Die Entscheidung der Hebamme
unerträglichen Schmerzen gequält, das macht ihn unleidlich«, nahm Hedwig ihren Mann gegen ihren Willen in Schutz.
»Und Ihr habt eine überaus kundige Heilerin aufgetrieben, um seinen Zustand und seine Laune zu bessern, die Frau des Christiansdorfer Vogtes. Wie weise!«
Hedwig wunderte sich nicht, dass Beatrix so gut informiert war. Sie würde – im Gegensatz zu anderen – nie den Fehler begehen, die Klugheit der Kaiserin zu unterschätzen.
»Wenn Ihr ihre Dienste benötigen solltet, wird sie Euch freudig zur Verfügung stehen«, versicherte sie.
»Danke, das ist nicht nötig. Mit Gottes Hilfe erfreuen sich mein Gemahl und ich bester Gesundheit. Sagt, wie geht es Euerm jüngsten Sohn? Wie ich hörte, hat ihn der Herr von Christiansdorf als Knappen bei sich aufgenommen.«
Aufmerksam musterte Hedwig das Gesicht der Kaiserin. Würde sie Dietrich seine Verfehlung nachtragen?
»Mein Sohn gibt wirklich sein Bestes, um sein Vergehen wiedergutzumachen und seine Ehre wiederherzustellen. Bei der Belagerung Haldenslebens hat er sein Leben riskiert, um die Interessen Erzbischof Wichmanns zu wahren.«
Vergeblich hoffte sie, die Kaiserin würde ihr ersparen, die Einzelheiten darüber zu berichten. Natürlich bestand Beatrix darauf, die Geschichte zu hören.
Als Hedwig geendet hatte, beugte sich die Kaiserin zu ihr und senkte die Stimme noch mehr, um ganz sicher zu sein, dass auch kein Lauscher vor der Tür sie hören konnte.
»Es ist klug, ihn vorerst in Euerm Silberdorf unterzubringen. Glaubt mir, ich kann Euch nur zu gut verstehen. Leider. So wie Euch Euer Ältester, bereitet mir der König einige Sorgen …«
Abrupt lehnte sich Beatrix zurück, als hätte sie zu viel gesagt. Sie nahm einen tiefen Schluck und strich sich über die rechte Augenbraue.
Ein beklemmender Gedanke ging Hedwig durch den Kopf – nicht zum ersten Mal. Hatte das Wissen um die Macht, die ihnen zufallen würde, den jungen König Heinrich und auch Albrecht schon von klein auf verdorben? Beide hatten nie Demut oder wenigstens Bescheidenheit gelernt, sondern nur, dass ihnen jeder gehorchen musste.
Beatrix’ nächste Worte rissen sie aus ihren Überlegungen.
»Euer Gemahl und Euer ältester Bruder werden enttäuscht sein über die Entscheidung des Kaisers, an wen er die frei gewordenen Lehen vergibt.«
Hedwig wollte etwas erwidern, doch die Kaiserin ließ sie mit einer Handbewegung verstummen. »Erspart mir höfische Floskeln. Wir alle wissen, dass der Markgraf von Brandenburg ein guter Herzog von Sachsen geworden wäre, was im Falle Bernhards nicht gewiss ist, zumal Krieg bevorsteht. Doch bedenkt: Nicht nur der Kaiser, sondern auch die anderen Fürsten hätten nicht hingenommen, dass noch einmal jemand zwei Herzogtümer hält und ähnlich mächtig und einflussreich wie der Löwe werden könnte. Stimmt Ihr mir zu?«
Hedwig blieb nichts anderes übrig, als zu nicken. Beatrix hatte recht. Sie hatten alle gelernt aus diesem Fall, nicht nur Friedrich Rotbart.
»Es wird im Reich nie wieder jemanden außer dem Kaiser geben, der über so viel Macht verfügt«, bekräftigte Beatrix.
Dann sollte der Kaiser Philipp von Heinsberg gut im Auge behalten, dachte Hedwig skeptisch. Denn zu seiner bisherigen Macht ist dem Erzbischof von Köln nun noch das halbe Sachsen zugefallen, auch wenn es jetzt Westfalen heißt.
»Mein Gemahl konnte deshalb den Markgrafen von Brandenburg nicht weiter belehnen«, fuhr die Kaiserin fort, als habe sie Hedwigs skeptischen Gesichtsausdruck nicht bemerkt. »Aber er vermochte die beiden Herzogtümer auch nicht an seine eigenen Söhne zu übertragen; dafür hätte er die Zustimmung der Fürsten nie bekommen. Ihr versteht?«
Wieder nickte Hedwig, bemüht, sich von ihrer Verblüffung über dieses Eingeständnis nichts anmerken zu lassen.
»Ich bitte Euch, richtet dies Eurem Gemahl und Eurem ältesten Bruder aus – und dass der Kaiser zur Reichsheerfahrt auf beide zählt.«
Eine Weile herrschte Schweigen zwischen beiden Frauen, jede nippte an ihrem Wein. Das Knistern des Feuers und das Rascheln der Seide ihrer Kleider waren für einen Augenblick die einzigen Geräusche.
Dann entschloss sich Hedwig, die Stille zu brechen. »Erlaubt Ihr eine Frage, Majestät?«
Mit einer Geste ermutigte Beatrix sie, zu sprechen.
»Die Niederlage des Löwen ist unausweichlich. Doch niemand weiß, wie lange und blutig dieser Krieg sein wird. Konntet Ihr nicht bewirken, dass Heinrichs Gemahlin ihn zum Einlenken bringt?«
Beatrix sah sie
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