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Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Becker
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zugemutet. Doch lassen Sie uns das kurze Stück zurück zum Lagerplatz gehen. Dort können wir uns hinsetzen. Die Wagen sind in diesem Unterholz bestens versteckt.«
    Bernina war unschlüssig, was von alldem zu halten war. Sie musste sich erst einmal sammeln. Gerne hätte sie sich unter vier Augen mit Nils beraten, aber dazu war gewiss noch Zeit. Wie zuvor, Alwine vorneweg, ging es zurück zu der Stelle, an der der Bach entlangfloss. Mentiris Worte kreisten noch durch ihren Kopf. Zweige streiften Bernina, Kletten blieben an ihr haften. Sie musste nach Atem schnappen, einen kurzen Moment lang war ihr schwarz vor Augen. Sie geriet ins Stolpern, blieb mit der Fußspitze am Strang einer Baumwurzel hängen – und urplötzlich raste der Waldboden auf sie zu. Doch Nils’ rascher, zupackender Griff bewahrte sie vor einem Sturz.
    »Geht es dir gut?« Besorgnis schlich sich in seine Stimme.
    »Selbstverständlich«, beruhigte sie ihn, als sie wieder festen Stand hatte. »Nur ein Moment der Schwäche.« Allerdings musste sie erst einmal nach Luft schnappen, sie fühlte eine leichte Übelkeit.
    Auch Mentiri war bei ihr. »Lassen Sie mich nach Ihnen sehen, meine Liebe.«
    Ein rüder Stoß Norbys jedoch brachte den alten Mann fast zu Fall.
    »Sie sollten sich schämen«, fauchte Alwine.
    »Bitte nicht, Nils.« Bernina schenkte dem Schweden einen unmissverständlichen Blick.
    »Das ist in der Tat nicht nötig, mein Freund«, meinte Mentiri keuchend.
    »Ich bin gewiss nicht Ihr Freund. Seien Sie froh, dass es Sie es hier nicht nur mit mir zu tun haben. Ich wäre nicht so geduldig mit Ihnen umgegangen, wie meine Frau es tut.«
    »Sie sehen selbst, verehrte Bernina, ich hatte gute Gründe, warum ich Sie bat, ohne Begleitung hierher zu kommen.« Mentiri bedachte Norby mit einem giftigen Blick. »Was diesen Herrn betrifft, habe ich mich offenkundig keineswegs getäuscht.«
    »Dieser Herr«, wiederholte Bernina rasch und betont, »hat Ihnen in Freiburg das Leben gerettet. In Ihrem eigenen Haus.«
    »Durchaus, durchaus.« Mentiri klang verhaltener. »Und dennoch wollte ich so wenige Risiken wie möglich eingehen. Deshalb habe ich eine Nachricht an Sie verfasst, die nicht über Andeutungen hinauskam. Es erschien einfach zu gefährlich für mich, mein Gesicht sehen zu lassen und meinen Namen vor mir herzutragen. In der Tat hoffte ich, Sie würden erahnen, dass ich der Absender wäre. Und dass Sie sich daraufhin allein auf den Weg machen würden.«
    »Ihm können Sie trauen«, versicherte Bernina.
    »Nur ob ich diesem Knilch traue«, meldete sich Norby zu Wort, »das ist die Frage.«
    »Wir gehen jetzt zum Lager«, entschied Bernina. »Da werden wir alles Weitere besprechen.«
    »Geht es dir wirklich gut?«, fragte Nils erneut.
    »Ja, alles bestens. Es war nur ein kleiner Schwindel, vielleicht von dem Marsch und der Luft hier oben.«
    »Umso besser wird es sein, wenn Sie sich hinsetzen, Bernina«, bemerkte Mentiri, der selbst nichts dagegen zu haben schien, nicht mehr stehen zu müssen.
    So saßen sie zusammen, zu viert. Sie unterhielten sich. Mentiri schien seine Worte abzuwägen, als wäre es selbst jetzt noch seine größte Furcht, nur eine einzige Silbe zu viel zu verraten. Ein dunkler Pfad würde vor ihm liegen, erklärte er in seiner üblichen nebulösen Redeweise, am Ende jedoch warte womöglich ein helles Licht. Dann bat er Bernina mit leiser Stimme, einen der beiden Wagen zu lenken, während er und Alwine sich mit vereinten Kräften um den zweiten kümmern würden. Seinen Blick hielt er unentwegt auf Bernina gerichtet, als wäre Nils Norby überhaupt nicht anwesend – noch immer misstraute er dem Schweden, das war offenkundig.
    Norby seinerseits hegte eine tiefe Abneigung gegen Mentiri und Alwine, was Bernina ihm wiederum mühelos ansah. Den angebotenen Apfelwein lehnte er diesmal brüsk ab, seine Augen blieben wachsam.
    »Es geht ja nicht nur darum, die Wagen zu lenken«, sagte Bernina nach kurzem Überlegen. »Die Wagen müssen erst mal aus dem Matsch gezogen werden. Dafür wird zusätzliche Manneskraft gefragt sein. Was mich allerdings ärgert, Herr Mentiri, ist etwas anderes. Sie schleichen noch immer um die Wahrheit herum wie ein Fuchs um den Hühnerstall.«
    »Auf dem Weg zu unserem Ziel werde ich Ihnen – endgültig – reinen Wein einschenken. Auch was es mit der Chronik Ihrer Familie auf sich hat: Sie werden es erfahren.«
    »Leider wird es dazu nicht kommen. Jedenfalls nicht für mich. Nils uns ich müssen viel

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