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Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Becker
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haben wir dich liegen gelassen – er meinte, es wäre besser für dich, nicht mehr getragen zu werden. Er war froh, dass du überhaupt noch geatmet hast.«
    »Danke«, sagte Norby knapp.
    »Wie du mir, so ich dir«, erwiderte der Bauer mit bescheidener Heiterkeit.
    »Was macht deine Hüfte?«
    »Ach, der Kratzer – schon fast vergessen.«
    »Wo ist mein Pferd? Im Stall?«
    »Ja, dem guten alten Hugo geht’s bestens.« Lottinger deutete zum Schrank. »Da findest du Hemd und Wams. Aber nun leg dich wieder hin, ich bringe dir etwas zu essen. Die letzten beiden Tag konnten wir dir nur Suppe einflößen.«
    Mit einem Stöhnen schob sich Norby von dem Tisch. »Zwei Tage? Du scherzt!«
    »Gewiss nicht. Sag mal, das waren diese drei Männer, oder?«
    Norby hatte das Gefühl, seine Beine könnten nachgeben, aber er hielt sich aufrecht. Er dachte an Bernina. »Ich muss zu Bernina, ich muss nach Freiburg«, sagte er mehr zu sich als zu Lottinger.
    »Daran darfst du nicht einmal denken. Du bist zu schwach für einen solchen Ritt.«
    »Die drei Fremden. Hat sie jemand gesehen, seit sie auf dem Petersthal-Hof waren?«
    »Ja.« Lottinger nickte eifrig. »Allerdings nur ein einziges Mal. An jenem Tag, als mein Sohn dich entdeckte. In gestrecktem Galopp ritten sie die Landstraße entlang, die nach Ippenheim führt. Stell dir vor, am helllichten Tag. Und das, nachdem sie sich die ganze Zeit so viel Mühe gegeben hatten, im Verborgenen zu bleiben.«
    »Das heißt, sie fanden das, was sie suchten.« Norbys Gedanken rasten, sein Kopf begann erneut zu schmerzen. Für einen Moment verschwamm alles vor ihm, doch er widerstand dem Drang, sich auf dem Tisch abzustützen. »Oder sie haben es nicht gefunden, wissen allerdings inzwischen, dass sie woanders herumstöbern müssen. Daher ihre Eile.« Er runzelte die Stirn. »Sie haben sich womöglich eine gewisse Zeit auf unserem Hof aufgehalten. Hm. Sie sind ja bereits vor Kurzem schon einmal bei uns aufgetaucht … «
    Konnte das sein? Warst du ihr Ziel?, richtete Norby die Frage stumm an sich selbst.
    Aber aus welchen Gründen? Einst ein hochrangiger Offizier, respektiert und gefürchtet, war er doch längst für niemanden mehr von Bedeutung. Er und Bernina hatten gewissermaßen in ihrer eigenen Welt gelebt. Wer konnte es auf ihn abgesehen haben? Oder spielte hier der Zufall mit, ein verhängnisvoller Zufall? Oder waren sie gar hinter Bernina her?
    »Wie dem auch sei, jetzt ist Teichdorf diese Todesknechte los«, bemerkte Lottinger. »Alle gehen jedenfalls davon aus. Man sah es an der Art, wie sie ihre Pferde antrieben. Auch daran, dass sie sich so offen zeigten.«
    »Die Landstraße nach Ippenheim?«
    »Ja.«
    »Mein Gespür sagt mir, dass das nur eine Zwischenstation ist.«
    »Niemand weiß Näheres über sie. Allein der Himmel mag ahnen, wo sie hinwollen.«
    »Freiburg«, murmelte Norby erneut, diesmal voller Überzeugung.
    »Also, ich bin einfach froh, dass sie verschwunden sind. Von mir aus können die Bastarde …«
    »Ich muss nach Ippenheim«, unterbrach Norby ihn. Er verlagerte sein Gewicht, versuchte die Wellen aus Schmerz zu ignorieren, die ihn überspülten. »Und von dort – da bin ich mir sicher – wird ihre Spur nach Freiburg führen.«
    »Falls diese Kerle überhaupt eine Spur hinterlassen.« Lottinger trat neben ihn und legte eine Hand auf seine Schulter. »Doch wie gesagt: Für dich bedeutet ein solcher Ritt eine zu große Anstrengung. Du bist schwach, du musst dich schonen.«
    Norby hörte kaum zu, blickte mit fiebrigen Augen vor sich hin. In seiner Erinnerung nahm plötzlich der Ring erneut Gestalt an, der Ring mit den Fischen. »Ich kann nicht warten«, flüsterte er. »Merkwürdige Dinge gehen vor und ich muss wissen, was dahinter steckt.«
     
    *
     
    Bücher. Schon wieder. Diesmal sehr, sehr viele, allesamt verstaubt, aber ordentlich aufgereiht, an jeder Wand ein Regal, ein wahres Labyrinth aus Wissen und Gedanken.
    Sie lag auf dem Dielenboden, roch das Holz und das Papier der vielen Seiten, ließ ihren Blick durch das Grau des lichtlosen Raumes wandern. Noch war es Nacht, doch es herrschte nicht mehr vollkommene Finsternis, auch wenn das einzige Fenster zusätzlich mit einem schweren Vorhang versehen war.
    Ein schabendes Geräusch neben ihr.
    Baldus kroch ein Stück auf sie zu, an Hand- und Fußgelenken gefesselt, genau wie sie selbst. Lederriemen hätten nicht schärfer in die Haut schneiden können als die dünnen Streifen, die man aus Leinenstoff gerissen

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