Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Entscheidung der Hebamme

Die Entscheidung der Hebamme

Titel: Die Entscheidung der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
Vom Netzwerk:
den Augen zu lassen, reichte er ihn an einen seiner Männer weiter.
    »Vorkosten!«, befahl er barsch. Der Mann erblasste, dann gehorchte er zögernd und nahm vorsichtig einen kleinen Schluck.
    »Mehr!«, fuhr Albrecht ihn an.
    Auch Marthe war inzwischen bleich geworden.
    Von Peters flinken Boten hatte sie erfahren, dass die erste Begegnung Christians mit Albrecht und dessen Männern ohne Zwischenfall verlaufen, aber kein Wort über den Anlass des Besuches gefallen war.
    Dass Albrecht ihr auf diese brüske Art vor aller Augen vorwarf, ihn womöglich vergiften zu wollen, war eine offene Kriegserklärung.
    Sie senkte den Kopf vor dem künftigen Markgrafen, um ihm nicht in die Augen sehen zu müssen. Ihr Herz klopfte wie wild. Doch Albrecht schien sie gar nicht zu beachten.
    Er saß ab und rief Christian zu: »Es gibt schlechte Neuigkeiten. Führt mich in einen Raum, wo wir ungestört sind, und lasst den Bergmeister und den Münzmeister kommen. Sie sollen warten, bis ich sie rufe.«
    Christian schickte Boten zu den beiden angesehenen Männern und geleitete Albrecht in seine Kammer.
    Er konnte sich darauf verlassen, dass Mechthild oder Waltrud, die der Kranken immer mehr Arbeit abnahm, trotz der Kürze der Zeit dort bereits kalten Braten und guten Wein aufgetafelt hatten. Doch auch ihm war der Affront nicht entgangen, dass Albrecht hatte vorkosten lassen. Wollte er hier einen Zwischenfall inszenieren, um ihn oder Marthe eines Giftanschlages zu beschuldigen?
    »Ab sofort sollen ein paar von den Wachen in der Küche, im Weinkeller, im Backhaus und in der Vorratskammer aufpassen, dass sich kein Fremder dort blicken lässt«, raunte er unterwegs Lukas zu, der sofort verstand und ging, um Vorsorge zu treffen.
    Die drohende Gefahr drängte vorerst sogar Lukas’ Zorn und seine Beschämung darüber zurück, dass sein Bruder nun zu Albrechts Männern zählte. Wie hatte sich der Jüngere nur dazu hergeben können?!
    Immer noch wusste niemand von ihnen, welche schlechten Neuigkeiten der künftige Markgraf mitgebracht hatte und was diese für Christian und sein Dorf bedeuteten. Voller Sorge beobachtete Marthe, wie ihr Mann und Albrecht zum Haupthaus gingen. Elmar und Giselbert begleiteten den Grafen, dazu auf einen Wink Elmars Rutger, um sie zu bedienen. Weiter würde wohl niemand zu dieser Beratung zugelassen, sie als Frau am allerwenigsten.
    Clara trat mit düsterer Miene zu ihr.
    »Er ist ein böser Mensch, von Grund auf böse«, sagte sie so leise, dass nur ihre Mutter sie hören konnte.
    »Ja«, erwiderte Marthe ebenso leise. »Besser, du verbirgst dich, solange er hier ist.«
     
    »Schlechte Neuigkeiten«, wiederholte Albrecht, als er mit seinen beiden engsten Vertrauten, dem Knappen und Christian in dessen Kammer war. Doch in seinen Augen glitzerte es, und seine Stimme klang so unverhohlen triumphierend, dass nicht zu verkennen war, wie sehr ihn diese Neuigkeiten erfreuten.
    »Ludwig von Thüringen hat meinen Vater gefangen genommen und hält ihn auf seiner Wartburg fest«, verkündete er dann mit gespielter Entrüstung. »In Camburg, auf unserem eigenen Land, hat er ihn überfallen lassen. Welche Dreistigkeit! Ich brauche Silber, um meinen Vater auszulösen.«
    »Wurde der Markgraf bei dem Angriff verwundet?«, erkundigte sich Christian besorgt.
    Albrecht reagierte mit einer ungeduldigen Handbewegung, als wolle er die lästige Frage wegwischen. »Ein paar seiner Leibwachen wurden niedergemacht, aber er ist unversehrt.«
    Angesichts dieser Auskunft gingen Christian mehrere Gedanken gleichzeitig durch den Kopf.
    Die Beziehungen zwischen dem Meißner Markgrafen und Ludwig von Thüringen waren immer angespannter geworden, je mehr Besitz Otto jenseits der Saale erwarb. Dass ihm nun mittlerweile die Grafschaft Camburg, Weißenfels und die Vogtei über das Hochstift Naumburg gehörten, musste den Ludowinger aufbringen. Doch wenn Albrechts Worte zutrafen, hatte sich der Landgraf einen Übergriff erlaubt, über den auch der Kaiser nicht hinwegsehen durfte, selbst wenn Ludwig sein Neffe war.
    Da Otto den Angriff unverletzt überstanden hatte, brauchte er sich allerdings vorerst keine Sorgen um das Wohlergehen seines Dienstherrn zu machen. Wenn sich Fürsten schon gegenseitig gefangen nahmen, legten sie den Kontrahenten nicht in Ketten und warfen ihn auch nicht in den Kerker. Otto würde auf der Wartburg keine Bequemlichkeit vermissen außer der, die Festung verlassen zu dürfen. Wahrscheinlich würde er an Ludwigs Tafel speisen,

Weitere Kostenlose Bücher