Die Entscheidung
um. Die Dorfbewohner reagierten zwar noch auf seine Gabe, wurden aber von Darrek jedes Mal wieder erlöst. Als dem Monster klar wurde, dass er verloren hatte, sprang er auf und erhob sich in die Lüfte. Doch bevor er auch nur drei Meter hoch gekommen war, surrte ein Pfeil durch die Luft. Der Dämon versuchte auszuweichen, sodass der Pfeil ihn nur in der Schulter traf. Doch ein weiterer Pfeil wurde abgeschossen. Und dann noch einer und noch einer.
„Holt ihn vom Himmel“, rief Darrek und erntete damit begeisterte Zustimmungsrufe.
Jeder Dorfbewohner griff sich irgendetwas, womit er werfen konnte, und einige übten sich mit den Seilen im Lassowerfen. Innerhalb weniger Sekunden hatten sie den Dämon wieder am Boden und fielen über ihn her. Blut spritzte nach allen Seiten und die Dorfbewohner rissen das Monstrum buchstäblich in Stücke. Jeder hatte das Gefühl, dem Wilden heimzahlen zu müssen, was er dem Dorf angetan hatte. Zwanzig Jahre voller Terror und Unterdrückung waren einfach zu viel gewesen. Der Hass und die Verzweiflung entluden sich in diesem Gewaltausbruch und ließen bei seinem Tod nichts als Erleichterung und Jubel zurück.
Laney wandte unangenehm berührt den Blick ab, aber Darrek drehte sie wieder herum.
„Sieh dir das ruhig an, Prinzessin“, verlangte er. „Du hast zu diesem Gemetzel beigetragen. Der Dämon ist tot. Das ist es doch, was du wolltest, oder?“
„Ja, schon“, gab Laney zu. „Aber ich …“
„Du bist wie ein Mensch, der dagegen ist Raubtiere zu töten, aber sich dann beschwert, wenn ein Bär sein Kind auffrisst.“
Verständnislos schüttelte Darrek den Kopf.
„Du hast im Grunde keine Ahnung, was du willst, Laney.“
„Laney“, ertönte in diesem Moment Swanas verzweifelte Stimme. „Laney. Einar und Haldor verbluten.“
Sofort wandte sie sich von Darrek ab.
„Du irrst dich“, sagte sie im Weggehen. „Ich weiß, was ich will. Ich will heilen, um diese Welt zu einem besseren Ort zu machen. Ich verabscheue Gewalt. Aber ich weiß, dass sie manchmal notwendig ist. Und wenn diese Einstellung lächerlich ist, dann ist mir das egal. Denn es ist meine Einstellung und ich stehe dazu.“
Dann rannte sie zu den Verletzten und wandte den Dorfbewohnern und den Überresten des Dämons endgültig den Rücken zu.
Kapitel 37
Die Vision
Als Laney bei den Verletzten ankam, wusste sie nicht, wem sie sich zuerst zuwenden sollte. Beide Männer hatten schwere Verletzungen. Haldors Bauch war aufgeschlitzt und Einar konnte kaum atmen, weil der Dämon ihm eine schwere Halswunde zugefügt hatte. Doch Anisia leistete erstklassige Arbeit. Die Dorfbewohner halfen dabei, die Schwerverletzten ins Labor zu bringen, wo mehr Ruhe und Licht war, um sie zu versorgen. Nachdem Anisia Iolanis Verletzungen gesäubert und sie in Heilschlaf versetzt hatte, kümmerte sie sich auch um Einar und Haldor. Laney war es gewohnt unter Hektik zu arbeiten, aber Anisia hatte dank ihrer Gabe einen bedeutenden Vorteil.
„Ich habe so etwas noch nie gesehen“, gab Laney zu, während sie Haldors Wunden zunähte. „Unter normalen Umständen hätte mindestens einer der drei Verwundeten nicht überlebt. Aber dank Anisias Gabe beginnen sie bereits wieder zu heilen. Das ist wirklich beeindruckend.“
Swana nickte abwesend.
„Ja. Sie ist einfach wunderbar“, gab sie zurück und sah unsicher hin und her.
Sie hielt Mady im Arm, die Janish ihr vor einigen Minuten zurück gebracht hatte. Sie schien sich nicht entscheiden zu können, ob sie an Haldors Bett stehen bleiben oder lieber zu Einar hinübergehen sollte. Laney berührte mitfühlend ihren Arm.
„Sollen wir Haldors Bett näher zu Einar schieben, damit du beiden nahe sein kannst?“, fragte sie und erntete dafür ein strahlendes Lächeln.
„Ginge das?“, fragte Swana überglücklich. „Das wäre ja wunderbar.“
Laney lächelte zurück und schob das Bett zu Einar hinüber. Sie konnte sich vorstellen, dass es schwierig sein musste, eine Entscheidung zwischen dem eigenen Bruder und dem Vater des eigenen Kindes zu treffen.
„Das war eine sehr gute Idee“, pflichtete Anisia ihr bei.
Sie hatte bereits Freia und alle anderen versorgt, die kleinere Verletzungen hatten. Und das mit einer Schnelligkeit und Leichtigkeit, die Laney beeindruckte.
„Warum hast du dich eigentlich damals nicht um Georges Verletzungen gekümmert?“, fragte sie neugierig. „Du wärst dafür doch ganz offensichtlich besser geeignet gewesen als ich.“
„Oh. Mach dich nicht
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