Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Entscheidung der Hebamme

Die Entscheidung der Hebamme

Titel: Die Entscheidung der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
Vom Netzwerk:
Herrscher des neugegründeten Herzogtums Westfalen geworden war.
    Angewidert verzog Otto das Gesicht. Er sah hinüber zu seinem wütend blickenden gleichnamigen Schwager, Hedwigs ältestem Bruder, und beschloss sofort, sich gleich nach der Fürstenversammlung mit dem Markgrafen von Brandenburg zu betrinken.
    Hedwigs Bruder Siegfried, der als künftiger Erzbischof von Bremen zu den Gewinnern des Krieges gegen den Löwen zählte, würde seine Berufung wohl eher angemessen mit einem Dankgebet feiern wollen.
     
    Otto atmete auf, als der Kaiser die Zusammenkunft der Fürsten für diesen Tag endlich beendete. Höflich bot er Hedwig seinen Arm, um sie hinauszugeleiten. Doch sie hatten den Ausgang noch nicht erreicht, als ein Page sie mit einer tiefen Verbeugung aufhielt und ausrichtete, die Kaiserin bitte die Markgräfin von Meißen zu sich.
    Otto zog überrascht die Brauen hoch. Hedwig erwiderte seine stumme Frage mit einem kaum wahrnehmbaren Schulterzucken. Sie hatte keine Ahnung, warum Beatrix sie sprechen wollte. Aber sie erinnerte sich gut an ihre letzte vertrauliche Unterredung mit der Kaiserin. Das war vor zwölf Jahren auf dem Hoftag in Würzburg gewesen, wo ihr Mann als Teilnehmer einer Verschwörung gegen Heinrich den Löwen, damals noch engster Freund des Kaisers, die Mark Meißen hätte verlieren können. Eine vertrauliche Nachricht von Beatrix an Hedwig – versteckt hinter höfischen Floskeln, damit ihnen niemand vorwerfen konnte, sich in die Politik ihrer Männer einzumischen – hatte dafür gesorgt, dass die Aufständischen schließlich dem vom Kaiser geforderten Waffenstillstand zustimmten.
    Mit einer jovialen Geste gestattete der Markgraf seiner Frau, zu gehen. Erleichtert, Ottos Berührung und seiner Nähe entkommen zu können, folgte sie dem Pagen.
    Unterdessen suchte der Markgraf von Meißen seine Brüder und seinen Schwager Otto von Brandenburg. Er brauchte jetzt dringend etwas Starkes zu trinken, und vermutlich ging es den anderen ebenso.
     
    Beatrix begrüßte Hedwig mit großer Herzlichkeit, bot ihr einen Stuhl an und ließ schweren roten Wein aus ihrer Heimat Burgund bringen. Dann schickte sie sämtliche Kammerfrauen und Hofdamen aus dem Raum.
    Zum ersten Mal war Hedwig mit der Kaiserin allein.
    Was würde sie von ihr wollen? Falls sie eine Nachricht für sie hatte, musste Beatrix sie diesmal nicht versteckt zwischen höfischen Floskeln übermitteln und hoffen, dass ihr Gegenüber verstand.
    Kaum hatte die letzte Hofdame ihnen den Rücken zugedreht, um das Privatgemach der Kaiserin zu verlassen, in dem im Gegensatz zur üblichen Kälte im Gemäuer wohlige Wärme herrschte, erlosch das Lächeln auf Beatrix’ Gesicht, das sie vor der Fürstenversammlung aufzusetzen pflegte. Für einen kurzen Moment wirkte sie müde und angegriffen von den Streitigkeiten der letzten Jahre.
    Die Kaiserin war siebenunddreißig Jahre alt, rechnete Hedwig nach; fast genauso alt wie sie selbst. Beide waren mit zwanzig Jahre älteren Männern verheiratet worden, beide hatten sie es geschafft, dass ihnen ihre Ehemänner verfallen waren und auf ihren Rat hörten. Nur durfte sich keine von ihnen offen in die Politik ihrer Männer einmischen – das hätte deren Ansehen bei den Vasallen unwiderruflich geschadet.
    Hedwig wusste Beatrix’ prüfenden Blick auf sich und wartete, innerlich angespannt.
    »Ich habe aus der Ferne Euren Weg genau verfolgt, Dame Hedwig.« Ein amüsiertes Lächeln zog über das Gesicht der Kaiserin. »Wie Ihr damals in Würzburg die Streithähne zum Einlenken bewegt habt, war ein Meisterstück. Ich habe Euch bis heute noch nicht dafür gedankt.«
    »Ohne Eure Hilfe hätte ich nichts zu bewirken vermocht, Majestät«, entgegnete Hedwig aufrichtig.
    Die beiden Frauen tauschten einen Blick, der sie wie schon vor zwölf Jahren zu Verbündeten machte.
    »Ich wünschte nur, alle Fürstinnen verstünden es so gut, ihre Männer mit sanfter, aber entschlossener Hand zu etwas mehr Vernunft zu bringen«, meinte Beatrix.
    »Wenn ich ehrlich sein soll«, sagte Hedwig nach einigem Zögern, »so fürchte ich, dass ich nur noch bedingt Einfluss auf meinen Gemahl habe.«
    War es Verrat, was sie da gerade an ihrem Mann beging? Doch Beatrix war klug genug, um längst erkannt zu haben, wie es im Hause Wettin stand.
    »Ein Wunder, wie Ihr es überhaupt noch schafft, diesen grimmigen Bären an der Kette zu halten«, entgegnete die Kaiserin mit einem Lächeln.
    »Ihr müsst ihm verzeihen – er wird fast ständig von

Weitere Kostenlose Bücher