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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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gesegelt, andere erwähnten einen vorüberfahrenden Indienfahrer nach Trinidad. Ob sie wohl jemals an ihn dachte? Ärgerlich mit sich selbst, daß er nach so langer Zeit noch zu hoffen wagte, drehte er sich um. Warum konnte er nie zufrieden sein, wenn es am nötigsten war? Vielleicht war er zu lange in diesem verdammten Gemüseladen gewesen, hatte seinen Vater über Qualität reden hören, hatte gesehen, wie er sich vor Kunden verbeugte und erniedrigte, deren unbezahlte Rechnungen größer waren als seine eigenen Schulden.
    Die Sorge um seine Schwester, seine eigene Unsicherheit, hatten auch auf andere Weise ihren Tribut gefordert. Er hatte es nach dem Gefecht mit der Bonaventure gefühlt, obwohl er mit den geretteten Passagieren an Bord der Sparrow gewesen war. Angenommen, der Kapitän hätte es nicht geschafft, sie lange genug zu entern, um seinen verrückten Plan auszuführen? Hätte er die Kraft gehabt, die Sparrow gegen seine Befehle zu wenden und Bolitho und seine Männer zu retten? Wenn nicht Buckle und einige andere gewesen wären, bezweifelte er sehr, ob er es getan hätte, selbst als die beiden miteinander verbundenen Schiffe in Flammen aufgingen. Sie hatten die große Rauchwolke selbst am Horizont gesehen.
    Und später, als sie bei den anderen Prisen längsseits gegangen waren und mit Freibeutern Schüsse wechselten, hatte er gefühlt, daß sich Furcht in seinem Innern breitmachte wie eine schleichende Krankheit. Niemand hatte es bemerkt.
    Bis jetzt. Er schüttelte sich und ging nach Luv hinüber, versuchte, in der kühlen Brise einen klaren Kopf zu bekommen.
    Die beiden Fähnriche standen an den Leewanten, und Bethune sagte ruhig: »Mr. Graves scheint sich Sorgen zu machen.«
    Der neue Fähnrich, Fowler, ignorierte den Kommentar.
    »Hör mal...« Er lispelte, was noch stärker hervortrat, wenn er versuchte, vor seinen Vorgesetzten unschuldig zu erscheinen. Jetzt merkte man es kaum. »Ich muß morgen das Deckscheuern überwachen.«
    Bethune beobachtete den Leutnant. »Ich weiß. Du bist an der Reihe.«
    Fowler zeigte lächelnd seine kleinen Zähne. »Tu du es für mich. Wenn wir wieder zur Flotte zurückkehren, werde ich mit dem Admiral sprechen.«
    Bethune starrte ihn an. »Meinetwegen?« »Vielleicht.« Bethunes Dankbarkeit war mitleiderregend. »Oh, wenn ich nur ...« Er nickte. »Ja, ich werde mich um die Arbeiten kümmern. Wenn ich sonst noch etwas tun kann . . .«
    Der junge Mann betrachtete ihn kalt. »Ich werde es dich wissen lassen.«
    Überall auf dem Schiff gab die Mannschaft ihren Hoffnungen und Träumen auf ihre eigene Art Ausdruck.
    In seiner Kajüte saß Tyrell auf seiner Seekiste und massierte sein verwundetes Bein, während jenseits des Schotts Bolitho den Brief an seinen Vater beendete. In der schwach erleuchteten Offiziersmesse döste Dalkeith über einem Glas Rum und hörte Buckle zu, der wieder einmal eine Geschichte von der einen oder anderen Frau aus Bristol erzählte, während der junge Heyward ihm mit geschlossenen Augen lauschte. Ganz vorn am Bug lehnte Yule, der Feuerwerker, mit von Wind und Gischt zerzaustem Haar, eine Flasche zwischen den Knien; seine verwirrten Gedanken galten Tilby und den guten Zeiten, die sie zusammen erlebt hatten. Ganz unten in den Laderäumen, im Licht einer Laterne an der niedrigen Decke, inspizierte Lock, der Zahlmeister, eine Kiste Zitronen. Er prüfte jede einzelne wie ein Räuber sein Beute, während er Notizen in ein Heft machte.
    Und mit ihrer fahlen Leinwand beschützte die Sparrow sie alle, ungeachtet ihrer verschiedenen Sorgen und Freuden, gleichgültig sogar der See gegenüber. Denn sie brauchte keinen von ihnen und schien zufrieden.
    Sobald Bolitho das Achterdeck betrat, bemerkte er, daß der Wind sich gegen sie wandte, und zwar rasch. Er hatte tief geschlafen, als ein Steuermannsmaat in die Kajüte gekommen war, um ihm zu melden, daß Leutnant Heyward um seinen Rat ersuche.
    Die mittlere Wache war erst halb vorbei, und die Sterne schienen sehr hell über den Ausgucks, aber als er mit bloßen Füßen unhörbar über die feuchten Planken eilte, hörte er die Topsegel heftig schlagen, fast schien es ihm eine Antwort auf das Ächzen der Stagen und Wanten zu sein.
    Buckle stand neben dem Steuer, wie er selbst trug auch er nur seine Kniehosen; ein Beweis, wenn das noch nötig war, daß Heyward erst dann Hilfe geholt hatte, als es schon fast zu spät war.
    »Nun?« Er blickte kurz auf das schräge Kompaßgehäuse und sah die Augen der Rudergänger

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