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Die Entscheidung liegt bei dir!

Die Entscheidung liegt bei dir!

Titel: Die Entscheidung liegt bei dir! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard K. Sprenger
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sein.
    Damit reduzieren wir unsere Fähigkeiten. Aus vernetzt denkenden Menschen werden Erfüllungsgehilfen für Teilziele. Damit entsprechen wir nicht mehr unseren Möglichkeiten, sondern ausschließlich den Erwartungen anderer. Die Konsequenzen sind weitreichend: Wir kündigen innerlich. Wir leben nicht mehr unser Leben, sondern das unseres |113| »Belohners« – wir werden »bewegt«, »getätigt« oder besser gesagt: »be-tätigt«. Noch genauer: Wir
lassen
uns betätigen. Wir lassen entscheiden. Wenn uns eine Belohnung in Aussicht gestellt wird, dann erleben wir die Aufgabe als etwas, das
zwischen
uns und der Belohnung steht: ein notwendiges Übel, eine Hürde. Und die muss man möglichst schnell überwinden. Dazu tun wir dann gerade das Nötigste.
    Das Nötigste aber kann, ironisch gewendet, hochkreativ sein. Wir entwickeln zum Teil eine enorme Kreativität in eine andere Richtung: die Belohnung auf dem schnellsten Weg zu erreichen. Wir bevorzugen einfache Aufgaben und lassen komplexe, schwierige Aufgaben beiseite. Langfristige, qualitativ anspruchsvolle Problemstellungen umgehen wir. Und meiden das Risiko. Die Sache auf eine unkonventionelle Weise angehen? Neues ausprobieren? Den ausgetrampelten Pfad verlassen? Zu riskant! Je mehr wir an die Belohnung denken, desto mehr Sicherheit wollen wir.
    Hochkreativ auch solcher Art, dass Menschen, um die Belohnung zu erhalten, Ergebnisse manipulieren, zu offenkundig unmoralischen oder gar illegalen Mitteln greifen. In vielen Studien ist gezeigt worden, dass Versuchspersonen mit Blick auf die Belohnung nach dem Prinzip »Der Zweck heiligt die Mittel« zu handeln beginnen. Übergeordnete moralische Standards werden immer weniger beachtet. Eine teilweise kriminelle Energie wird freigesetzt, um sich die Belohnung zu erschleichen. Man denke nur an die Aktienoptionspläne in den Unternehmen, die geradezu dazu einladen, sich über Kursmanipulationen die eigenen Taschen zu füllen.
    Es gibt darüber hinaus eine weitere schlimme Folge: Wir entwickeln einen einseitig negativen Fehlerbegriff. Wenn Menschen für eine Belohnung aktiv werden, dann wollen sie Erfolg so schnell und so oft wie möglich. Negative Ergebnisse |114| stören dann nur. Sie werden vertuscht oder – wenn möglich – schlicht nicht zur Kenntnis genommen. Dass aber Fehler unsere einzige Lernchance sind, dass Fehler notwendige Voraussetzung für jede kreative Entwicklung sind, das wird in einem Belohnungsklima nicht anerkannt. »Stolpern fördert«, sagt Goethe – aber diese Fördermöglichkeiten bleibt ungenutzt in unseren Kindergärten, Klassenzimmern und Werkshallen. Dass wir Fehler möglichst vermeiden sollten, bleibt unbenommen. Dass wir Fehler – wenn sie denn passiert sind – als Lerngelegenheiten begrüßen sollten, aber ebenso.
    Abermals Einspruch: Sind die Menschen nicht von Natur aus faul? Abermals abgelehnt: Wenn es irgendetwas verdient, »natürlich« genannt zu werden, dann ist es unsere Suche nach Spannung, unser Streben nach Herausforderung, unsere Neugier, unser Vergnügen am Experiment, daran, sich mit Ungewöhnlichem zu befassen. Wir sind alle Spannungssucher. Alle Menschen haben ein hohes kreatives Aktionspotenzial, das nach Entfaltung drängt. Nach Lust ohne Anstrengung streben wir erst dann, wenn diese natürliche Triebfeder in uns erlahmt – wie es beim Belohnungssystem der Fall ist. Elternhaus, Schule und alle Instanzen, die junge Menschen auf das Leben in dieser Gesellschaft vorbereiten sollen, entmutigen dies durch ihr Programm »Verwöhnen«, sodass Risikofreude und Kreativität im Keim erstickt werden. Dieses Programm ist dabei extrem erfolgreich: Wenn die Menschen um uns herum normalerweise leichte Aufgaben bevorzugen, dann vor allem deshalb, weil um uns herum auch überall belohnt wird.
    »Tu dies, dann bekommst du das« führt dazu, dass sich Menschen mit mechanischer Sicherheit auf »das«, nicht auf »dies« konzentrieren. Wenn wir uns also die Frage stellen: »Motiviert Belohnung?«, dann müssen wir antworten: »Absolut!« Belohnung motiviert dazu, Belohnung zu bekommen.

|115| Ausgebrannt
    Die Wirkung des Belohnens lässt sich auf der Zeitachse etwa so zusammenfassen: Anstrengung heute – Belohnung morgen. Die Belohnung wird also oft angekündigt, mindestens aber der Möglichkeit nach in Aussicht gestellt. So hören Sie beispielsweise: »Unterwirf dich meinen Vorstellungen von einem idealen Ehepartner, dann heirate ich dich.« Sogar das Evangelium beruht auf dem, was

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