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Die Entscheidung liegt bei dir!

Die Entscheidung liegt bei dir!

Titel: Die Entscheidung liegt bei dir! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard K. Sprenger
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Erhöhung der Reizstärke die eigene Antriebsenergie nur noch ungenügend abgerufen wird, bleiben menschliche Aktionspotenziale wie Funktionslust und vor allem Kreativität und Neugier ungenutzt. Sie werden in bedenklicher Weise angestaut und produzieren Unzufriedenheit. Frustration, aggressive Langeweile, ständig steigende |105| Ansprüche und die Umleitung der Energie ins Mäkeln und Lamentieren sind die Konsequenzen der Verwöhnung. Der Nachwuchs fährt nur noch mit in den Urlaub, wenn es mindestens der Robinson Club ist. »Im vorigen Jahr hatte das Hotel aber vier Sterne. Und das Essen war auch deutlich besser.«
    Die Belohnung erzeugt – Ironie der Verhältnisse! – eine latente Quengeligkeit und Unzufriedenheit als typische Verwöhnungsfolge. Die von innen kommende Energie, die Motivation, ist seit Beginn der Erziehung durch immer neue Belohnungen nachhaltig zerstört worden. Jetzt muss die Schraube weitergedreht werden. Kaum noch jemand kommt auf die Idee, dass jemand etwas tut, weil er es tun
will
.
    Belohnung verwandelt
    Wollen in Müssen.

Neid und Missgunst
    Versetzen Sie sich einen kurzen Augenblick in Ihre Schulzeit zurück. Stellen Sie sich vor, Sie sind einer von 30 Schülern in einer Klasse. Ihr Lehrer verkündet zu Beginn des Schuljahres, dass er jeden Freitag einen kleinen Test schreiben lassen will. Der beste Schüler werde prämiert. Unter welchem Blickwinkel betrachten Sie von nun an Ihre Mitschüler? Welche Auswirkung hat ein solcher Wettbewerb auf die Zusammenarbeit der Schüler untereinander? Was werden Sie tun, wenn jemand Ihre Hilfe braucht? Wie werden sich Solidarität und Gemeinsinn in dieser Klasse entwickeln?
    Moderne Unternehmen sind um die Idee der Zusammenarbeit gebaut. Man kommt immer mehr zu der Erkenntnis, |106| dass exzellente Leistungen das Ergebnis gut funktionierender Teams sind, in denen Fähigkeiten geteilt, Wissen ausgetauscht, Fertigkeiten zusammengefügt werden. Man baut dabei auf Teams mit einem sozialen Klima, in dem die Teammitglieder sich wechselseitig stimulieren, helfen und ermutigen, ihr Bestes zu geben. Bei Stellenbesetzungen ist Teamfähigkeit daher eine der meistgesuchten Qualitäten. Gleichzeitig wird aber immer wieder geklagt, dass Schulabgänger nur zu geringen Teilen eben jene Teamfähigkeit aufweisen.
    Kann das verwundern? Im Klassenzimmer lautet eine alte und viel gehörte Botschaft: »Ich will sehen, was
du
kannst, nicht, was dein Nachbar kann.« Unser gesamtes Schulsystem basiert zu weiten Teilen auf einem individualisierten Belohnen und Bestrafen. Ob das so sein muss, ob das gut oder schlecht ist, möchte ich hier nicht diskutieren. Mein Punkt ist: Im Grunde ist das Einzige, was mich an meinem Klassenkameraden interessiert, sein Versagen. Belohnungen fördern alles Mögliche, aber nicht Zusammenarbeit und Gemeinsinn.
    Kinder werden nicht mit der Einstellung des Gegeneinander geboren, und viele entwickeln diese Einstellung auch später nicht. Wenn Sie ihnen zum Beispiel die Wahl lassen zwischen kooperativen Spielen und Wettbewerben, wählen sie nach allen vorliegenden Forschungsergebnissen mehrheitlich die Kooperation. Die Spielidee des Überbietens spricht sie nicht an. Der Impuls des Anstachelns durch Wettkampf stößt bei ihnen ins Leere. Sie spielen lieber miteinander.
    Wettbewerbe haben noch einen weiteren gravierenden Einfluss auf die Gemeinschaft. Sie produzieren nur allzuoft Neid und Missgunst. Die Klagen über Ungleichbehandlung oder die Bevorzugung von »Lieblingen« sprechen eine beredte Sprache. Sie zerstören eine vertrauensvolle Beziehung zwischen |107| den Menschen und damit die wesentliche Voraussetzung für Lernerfolg und Leistung. Belohnung macht Menschen zu Rivalen, bringt sie in ein Wettbewerbsverhältnis, in dem der Erfolg des einen die Niederlage des anderen bedeutet. Wenn man einen belohnt, bestraft man indirekt alle anderen. Und Wettbewerbe produzieren immer mehr Verlierer als Gewinner. Um es noch einmal deutlich zu sagen:
    Vertrauen und Wettbewerb
    schließen sich aus.
    Es ist unmöglich, unter Wettbewerbsbedingungen entspannte und gegenseitig sich fördernde Beziehungen aufzubauen. Die verfügbaren Untersuchungen zu diesem Thema stützen das: Kinder, deren Eltern mit Belohnungen motivieren, zeigen sich im Durchschnitt deutlich weniger kooperativ als Kinder, deren Eltern das nicht tun.
    Jemand, der Kinder erzieht, wird ein Klima schaffen wollen, in dem das Kind sich sicher fühlt und um Hilfe bittet, wenn Probleme auftauchen.

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