest. »Folgt mir.«
    Die Spielhalle war nur ein kleines Stück entfernt. Ihr Schild war ebenfalls beleuchtet, aber im Innern war es dunkel und still. Jenny ging direkt zu der Holzkiste mit dem Zauberer.
    Sie versuchte, nicht zu dem schwarzen Schrank hinüberzuschauen, der gegenüberstand, aber sie erhaschte trotzdem einen Blick auf die Köpfe –

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