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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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verlassenen Gegend zu sein, die noch in Betrieb waren. Es war fast eine Überraschung, etwas wie einen Vergnügungspark hier draußen vorzufinden, mitten im Nirgendwo.
    Michael stieß einen unverständlichen, ehrfürchtigen Laut aus, als sie aus dem Bus stiegen. »Gütiger Himmel«, sagte er dann. »Da ist die Arche Noah.«
    »Ja, und das Gruselkabinett«, warf Jenny ein. »Du betrittst es durch den Wal dort an der Seite.«
    Selbst im hellen Sonnenschein fühlte sie sich seltsam, als sie durch das Eingangstor gingen. Vielleicht weil es sich verändert hat, dachte sie erneut. Und dieser Ort hatte sich tatsächlich verändert. Das Gruselkabinett war noch dasselbe, aber viele andere Dinge waren das nicht.
    Die alte Achterbahn mit den Holzwagen war verschwunden und durch eine neue ersetzt worden, die Stählerner Dämon hieß; die neue Wasserbahn rutschte man auf riesigen Gummireifen hinunter.
    Der größte Schock jedoch war die neue Spielhalle
voller greller Videospiele, glänzender Hologramme und Virtueller Realität. Jenny vermisste die alte Halle, die dunkel und irgendwie unheimlich gewesen war, voller Spielapparate aus der Zeit der Jahrhundertwende. Uraltes, wunderschön geschnitztes Holz und echtes Messing  – nicht dieses Stahl- und Neonzeug.
    Aber trotzdem verebbten nach und nach ihre Sorgen. Sie musste gar nichts dazu tun – der Park war einfach unwiderstehlich. Sie atmete den Geruch von Popcorn und Frittierfett ein – und noch etwas anderes, etwas, das eigentlich gar kein Geruch war. Ein aufgeregtes Zuckerwattegefühl.
    »Ich kapiere nicht, warum Summer wollen könnte, dass wir hierher kommen«, sagte Audrey, als sie stehen blieben, um Würstchen im Schlafrock zu kaufen.
    »Nein. Ich glaube auch nicht mehr, dass es eine Botschaft war.« Jenny war froh, das sagen zu können. Welche schrecklichen Dinge ihnen an diesem Abend noch bevorstehen mochten – jetzt konnten sie sich einfach amüsieren.
    Michaels seliges Lächeln, angesichts des Würstchens im Schlafrock, erstarrte für einen Moment. »Vielleicht ist es besser so«, nuschelte er. »Ich wäre lieber tot als so wie Summer in diesem Traum.«
    Sie fuhren mit der Achterbahn und kreischten ausgelassen, und Jennys loses Haar wehte hinter ihr her wie ein Banner. Der Stählerne Dämon war gut, aber sie waren
sich alle einig darüber, dass sie die knarrenden, klappernden alten Holzachterbahnen am liebsten mochten. »Viel Furcht einflößender als diese Stahldinger«, sagte Dee genüsslich, »weil sie jeden Moment kaputtgehen könnten – jedenfalls fühlt es sich so an.«
    Weiter vorn wurde gerade mittels Stroboskop-Strahlen eine Dynamitexplosion simuliert. »Ist das eine Goldmine?« , fragte Audrey skeptisch.
    »Lass deine Fantasie spielen«, sagte Michael und legte einen Arm um sie.
    Jenny wandte den Blick ab. Diese Geste weckte in ihr solche Sehnsucht nach Tom, dass sie die Augen weit aufreißen musste, um die Tränen zurückzuhalten.
    Das Gruselkabinett war wirklich gruselig. Eine Ziegelsteinwand war wie ein Fass geformt und drehte sich um sie herum, bis niemand mehr außer Dee noch geradeaus gehen konnte. Der Boden bewegte sich und schwankte, bis Michael damit drohte, die Betreiber zu verklagen – oder sich zu übergeben.
    »Komm schon«, rief Dee ausgelassen und winkte Jenny näher heran. Hinter einer Glaswand war vage eine rote Gestalt zu sehen. Als Jenny darauf zuging, wurde der Schauplatz plötzlich dunkel. Sie beugte sich vor, um etwas erkennen zu können – ihre Nase berührte fast die Glasscheibe –, da ertönte ein schreckliches Brüllen und die Gestalt schoss direkt auf sie zu und schlug gegen das Glas. Jenny sprang kreischend zurück.

    »Was für ein Spaß«, kicherte Dee, als Jenny sich mit wackligen Knien an eine Wand lehnte.
    Jenny ballte eine Faust, und genau in diesem Moment erregte etwas an der roten Gestalt ihre Aufmerksamkeit.
    Es war ein roter Teufel, mit Hörnern und gespaltenen Hufen und einem Schwanz. Aber die Augen der Figur – die Augen waren blau. Ein Blau, das unter den schwarzen Lichtern unheimlich glänzte. Und kurz bevor die an einem Draht hängende Figur wieder weggezogen wurde – zwinkerte sie Jenny zu.
    Jennys Fingerspitzen begannen zu kribbeln.
    Von da an erschienen ihr viele Dinge in diesem Park äußerst seltsam. Selbst der Ausrufer, der die Besucher zum Ringewerfen animierte, schien ein merkwürdiges Glänzen in den Augen zu haben.
    »Was ist denn das? «, fragte Michael, als er sich schwer auf eine Bank

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