Die Entscheidung der Hebamme
Wachdienste und viele andere Verpflichtungen übernehmen.
Der Bergmeister bat die Obersteiger, sich nach der Arbeit in seinem Haus einzufinden, um gemeinsam zu beraten, welche Gruben vergrößert und wo neue angelegt werden könnten.
Bald kamen Hans und Friedrich mit ihrem zum Aufbruch bereiten Gespann zurück.
»Nun, wie ist dir dabei zumute, wieder auf große Reise zu gehen, Bruder? Kribbelt es dir schon an Händen und Füßen?«, fragte Hans den Älteren.
»Im Moment eher im Hintern«, konterte grinsend der schlagfertige Friedrich, dessen Kopf inzwischen ganz kahl war, abgesehen von einem schütteren grauen Bart.
Dann besann er sich und entschuldigte sich schleunigst dafür, dass ihm vor der Frau des Burgvogtes eine solch ungehörige Bemerkung entwischt sei.
Marthe jedoch konnte sich nach all der Anspannung ein erleichtertes Lachen kaum verkneifen. Schnell vergewisserte sie sich, dass niemand außer den beiden Fuhrleuten sie hören konnte, dann sagte sie: »Ich glaube, für diesen Moment dürfen wir einmal die Regeln für höfisches Benehmen etwas lockern.«
Die Brüder sahen das schelmische Aufblitzen in ihren Augen und zwinkerten ihr zu. Schließlich kannten sie sich noch aus der Zeit, als die mittellose junge Wehmutter Marthe mit den Siedlern hierher in den Dunkelwald gezogen war. Damals brachten sie als Salzkärrner eine Wagenladung Salz von Halle nach Böhmen und waren unterwegs auf den von Christian angeführten Siedlerzug gestoßen. Später machten sie auf einer ihrer Reisen einen Umweg über Christiansdorf, um von Marthe Friedrichs Rückensteifigkeit behandeln zu lassen. Und bei dieser Gelegenheit entdeckten sie das erste Silbererz – der Anfang der erstaunlichen Entwicklung, die Christiansdorf seitdem genommen hatte und die nun mit vierhundert weiteren Siedlern einen neuen Schub bekommen würde.
»Kuno, Bertram!« Marthe winkte die beiden Unzertrennlichen herbei. Sofort traten sie näher, und zufrieden erkannte Marthe, dass Bertram sich alle Mühe gab, sein Humpeln zu verbergen.
»Seid so gut, reitet Christian entgegen und sagt ihm, dass noch heute eine Wagenladung Proviant auf den Weg zu ihm geht«, bat sie, und die beiden jungen Männer nickten zustimmend. »Bleibt bei ihm, wenn er euch braucht, oder kommt zurück, wenn er neue Botschaften oder Befehle für uns hat.«
Sie überlegte. Was konnte sie den beiden mitgeben, das Christian in der derzeitigen Lage nützlich war? Nichts, was sie auf zwei Pferden mitnehmen konnten, würde auch nur ansatzweise vierhundert Menschen sättigen. Aber sicher gab es unter den vierhundert auch Frauen, die sich mit ein paar Grundregeln für die Krankenpflege auskannten. Also lief sie in ihre Kammer und holte Schafgarbe für offene Wunden und alle Tinktur gegen Fieber, die sie noch hatte. Sie würde mit Johanna umgehend neue ansetzen.
»Hier, bringt ihm das! Und Gott sei mit euch!«
Mit ernstem Nicken nahm der sonst so spottfreudige Kuno den Krug und die Kräuter entgegen. Dann gaben er und sein Freund den Pferden die Sporen und ritten vom Hof.
Nachdenklich blickte Marthe hinter ihnen her und versuchte, sich vorzustellen, wann sie wohl auf Christians Zug treffen würden und welcher Anblick sich ihnen dann bieten würde. Verfehlen konnten sie ihn nicht: Aus dem schmalen, kaum sichtbaren Pfad, der vor Jahren noch von der Straße abzweigte und zu ihrem Dorf führte, war mittlerweile schon ein vielbefahrener Weg geworden.
Inzwischen kamen die ersten Dorfbewohner zurück und brachten, was sie den Notleidenden zukommen lassen wollten: Erbsen, Hirse, Bohnen …
Plötzlich sah sich Marthe inmitten all der Schätze, dass sie sprachlos war vor Freude. Sie kannte jeden der Dorfbewohner und seine Verhältnisse und wusste, dass sich mancher die Gabe vom Mund würde absparen müssen.
Bewegt dankte sie den Opferwilligen. Bald stand fest, es war mehr, als Hans und Friedrich mit einer Ladung wegschaffen konnten. Doch das machte nichts. Sie musste auch noch ausreichend Vorrat haben, wenn die vierhundert Menschen erst einmal hier angekommen waren.
Während ein paar Stallknechte Hans und Friedrich beim Verstauen der Ladung halfen, ließ Marthe noch einen großen Topf Honig aus der Vorratskammer holen – als Stärkung für die Kinder der Goslarer Bergleute. Peter und seine Jungen konnten gleich nachher losziehen und Waldbienen suchen gehen.
Es war noch nicht einmal Mittag, als die beiden Fuhrleute mit ihrer wertvollen Ladung aufbrachen.
Erschöpft, aber dankbar und
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