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Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Becker
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»Eine schöne Geschichte, Herr Mentiri«, merkte sie nach einer Pause an, abwartend und aufmerksam. »Wenn sie mir auch lediglich ein Ausschnitt einer größeren zu sein scheint.«
    »Herr von Mollenhauer«, korrigierte der Gastgeber mit einem amüsierten Zwinkern.
    »Warum erzählen Sie uns das alles?
    »Weil ich Geschichten liebe. Und weil ich Ihren Augen von Anfang an ablas, dass auch Sie sie lieben. Ja, dass Sie über Wissbegier und den wachen Verstand verfügen, den es braucht, um mit Wissen umgehen zu können.«
    »Hat die Geschichte mit mir zu tun?«
    Wohl mit dieser Frage rechnend, erwiderte er prompt: »Nein, ganz und gar nicht.«
    »Oder etwa mit meinem Vater, den Sie erwähnt – und mich damit ziemlich überrascht haben?«
    »Mit Robert von Falkenberg? Mir gefällt es, wie Sie denken.«
    »Bitte antworten Sie mir«, beharrte sie.
    »Nein, diese Geschichte betrifft auch Ihren Vater nicht.«
    Offen sein Blick, gelassen seine Haltung – und dennoch hätte Bernina nicht sagen können, ob er aufrichtig war.
    »Welche Herren waren das, die sich an Jan Simons wandten?«
    »Äußerst geheimnisvolle Herren, Herren ohne Namen, jedoch mit großem Einfluss.« Von Mollenhauer zuckte gleichmütig mit den Schultern.
    Dieser Mann war einfach nicht zu durchschauen und doch reizte Bernina etwas an ihm. Sie dachte an ihre düsteren Vorahnungen, in Teichdorf, dann in dem schäbigen Gasthof, Vorahnungen, die sich zu bewahrheiten schienen. Nur – was hatte von Mollenhauer damit zu tun? Was hatte er mit ihr, mit Bernina, zu tun? Wie ein Geist oder Dämon war er plötzlich mitten in ihrem Leben aufgetaucht.
    Er betrachtete sie, weiterhin amüsiert, auch seltsam grüblerisch. »Lassen Sie mich Ihnen etwas zeigen, Bernina.« Seine Hand deutete nach oben. »Falls Sie es erlauben, dass ein alter Mann wie ich Sie einfach mit dem Vornamen anspricht.«
    Bernina erhob sich. »Sie sind wirklich ein rätselhafter Herr. Aber seltsamerweise ist es Ihnen gelungen, dass meine Neugier größer ist als meine Wut auf Sie.«
    »Dann bitte ich Sie, neugierig zu bleiben. Denn die Welt hält immer wieder Staunenswertes für diejenigen bereit, die mit offenen Augen durchs Leben schreiten.«
    Erneut führte er Bernina und Baldus die Treppe hinauf ins obere Stockwerk, diesmal in einen Raum, der die Besucher noch wesentlich mehr verblüffte als das Laboratorium. Sie fanden sich in einem Ankleidezimmer wieder, wie es zu einer Dame von Rang passen würde. Nur dass hier nicht geschmackvolle Roben auf Stangen hingen, sondern allerlei Kleidungsstücke, die Männer trugen. Von vornehm bis gewöhnlich, von Samt und Seide bis hin zu einfachem Leinenstoff. Wämser, Hüte, Kniehosen, auch Halskrausen, Rüschenkragen, Schnallenschuhe, breite Gürtel, dunkle Umhänge.
    Bernina trat näher, während Baldus, ihr ebenso schweigsamer wie zuverlässiger Helfer, an der Tür verharrte. Sie sah sich um.
    Ein Sessel, ein großer quadratischer Spiegel mit Messingrahmen, ein Tischchen, auf dem viele Tiegel und Phiolen mit Pudern und Flüssigkeiten standen. Sogar Perücken, die sorgsam auf Drahtgestelle drapiert worden waren.
    Von Mollenhauer griff zu einer Phiole, zog den Korkstöpsel heraus und fing in seiner Handfläche ein wenig der darin enthaltenen Flüssigkeit auf. »Man bringe Wasser zum Kochen«, erklärte er fast singend, »füge großzügig Brombeerblättersud und drei Gramm Lauge hinzu. Ordentlich einkochen lassen.« Er schmierte sich von der dunkel schimmernden Flüssigkeit ein wenig ins Haar, das augenblicklich einen glänzend schwarzen Farbton annahm. Dann zerzauste er sich den getrimmten Bart mit ein paar raschen Handgriffen. Aus einem Tiegel entnahm er eine helle Paste, mit deren Hilfe er in Sekunden die Falten seiner Wangen verschwinden ließ. »Theaterschauspieler greifen auf dieselben Kniffe zurück«, erwähnte er und zeigte beiläufig auf eine Augenklappe, die an einer Ecke des Spiegels hing. »Sie ahnen nicht, welch verrückte Dinge dabei helfen können, sich kolossal zu verändern. Es gibt sogar Masken aus gebleichter Schweinehaut, die man sich übers Gesicht streift – und so zu einem völlig anderen wird.«
    »Es freut mich, Sie wiederzusehen, Herr Mentiri«, meinte Bernina. »Ich wusste es von Anfang an. Vielleicht noch nicht im Grünen Horn, aber spätestens in dem Moment, als Sie mir bei Tageslicht gegenübertraten. Ihre Verkleidung war hervorragend. Doch mein Gespür sagte es mir.«
    Er richtete seinen Bart. »Und ich wiederum wusste von

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