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Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Becker
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Hände verbargen, ebenso wie die Waffen ihrer Bewacher. Dann dieses Gebäude in einer toten Ecke der Stadt, umgeben von schäbigen kleinen Hütten, in denen besonders arme Leute wohnten, vielleicht Schinder oder jene Männer, die in den Morgenstunden die Latrinengruben hinter den Häusern leerten.
    Vom ersten Moment an wusste Bernina, wo sie war. Das konnte nur das Spinnhaus sein, von dem Alwine erzählt hatte. Nachdem es von erbosten Ehegattinnen gestürmt worden war, diente es nicht mehr als Bordell, sondern offenkundig als Unterschlupf für Fronwieser und seine Spießgesellen. Einzelne Bettstellen, lediglich durch Vorhänge voneinander getrennt. Alte löchrige Frauenkleider an Nägeln an der Wand, alle in Gelbtönen gehalten, eine Farbe, die in vielen Gemeinden den Huren vorbehalten war, damit sie von ehrbaren Frauen unterschieden werden konnten. Eigentlich war Prostitution verboten, stillschweigend jedoch duldeten die meisten Stadtväter sie. Schließlich sollten unverheiratete Männer wie Handwerksgesellen oder Studenten die Möglichkeit haben, sich die Hörner abzustoßen.
    Während Baldus irgendwo im Erdgeschoss eingesperrt worden war, hatte man Bernina über wackelige Stiegen in den ersten Stock gebracht: in einen engen Verschlag.
    Dort war sie unsanft zu Boden gestoßen worden. Und an jener Stelle war sie liegen geblieben, bis es dunkel wurde, Stunde um Stunde, aufgewühlt, hungrig, übermüdet, alles zugleich. Sie konnte nicht glauben, dass von Mollenhauer sie und Baldus trotz gegenteiliger Beteuerungen zum zweiten Mal Lorentz Fronwieser überlassen hatte. Von Mollenhauer schien ihr einerseits überaus freundlich zugetan, andererseits war er völlig unberechenbar. Es gibt Dinge, die bedeutender sind, hörte sie in der Erinnerung seine Stimme. Der Ausspruch war seltsam schwer in der Luft gehangen. Was hatte er damit gemeint?
    Auch Berninas Füße waren zusammengebunden. Und die Stoffstreifen, die ihre Hände auf den Rücken zwangen, waren mit einem in der Wand eingelassenen Eisenring verbunden. Sie konnte sich nur einen halben Meter fortbewegen, kriechend, wie ein gefangenes Tier. Der Verschlag war eng, muffelnde Decken lagen herum, es gab kein Fenster.
    Bernina machte sich lang, um durch die Türritze in den Nebenraum zu spähen. Das ungemachte Bett, rissige nackte Wände, ein offener Schrank, der ein Durcheinander an Kleindung offenbarte. Ein Degen lag auf dem schmutzigen Boden, zudem weitere Kleidungsstücke. Auf einem Stuhl stand eine bauchige, von Korbgeflecht umfasste Branntweinflasche. Vor dem einzigen Fenster klebte ein heller werdender Himmel. Die ersten Fetzen von Tageslicht stahlen sich ins Innere.
    Schritte erklangen, das Pochen der Krücke, die Tür des Nachbarzimmers sprang auf, Fronwieser und Alwine kamen herein. Sie warf sich aufs Bett, er griff zur Flasche und nahm einen tiefen Schluck.
    »Was für eine Nacht«, rief Alwine aus. »Endlich hatten wir wieder einmal Spaß. Vielleicht zum letzten Mal.«
    »Ja, im Horn war ganz schön was los.« Fronwieser befreite sich leicht schwankend von seinem Stiefel, dann von seinem Umhang. »Wenn die alle wüssten, dass in der Stadt bald das Höllenfeuer brennen wird, würden die nicht so laut lachen.«
    »Keine Sorge, es wird sich im Nu herumsprechen, dass Freiburg eingeschlossen ist.« Alwine zog sich die Haube vom Kopf und warf sie achtlos beiseite. Das spärliche, langsam nachwachsende Haar kam zum Vorschein.
    »Ja.« Er nickte grimmig und lehnte die Krücke gegen die Wand.
    Bernina betrachtete sein Gesicht durch die Türritze. Seine Augen waren blutunterlaufen, er war betrunken. Er schielte zu ihrem Verschlag hinüber, und wieder bekam sein Blick etwas Gieriges.
    »Worauf wartest du?«, meinte Alwine mit einem Gähnen. »Steig endlich ins Bett. Und komm bloß nicht auf die Idee, dich zu dieser Frau zu schleichen.«
    »Ich habe doch dich, meine Rose«, wehrte er ab, sein dreckiges Grinsen sprach jedoch eine andere Sprache. Auf dem einen gesunden Bein, das er noch hatte, hüpfte er zum Bett.
    »Was wollten diese Kerle vorhin schon wieder von dir?« In Alwines Stimme hatte sich eine neue Nuance gemischt, als hätte sie sich eben erst daran erinnert.
    »Welche Kerle?«
    »Das weißt du genau.« Alwine hörte sich plötzlich nicht mehr müde, sondern aufmerksam oder gar ein wenig ängstlich an.
    Fronwieser streckte die Arme aus. »Ich habe mich bloß mit denen unterhalten.«
    »Du solltest vorsichtig sein, Lorentz«, sagte die junge Frau in warnendem Ton.

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