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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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gehinkt kam, die Arme mit Schmierfett besudelt.
    »Bitte entschuldigen Sie, daß ich nicht hier war, als Sie mich rufen ließen, Sir. Ich war im Kabelgatt.«
    Bolitho lächelte: »Sie haben wohl die Gelegenheit benützt, um nach Faulholz zu suchen?«
    Tyrell rieb sich das Bein. »Aye. Aber es ist alles in Ordnung. Das Schiff ist so gesund wie ein Fisch im Wasser.« Bolitho ging zu den Wanten und beschattete seine Augen vor dem starken Licht. Die fernen Häuser verloren sich fast im Dunst, ihre Umrisse zitterten und verschwammen ineinander, als ob sie in der Hitze schmolzen.
    Tyrell sah ihn fragend an. »Ist etwas nicht in Ordnung, Sir?«
    Bolitho beugte sich zu Bethune hinunter und nahm sein Fernrohr. Damit sah man auch nicht besser. Das Glas, das auf die Sparrow gerichtet wurde, war wahrscheinlich sehr stark. Langsam hob er den Arm und winkte.
    Hinter ihm standen Tyrell und Bethune stocksteif, einer genauso bestürzt über das befremdliche Benehmen des Kapitäns wie der andere.
    Bolitho drehte sich um und bemerkte Tyrells Gesicht. »Hm. Ich habe gerade jemandem gewunken.«
    Tyrell sah an ihm vorbei auf die vor Anker liegenden Schiffe und geschäftigen Hafenarbeiter. »Verstehe, Sir.«
    »Nein, Jethro, das tun Sie nicht, aber macht nichts.« Er schlug ihm auf die Schulter. »Kommen Sie mit hinunter, dann werde ich Ihnen sagen, was wir zu tun haben. Ich vertraue Ihnen heute abend das Schiff an, da ich an Land essen werde.« Ein breites Grinsen ging über das Gesicht des Leutnants. »Oh, ich verstehe, Sir!«
    Sie studierten soeben die Karte und diskutierten die Segelbefehle, als sie Bethune schreien hörten: »Halt! Stillgestanden, der Mann!« Dann hörte man ein Aufklatschen und noch mehr Schreie auf dem Geschützdeck.
    Bolitho und Tyrell eilten wieder auf Deck und fanden Bethune und die meisten wachfreien Leute an der Backbordreling oder in die Wanten geklammert.
    Ein Mann schwamm im Wasser, seine Arme holten kräftig aus, und sein dunkles Haar glänzte in der Gischt und im Sonnenlicht. Bethune keuchte: »Es ist Lockhart, Sir! Er sprang über Bord, ehe ich ihn aufhalten konnte.«
    Tyrell murmelte: »Ein guter Seemann. Machte niemals Schwierigkeiten. Ich kenne ihn gut.«
    Bolitho betrachtete den Schwimmer. »Ein Einheimischer?«
    »Aye. Er kam vor einigen Jahren aus Newhaven. Jetzt hat er es getan, der arme Teufel.« Es lag kein Ärger in Tyrells Stimme, höchstens Mitleid.
    Bolitho hörte, wie die Männer in seiner Nähe ihre Vermutungen über die Chancen des Schwimmers äußerten. Es war weit zum Land.
    Während seiner Zeit auf See hatte Bolitho viele Deserteure gekannt. Oft hatte er Sympathie für sie empfunden, auch wenn er ihre Taten für falsch hielt. Nur wenige meldeten sich freiwillig zum harten Dienst auf einem Schiff des Königs, vor allem da niemand mit Sicherheit wußte, ob er seine Heimat wiedersehen würde. Die Seehäfen waren voll von den Zurückgekehrten: Krüppel und Männer vor der Zeit gealtert. Aber bis jetzt hatte noch niemand einen besseren Weg gefunden, die Flotte zu bemannen. Sobald sie einmal gepreßt waren, akzeptierten die meisten Männer ihr Schicksal, man konnte sich sogar darauf verlassen, daß sie andere mit ähnlichen Methoden dazu bringen würden. Die alte Seemannsregel: »Wenn ich hier bin, warum nicht auch er?«
    hatte auf Kriegsschiffen große Bedeutung.
    Dies war aber ein anderer Fall. Der Seemann Lockhart schien nichts Außergewöhnliches zu sein, ein guter Arbeiter und selten verspätet auf Wache oder Station. Aber die ganze Zeit mußte er an sein Heimatland gedacht haben, und der Aufenthalt in New York gab ihm den Rest. Auch jetzt, als er sich stetig an einem vor Anker liegenden Zweidecker vorbeiarbeitete, dachte er ohne Zweifel nur an sein Ziel: ein vages Bild von Haus und Familie, oder von Eltern, die fast vergessen hatten, wie er aussah.
    Ein schwacher Knall wehte vom Bug des Zweideckers herüber, und Bolitho sah, wie ein rotberockter Seesoldat schon die zweite Kugel in seine Muskete rammte, für einen weiteren Schuß auf den einsamen Schwimmer.
    Ein ärgerliches Gemurmel kam von den Seeleuten der Sparrow.
    Was sie auch von der Desertation des Mannes dachten oder über den Mann selbst, es hatte nichts mit ihrer Reaktion zu tun. Er war einer der Crew und der Rotrock momentan ein Feind.
    Yule, der Feuerwerker, brummte: »Dieser verdammte Ochse sollte selbst niedergeschossen werden, verfluchter Bastard!« Der Seesoldat schoß nicht mehr, sondern rannte zum Ende seiner kleinen

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