Die Epidemie - Teil 1
töten, sondern wollte ihn lediglich dazu bringen, endlich seinen Mund zu halten. Ich war mir durchaus bewusst, dass er ohnehin schon längst tot war. Diese Verletzungen konnte keiner überleben. Einzig und allein die Gier nach meinem Fleisch trieb ihn noch voran.
Nichtsdestotrotz haderte ich mit dem Gedanken, auf ihn einzuschlagen. Ich hatte Bedenken und Fragen schossen durch meinen Kopf. Durfte ich einen Infizierten töten, um mein eigenes Leben zu schützen?
Ich versuchte, diese Gedanken auszublenden und ging auf den kriechenden Leichnam zu. Mittlerweile hatte er schon fast drei Schritte zurückgelegt. Nicht nur sein Blut, sondern auch die aus dem offenen Leib herausgerutschten Innereien zeichneten seinen Weg auf dem kalten Boden.
Bettelnd streckte er erneut seine Hände nach mir aus, um nach mir zu greifen. Ich umgriff meine Waffe noch stärker, hielt meinen Atem an und schlug auf seinen Kopf ein.
Föders obere Körperhälfte sackte in sich zusammen und blieb auf der Stelle liegen. Erleichtert pustete ich die angehaltene Luft wieder heraus, doch zur gleichen Zeit war ich von meiner eigenen Gewaltbereitschaft schockiert. Doch es musste sein.
Plötzlich hörte ich mehrere Stimmen aus unterschiedlichen Richtungen. Zu den Stimmen, die immer näher kamen und an Intensität gewannen, gesellten sich Schritte.
Ich dachte sofort an den Vorfall im zwölften Stockwerk. Ob es die gleichen waren, die an meine Bürotür gehämmert hatten und mir an die Haut wollten?
Die Hälfte meines Weges hatte ich hinter mich gebracht und ich wusste, dass ich die nächsten sechs Stockwerke nicht ohne Kampf bewältigen konnte.
In diesem Moment nahm ich rechts von mir in einem anderen Gang eine Bewegung wahr. Die Glastür zu diesem Gang stand offen, die Glasscheibe war zerstört und überall auf dem Boden lagen Splitter herum. Schnell rannte ich zur Wendeltreppe, um mich wieder auf den Weg nach unten zu begeben. Ich blickte nochmal zurück nach oben.
Es war furchtbar!
Ich sah mehrere Hände, die sich am Treppengeländer festhielten. Es waren mehrere Personen, die sich mir mit jeder Stufe näherten. Plötzlich lehnte sich eine Gestalt über das Geländer und blickte mit ihren leeren Augen nach unten. Unsere Blicke trafen sich. Sie schrie entsetzlich. Ich schluckte und zitterte am ganzen Körper.
Hinter mir hörte ich Glassplitter knirschen und dieses Geräusch durchfuhr mich bis ins Mark. In der Tür stand eine Frau mittleren Alters. Ihre weiße Bluse war blutdurchtränkt.
Für den Bruchteil einer Sekunde sahen wir uns genau in die Augen, bevor sie ihren Arm nach mir ausstreckte und mit greller, hoher Stimme aufschrie.
Ich rannte mit dem Stab in der Hand los. Ich brauchte etwas, womit ich mich zur Wehr setzen konnte, auch wenn es meine Flucht erschwerte.Weder meine Tasche noch die zwei Wasserflaschen hätten etwas ausrichten können.
Die Frau schrie immer wilder und ich wusste, ohne mich umzudrehen, dass sie meine Verfolgung aufgenommen hatte.
Auch die anderen Verfolger, die von ihrem Gebrüll angezogen wurden, gaben unverständliche Laute von sich. Ich rannte um mein Leben.
Da ich immer noch barfuß war, waren meine Schritte nicht zu hören. Doch die Frau in meinem Rücken machte einen schrecklichen Lärm. Das Klackern ihrer hohen Schuhe beim Herunterlaufen der Betontreppe schallte durch das ganze Gebäude.
Auch auf der Treppe lagen überall kleine Trümmer- und Splitterteile und ich musste aufpassen, dass ich nicht hinein trat. Jede noch so kleine Verletzung hätte meine Flucht gefährdet und mich mein Leben kosten können.
Plötzlich hörte ich ein dumpfes Krachen. Ich riskierte einen kurzen Blick zurück und sah wie die Frau die Treppe herunterstürzte. Es war eine Genugtuung.
In meiner Hast hatte ich zwei weitere Stockwerke hinter mich gebracht. Der Sturz und der mir dadurch geschenkte Vorsprung erleichterten mich und ein kleines Lächeln zeichnete sich auf meinen Lippen ab .
Die Erleichterung hielt aber nicht lange an. Zu meinem Schrecken kamen die Kreaturen nicht nur von oben.
Als ich mich wieder umdrehte und weiterlaufen wollte, stand ein glatzköpfiger Mann vor mir. Sein linker Arm war gebrochen und sein Knochen schaute aus aus seinem roten Hemd heraus.
Die Schmerzen bereiteten ihm augenscheinlich keine Probleme, denn er zog seinen halb abgerissenen Arm einfach hinter sich her, ungeachtet dessen, ob er an die Wand oder das Geländer stieß.
Sein Gesicht und vor allem die Mundregion waren blutverschmiert und ich
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