Die Entscheidung der Hebamme
seinem Heer gen Haldensleben rückte, um die Stadt von den Belagerern zu befreien.
Der Geharnischte drehte sich um und befahl einen Mann zu sich, der im Hintergrund gestanden hatte.
Gerald und er verständigten sich kurz, dann kletterte der andere vorsichtig an einer Strickleiter hinunter zu ihnen ins Boot.
Der Erzbischof ließ dem Boten sogar ein Pferd bringen, damit er möglichst schnell den Löwen erreichte und mit der Erlaubnis zur Kapitulation wiederkam.
Doch während sie darauf warteten, schien sich das Blatt zugunsten der Belagerten zu wenden.
Eine Nacht und ein Tag mit strömendem Regen ließen die Wassermassen anschwellen und weichten die hastig aufgeschütteten Dämme auf, bis einer brach und das angestaute Wasser, endlich befreit, in die Ebene floss. Die Sturzflut ergoss sich in ihr Lager. Wichmann allerdings duldete kein Verzagen. Sofort ließ er alle verfügbaren Männer festere Dämme bauen.
Bald stieg das Wasser erneut bis an die Mauern der Stadt.
Am nächsten Tag näherte sich ein einzelner Reiter dem Lager: der Bote Bernhard von Lippes, der zum Löwen geschickt worden war.
Mit zusammengekniffenen Lippen ließ er sich zu Gerald führen, gab jenem das geborgte Pferd zurück und bat um einen Kahn, der ihn zur Burg bringen sollte.
Wenig später suchte Gerald Christian auf, der gerade gemeinsam mit Lukas die mittlerweile sechzehnjährigen Knappen David und Georg im Schwertkampf unterrichtete. Sein einstiger Knappe Dietrich hatte sich zu ihnen gesellt.
»Haldensleben kapituliert. Der Löwe kann keine Hilfe senden. Stadt und Burg sind nicht länger zu halten«, berichtete Gerald, nachdem er die Bemühungen der beiden Jungen mit anerkennendem Lächeln quittiert hatte.
»Wird sich Bernhard von Lippe danach richten?«, fragte Dietrich zweifelnd.
»Er hat keine Wahl«, meinte Gerald. »Seit Wochen leben die Stadtbewohner im Gebälk der Bodenkammern ihrer Häuser. Die paar Vorräte, die sie retten konnten, gehen zu Ende. Sie müssen sogar ihre Toten mit dem Kahn zur Kirche fahren, damit sie dort im Dachraum aufgebahrt werden, denn begraben werden können sie nicht! Wer soll da Bernhard noch folgen?«
Am nächsten Morgen – es war der dritte Mai des Jahres 1181 – übergab Bernhard von Lippe mit Erlaubnis seines einstigen Herzogs Haldensleben an Erzbischof Wichmann. Dieser gewährte Bernhards Männern und den Bewohnern der Stadt wie versprochen freien Abzug mit allem Besitz, den sie binnen drei Wochen fortschaffen konnten.
Dann ließ Wichmann die Magdeburger Bürger die Burg zerstören, von der aus so viel Leid übers Land gebracht worden war. Mit grimmiger Genugtuung machten sich die Magdeburger an das Vernichtungswerk.
Während die Stadt bis auf den Grund niedergerissen wurde, ließen sich Wichmann und seine Verbündeten bei ihrem Einzug in Magdeburg als strahlende Sieger feiern.
Doch für Christian, Lukas und ihre Gefolgsleute war noch lange nicht die Zeit gekommen, um zurück nach Christiansdorf reiten zu können, sosehr es Christian auch danach drängte. Die nächste Phase des Krieges hatte gerade erst begonnen.
Auch wenn Haldensleben genommen war, diese wichtige Festung des Löwen, Heinrich gab nicht auf. Obwohl ihm weder sein mächtiger Schwiegervater, der englische König, noch die Flamen oder Dänen zu Hilfe kamen, nicht einmal die Wendenfürsten, mit denen er eng verbündet war, zog Heinrich nun gegen jene Burgen und Grafschaften, deren Herren von ihm abgefallen waren; Holstein zuerst.
Der Kaiser verschob die für Pfingsten angesetzte erneute Reichsheerfahrt gegen den Löwen auf Juni. Zu diesem Zeitpunkt versammelte sich ein mächtiges Heer, um den Geächteten endgültig zu schlagen: Sachsen, Rheinländer, Schwaben und Bayern.
Auch Otto und seine Brüder Dietrich und Dedo gehörten zu den Heerführern, die sich bei Hornburg mit ihren Truppen einfanden.
Der Kaiser entschied, seine Streitkräfte nicht durch einen Angriff auf das stark befestigte Braunschweig oder eine lange Belagerung binden zu lassen. Stattdessen führte er den größten Teil seiner Streitmacht – darunter auch die Truppen Wichmanns, des Markgrafen von Meißen und von Hedwigs Bruder Otto von Brandenburg – zu aller Überraschung durch die unwirtliche Lüneburger Heide auf Bardowick, das ihm ohne Kampf zufiel. Schon auf der Wegstrecke hatten sich so gut wie alle Burgen und Orte dem Kaiser widerstandslos unterworfen – alle bis auf Lüneburg.
Ausgerechnet hier sollte Heinrichs Frau Mathilde nun
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