Die Entscheidung liegt bei dir!
über
das eigene Leben ist die
wichtigste Voraussetzung für
körperliche und seelische Gesundheit.
|118| Insbesondere sagt die Forschung, dass Menschen, die sich unabhängig, frei, selbstbestimmt erleben und das Gefühl haben, ihr Leben selbst zu kontrollieren, deutlich weniger krank werden.
Einige wählen einen radikalen Weg, sich zu retten. Sie »steigen aus«, verlassen das Räderwerk – nicht selten vom Neid der anderen begleitet. Sie begeben sich auf ihren eigenen Weg, verlassen den ausgetretenen Pfad. Sie nehmen ihr Leben wieder in die Hand. Die warnenden Stimmen, die sie begleiten, klingen besorgt und wohlmeinend, sind jedoch ebenso oft von Missgunst gefärbt und von der Notwendigkeit getrübt, das eigene Leben zu rechtfertigen, mindestens aber nicht infrage stellen zu müssen. Da gibt es Horrorszenarien in Fülle: Man sieht sich schon »in der Gosse liegen«, mit letzter Kraft den Rinnstein hochziehen, »am Hungertuch nagen«, die Brotkrumen aufsammeln, die vom Tisch der Reichen und Satten herunterfallen … Es erfordert schon einigen Mut und viel Selbst-Vertrauen, aus der Drogenszene auszusteigen und die Kontrolle wieder zu übernehmen.
Aber wenn die Motivierung der selbst verschuldete Weg aus den Zumutungen der Selbstverantwortung ist, dann ist dieser Weg auch wieder umkehrbar. Langfristig erfolgreich werden nur jene Menschen sein,
die tun, was sie tun
– ohne auf weitere Anreize zu warten. Für die das
Ergebnis
ihrer Arbeit Bedeutung hat und nicht die möglicherweise darauf folgende Belohnung. Die etwas tun, weil es »ihre Sache« ist. Dem steht jedoch etwas im Weg, das im Kinderzimmer, im Klassenraum und am Arbeitsplatz das Siegel des zweifelsfrei »Guten« trägt, aber auf besonders tückische Weise genau dieses »Gute« verfehlt: das Lob.
|119| Der Sirenengesang des Lobens
Verhängnisvolles Lob
Wenn wir etwas geleistet haben und ein anderer sagt, dass er es gut findet, dann freut uns das in der Regel. Wir fühlen uns anerkannt und haben mehr Lust und Mut, so weiterzumachen. Sagt der andere nie etwas, fehlt uns etwas – zum Beispiel bei der Arbeit: »Egal wie du dich hier einsetzt, nie hörst du mal ein lobendes Wort; wenn aber mal was danebengeht, ist sofort die Hölle los.« Oder die Tochter: »Mama, merkst du eigentlich, wie oft du mit mir schimpfst, aber nie sagst, was ich gut gemacht habe?« Loben ist daher »in« – in der Erziehung seit jeher. Auf Autoaufklebern steht: »Hast du heute schon dein Kind gelobt?« Das Loben gilt aber auch unter Erwachsenen als besonders humane, »mitmenschliche« Form des Miteinanderumgehens. Die Worte des Rheinländers Konrad Henkel – »Lorbeer gehört nicht auf den Kopf, sondern in den Sauerbraten« – verhallten jedenfalls ungehört.
Zugegeben: Viele Menschen spüren schmerzlich ein Aufmerksamkeitsdefizit. Aber spüren sie auch ein Lob-Defizit? Skepsis ist angebracht. Denn Loben ist bei genauerem Hinsehen ein sehr zwiespältiges, tückisches Verhalten, dessen verhängnisvolle Wirkung nicht sofort zutage tritt. Es schadet aber – und das ist meine These – unserem Selbstwertgefühl |120| langfristig eher, als es nützt. Weil es urteilt: Auch wenn es positiv ist, kommt das Urteil »von oben«. Weil es leer ist: Wir erfahren selten etwas Substanzielles. Weil es verführt: entweder zur Selbstüberschätzung oder zu falscher Bescheidenheit. Weil es schwächt: Ohne gelobt zu werden, fehlt vielen der Antrieb. Weil es manipuliert: Andere entscheiden für uns, was gut und richtig ist. Weil es erniedrigt: Wir werden gelobt wie Kinder – und wir können uns nicht einmal wehren.
Das alles ist näher zu erläutern. Wobei ich Sie gerade in diesem Kapitel nachdrücklich einlade, zunächst einmal das Argument für einige Augenblicke zuzulassen und nicht sofort zu bewerten. Erfahrungsgemäß reagieren viele Menschen beim Thema »Lob« besonders sensibel.
Lob gegen Leistung
Dem Loben ist immer ein Bewertungsvorgang vorausgegangen, der sich auf eine Leistung oder ein Verhalten bezieht, also nicht eigentlich auf die Person als solche, sondern auf etwas, das die Person
gemacht
hat. Es trägt daher deutlich erkennbar einen
Tauschcharakter:
Lob gegen Leistung.
Viele Eltern, Lehrer und Chefs bewahren daher Lob wie in einer Konserve auf, um es bei »Bedarf« herauszuholen – dann nämlich, wenn man etwas »Außerplanmäßiges« erwartet und dafür das Lob gleichsam »in Zahlung« gibt. Auch Prämien werden ja »ausgelobt«.
Das damit eng zusammenhängende
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