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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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Inbegriff von Eleganz, sah so mitgenommen wie nach einem schlimmen Unfall aus. Dees Jeans zeigten dunkle Flecken an den Oberschenkeln. Michael wirkte, als sei er in Sumpfwasser getaucht und dann trocken geschleudert worden.
    »Ihr habt eine Menge durchgemacht«, stellte Zach fest, dessen graue Augen ausnahmsweise einmal nicht kühl und rätselhaft waren. »Danke, Jenny.«
    Jenny winkte ab, aber im Innern strahlte sie. »Was ist denn eigentlich in dem Feuer passiert? In der einen Minute fühlte ich noch deine Hand, und in der nächsten …«

    »Ich bin hingefallen«, erklärte Zach. »Pures Pech. Ich bin gestolpert, und als ich wieder auf den Beinen war, wusste ich nicht, in welche Richtung ich gehen sollte. Ich war völlig orientierungslos und bin am Ende bei Julians Stützpunkt gelandet.«
    »Vom Regen in die Traufe«, kommentierte Michael.
    »Und dann ist Tom zurückgekommen, um mich zu holen.« Zach warf Tom einen bedeutungsvollen Blick zu, den Tom wortlos erwiderte. Die beiden hatten sich nie besonders nahegestanden – der introvertierte Fotograf und der Sport-Champion –, aber jetzt hatte Jenny das Gefühl, dass sich das geändert hatte. Und es freute sie.
    »Aaa-ha«, murmelte Michael.
    »Halt den Mund – mon cher «, ermahnte Audrey ihn liebevoll.
    Dee unterbrach sie. »Hier ist eine Karte des Parks.« Die Karte sah aus, als wäre sie aus Pergament mit Eisenketten darum herum, tatsächlich aber war sie einfach auf Holz gemalt.
    »Dann ist es also wirklich ein Vergnügungspark. Durch das Fenster des Leuchtturms konnten wir einen Teil davon sehen«, sagte Tom. »Okay, hört mal, hier ist mein Plan …«
    Dann verstummte er, denn Audrey, Michael, Dee und Summer sahen nicht etwa ihn erwartungsvoll an, sondern Jenny.
    Tom schaute zu Zach hinüber, der mit verschränkten
Armen dastand; in seinen markanten Zügen lag so etwas wie Erheiterung.
    »Okay, ähm – dann erzähl uns doch einfach von deinem Plan«, forderte Tom Jenny auf.
    Jenny musste sich das Grinsen verkneifen. »Ich habe keinen. Wir brauchen auch keinen. Wir haben gewonnen. Deshalb sollten wir einfach von hier weggehen können. Das Einzige, was ich nicht verstehe, ist, warum Julian nicht aufgetaucht ist.«
    Sie blickten sich alle um, zu den dunklen Türen und Nischen und Höhlen.
    »Glaubt ihr, dass er uns vielleicht – beobachtet?«, fragte Summer.
    »Natürlich beobachte ich euch«, erklang eine erschöpfte Stimme.

Jenny wirbelte herum. Julian stand da, umringt von Farn und unechten Palmen. Und er wirkte – müde?
    Er trug erneut den schwarzen Mantel, die Hände in den Taschen vergraben. Sein Haar war so weiß wie der Wintermond.
    Es war an ihr, ihm entgegenzutreten, das wusste Jenny. Sie war die Einzige, die das tun konnte.
    Jenny trat vor. Sie versuchte, ihm direkt in die Augen zu schauen, aber das war schwer. Sein Blick wirkte seltsam verschleiert – als sähe er sie nicht an, sondern durch sie hindurch.
    »Wir haben gewonnen«, sagte sie zuversichtlicher, als sie eigentlich war. »Endlich. Es ist das letzte Spiel, und diesmal gibt es keine Möglichkeit für dich, die Regeln zu verbiegen. Du musst uns gehen lassen.«
    Doch welch ein Ausdruck lag in diesen Augen? Sie waren mitternachtsfarben und voller Schatten – aber da war noch etwas anderes, das Jenny erst erkannte, als sie jemanden an ihrer Seite spürte. Tom, teuflisch gutaussehend und erfüllt von kaltem Zorn. Er wollte sie beschützen. Er würde nicht zulassen, dass sie sich Julian allein stellte. Seine Hand lag auf ihrer Schulter, ganz leicht, nicht besitzergreifend,
sondern um ihr zu zeigen, dass er da war, dass er ihr Rückendeckung gab, was auch immer geschah.
    »Eigentlich müsste ich dich töten«, sagte er jetzt zu Julian. »Ich kann es nicht, aber ich bin mir sicher, dass ich es zumindest versuchen sollte. Und ich werde es versuchen, wenn du wieder irgendetwas abziehst.«
    Julian ignorierte ihn völlig.
    Schwermut, dachte Jenny. Das ist es. Julian würdigte Tom keines Blickes, aber für einen Moment ruhte sein Blick auf Toms Hand auf ihrer Schulter – und da lag Schwermut in seinen Augen.
    Der Schattenmann sah genau das, was er nie haben konnte. Menschliche Liebe.
    »Wirst du wieder irgendetwas abziehen?«, fragte Tom scharf.
    Gute Frage, dachte Jenny. Sie war selbst auf Tricks gefasst – bereit, gegen Julian zu kämpfen. Bis jetzt hatte er noch immer, sobald sie ein Spiel gewonnen hatten, in letzter Minute irgendeine unheimliche Wendung herbeigeführt, hatte

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