Die Entscheidung
eines Feuers kann Neues entstehen.“
„Du bist auch nicht besser, Gandolf“, stellte Johanna fest und verließ dann das Heiligtum, um sich in ihrem Haus zu verschanzen.
Draußen sah sie, dass Swana sich bereits freiwillig auf dem Opferstein positioniert hatte. Der Dämon würde sehr bald kommen. Tränen traten Johanna in die Augen, als sie daran dachte. So viel Tod. So viel Verlust. Und wofür? Damit der Dämon sich ernähren konnte. Genauso mussten sich die Menschen gefühlt haben, wann immer sie von Warmblütern überfallen wurden. Und zum ersten Mal in ihrem langen Leben bekam Johanna Zweifel, ob ihr Volk vor langer Zeit den richtigen Lebensweg gewählt hatte. Laney trank kein Menschenblut. Und vielleicht war das auf die Dauer gesehen doch der richtige Weg, weil er Zukunft hatte.
Sollten sie es jemals schaffen, der Tyrannei des Dämons zu entkommen, dann würde Johanna diese Idee dem Rat vortragen. Doch diesen Tag würde sie vermutlich gar nicht mehr erleben.
Swanas Herz klopfte wie verrückt, während sie auf dem Stein lag und in den Himmel sah. Anisia hatte ihr ein Beruhigungsmittel angeboten, aber sie hatte abgelehnt. Sie wollte einen klaren Kopf haben, um mitzubekommen, was die anderen taten. Der Plan war sehr vage. Und absolut alles konnte schiefgehen. Wenn der Dämon nur zu einem Zeitpunkt anders reagierte als geplant, und das würde er wahrscheinlich, dann waren sie alle dem Tode geweiht.
Swana konnte das eigentlich egal sein. Sie hatte ohnehin schon mit ihrem Leben abgeschlossen und betete nur noch dafür, dass Janish Mady zu Laney hatte bringen können. Denn egal wie wütend Darrek war, er würde Laney keinen Säugling aus den Armen reißen.
Oder etwa doch? Swana kannte Darrek zu wenig, um das einzuschätzen. Aber sie hoffte, dass es nicht so war. Denn solange Mady überlebte, hatte sich die Aktion auf jeden Fall gelohnt. Swana wusste, dass es egoistisch war so zu denken. Sie war bereit ihr gesamtes Dorf, inklusive anderer Kinder, zu opfern, nur um Mady zu retten. Das war weder fair noch gerechtfertigt. Aber Swana konnte nicht anders. Und die anderen jungen Leute hatten beschlossen, sie darin zu unterstützen. Nicht wegen Mady, sondern weil sie sich alle schon seit langem wünschten, dem Dämon endlich mal eins auszuwischen. Jeder von ihnen hatte Angehörige verloren. Kein Kind im Dorf war sicher. Und das würde für immer so bleiben, wenn sie nicht kämpften. Ob mit oder ohne Darrek. Sie mussten es zumindest versuchen.
„Er wird uns alle umbringen“, sagte Iolani ruhig.
Es klang nicht wie eine Drohung, sondern wie eine einfache Feststellung. Trotzdem ärgerte sich Einar darüber. Sie waren sich alle einig gewesen, dass der Dämon bekämpft werden musste. Äußerungen wie diese konnten die Stimmung nur verschlechtern.
„Sehr aufbauend, Iolani“, gab er zurück. „Danke schön.“
Sie zuckte mit den Schultern.
„Ich sagʼs ja nur. Das heißt ja nicht, dass ich kneifen will.“
Zustimmendes Gemurmel kam von den anderen Jungvampiren hinter ihnen und Einar sah sie dankbar an. Jeder Einzelne von ihnen war bereit, sein Leben zu opfern. Nicht für ihn. Nicht für Swana und auch nicht für Mady, sondern dafür, dem verdammten Dämon endlich einmal zu zeigen, dass sie nicht bloß Marionetten waren, die er von A nach B verschieben konnte.
Sie befanden sich in Viktorias Haus, von wo aus man den Opferstein wunderbar beobachten konnte. Swana war unglaublich tapfer. Sie hatte sich in den letzten Stunden kein einziges Mal bewegt, obwohl sie schreckliche Angst verspüren musste. Einar war klar, dass er seine kleine Schwester in dieser Nacht wahrscheinlich verlieren würde. Aber wenn es sich einrichten ließ, dann würde er ihr auf dem Fuße folgen. Von allen Vampiren in diesem verdammten Dorf war Swana mit Abstand diejenige, die ihm am nächsten stand. Als Kinder hatten sie sich gegenseitig die Nähe und Zuneigung gegeben, die die Erwachsenen ihnen, aus Angst davor sie zu verlieren, vorenthalten hatten. Und Swana hatte diese Zuneigung an Mady weitergegeben. Zumindest würden sie dadurch nicht ganz umsonst sterben.
Als der Mond oben am Himmel stand, wusste Einar, dass die Zeit gekommen war. Er drehte sich zu den jungen Vampiren um, mit denen er sein ganzes Leben verbracht hatte und die er nun wahrscheinlich zum Tode verurteilte. Er blickte von einem bekannten Gesicht zum nächsten. Es war eine Gruppe von vielleicht zwanzig Jungvampiren. Einige wirkten nervös und ängstlich, aber alle schienen
Weitere Kostenlose Bücher