Die Entscheidung
das Gefühl des heißen Wassers auf ihrer nackten Kopfhaut war extrem ungewohnt. Dennoch war sie rundum zufrieden. Darrek war zwar am Morgen so unausstehlich wie immer gewesen, aber trotzdem war sie sich sicher, dass etwas Besonderes zwischen ihnen vorgefallen war.
Als sie fröhlich summend aus der Dusche trat, musste sie zu ihrer Verwirrung feststellen, dass Darrek den Rucksack ins Bad gestellt hatte. Durch das Milchglas der Scheiben konnte er zwar nicht viel gesehen haben, aber es ärgerte Laney trotzdem, dass sie ihn nicht bemerkt hatte.
Sie schlang ein Handtuch um ihren Körper und griff dann nach dem Rucksack. Sofort fiel ihr ein Zettel auf, den Darrek halb in den Reißverschluss eingeklemmt hatte. Eine böse Vorahnung überkam sie und sie faltete das Papier schnell auseinander. Ihre gute Laune verschwand augenblicklich.
Tut mir leid, Laney.
Aber wir werden nicht zurück zum Dorf gehen.
Die Outlaws müssen für das zahlen, was sie dir angetan haben. Denn sie haben deine Ehre verletzt und somit auch meine. Sie wussten, dass du unter meinem Schutz stehst, und haben dir trotzdem ein Leid zugefügt.
Ich bin los, um das Auto vom Parkplatz zu holen, und werde spätestens in zwei Stunden wieder hier sein. Ich musste dich einsperren, weil du sonst sicher eine Dummheit begangen hättest.
Schreien wird dir nichts nützen. Ich habe die Wirtin überzeugen können, dass du wegen der Unterkühlung unter Wahnvorstellungen leidest und deswegen möglicherweise Krach veranstalten wirst. Dank meiner Versicherungen, dich sofort ins Krankenhaus zu bringen, wird sie auf dein Theater nicht reagieren. Spar dir also lieber die Mühe.
Bis später.
Darrek.
Laney zerknüllte das Papier und rüttelte an der Badezimmertür. Sie war verschlossen. Darrek hatte also nicht nur den Rucksack hineingestellt, sondern auch den Schlüssel rausgezogen, um von außen alles zu verriegeln. Warum nur hatte Laney nicht selbst von innen abgeschlossen? Es wäre ein Leichtes gewesen. Aber sie hatte den Fehler begangen, Darrek zu vertrauen.
Frustriert stieß sie einen spitzen Schrei aus und schlug dann gegen die Tür.
„Hilfe!“, rief sie. „Ist da jemand? Hilfe. Lassen Sie mich hier raus.“
Immer wieder trat sie gegen die Tür. Aber Darrek musste zusätzlich einen Stuhl unter die Klinke gestellt haben. Vielleicht stand auch eine ganze Kommode davor. Denn die Tür ließ sich partout nicht bewegen.
„Darrek!“, rief Laney, obwohl ihr bewusst war, dass er sie nicht hören konnte. „Das werde ich dir heimzahlen, Darrek. Das wirst du bezahlen.“
„Wir laufen im Kreis“, stellte Liliana frustriert fest. „Darrek verarscht uns doch.“
Raika zog eine Braue nach oben und stemmte die Arme in die Hüften.
„Also wirklich, Liliana. Diese Wortwahl ist unangebracht.“
„Es ist mir scheißegal, ob meine Wortwahl unangebracht ist. Wenn ich mich nun mal verarscht fühle, dann sage ich das auch.“
Seit einer gefühlten Ewigkeit durchstreiften sie nun schon die Felslandschaften im Süden. Da sie sich nicht auf die Gabe von Alain verlassen konnten, hatten sie beschlossen, das Land systematisch zu durchsuchen. Sie hatten auf ihrer Reise viele Menschen befragt, aber die meisten wussten nichts von einem einsamen Dorf in den Bergen. Es gab zwar Gerüchte und Geschichten, aber nichts Konkretes. Es schien, als wäre das Dorf der Aussätzigen tatsächlich eine Art Geisterstadt, die noch nie jemand gesehen hatte und die ihren Standort nach Belieben ändern konnte.
„Wenn wir verzweifeln, dann werden wir Darrek nie finden“, erklärte Raika und ließ sich elegant auf einen Felsen sinken. Sie wirkte dabei so hoheitlich und gefasst, als handelte es sich um einen Thron. „Glaub mir, Liliana. Mir macht es auch keinen Spaß, ziellos durch diese Felsenlandschaft zu spazieren. Aber alle, die wissen, wo sich das Dorf befindet, schlafen im Moment. Und eigentlich sollte es ja nicht so schwierig sein, einen Haufen Aussätziger zu finden.“
Liliana warf der Vertreterin der Ältesten einen bösen Blick zu und verfluchte Akima zum wiederholten Mal dafür, dass sie ihr Raika auf den Hals gehetzt hatte. Dank ihrer Gabe wussten sie zwar jetzt, dass sich Darrek immer noch in Island aufhielt. Aber das half ihnen noch immer nicht, ihn zu finden. Und Raikas Anwesenheit war Liliana ein ständiger Dorn im Auge. Noemis Tochter mochte zwar eine gute Repräsentantin der Ältesten sein, aber sie war absolut ungeeignet für Exkursionen in die Wildnis. Bei jedem Schritt schien
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