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Die Erben

Die Erben

Titel: Die Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Golding
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alte Steig der Gefährten die Lichtung verließ.
    Die Stämme gingen nicht zurück zum Fluß, sie kamen zum Berg. Er suchte nach einem neuen Bild, das sich diesem anschloß, aber vergebens; und dann war sein Kopf wieder Loks Kopf und ohne Bilder.
    Tuami schlug auf den Baum ein, nicht unten am Stamm, sondern oben am dünnen Ende, wo die Arme herauswuchsen. Lok hörte es am Klang. Er hörte auch den Alten. »A-ho! A-ho!«
    Der Stamm kroch den Steig entlang. Er ritt auf anderen Stämmen, auf runden Hölzern, die in die weiche Erde einsanken, daß die Neuen keuchten und schrien in ihrer Erschöpfung und Angst. Der Alte mühte sich mehr ab als alle anderen, obwohl er den Stamm nicht berührte. Er lief umher, gab Befehle, feuerte an, machte die Bewegungen der anderen nach, keuchte mit ihnen; und seine hohe Vogelstimme schrie ohne Unterlaß. Die Frauen und Tanakil packten zu beiden Seiten des hohlen Stammes an, und sogar die dicke Frau schob am hinteren Ende mit. In dem Baum selbst war nur ein einziges lebendes Wesen: das Junge; es stand aufrecht in der Höhlung, hielt sich am oberen Rand fest und blickte aus großen Augen über die aufgeregte Geschäftigkeit hin.
    Tuami trat, ein großes Stück des umgestürzten Baumstamms nachschleifend, aus dem Wald heraus zurück auf den Steig. Hier, wo der Boden nicht mehr gestrüppverwachsen war, begann er es dem hohlen Stamm entgegenzurollen. Die Frauen gruppierten sich vorn um die starrenden Augen, hoben an und zogen, und der Stamm glitt leicht auf dem Baumstück über den weichen Boden dahin. Die Augen senkten sich, und Strauchkopf und Tuami kamen von hinten mit einem kleineren, runden Holz, so daß der Stamm nie die Erde berührte. Es war ein rastloses Hin und Her, ein Gewimmel, das Lok an Bienen gemahnte, die vor einer Felsspalte umherschwirren; ein offenbar sinnloses Hasten, hinter dem jedoch ein verzweifelter Wille stehen mußte. Der Stamm bewegte sich den Steig entlang auf Lok zu, und das Junge darinnen schwankte und hüpfte auf und nieder und quäkte ab und zu, doch hielt es meist den Blick auf den nächststehenden oder geschäftigsten der neuen Gefährten gerichtet. Von Liku war nirgends ein Anzeichen zu sehen; aber in einem Aufzucken seines neuen Mal-Denkens erinnerte sich Lok, daß es noch einen zweiten Stamm gab und viele Bündel. So wie das Junge nur schauende Augen war, verfolgte auch Lok gebannt das Näherkommen des Stammes und der neuen Gefährten gleich jemandem, der, die heranwogende Flut beobachtend, bisweilen erst daran denkt, zurückzuspringen, wenn ihm die Gischt schon um die Füße spült. Erst als sie so nahe waren, daß er schon sehen konnte, wie das Gras sich vor den runden Hölzern neigte, fiel ihm wieder ein, daß die Neuen gefährlich waren, und er eilte davon in den Wald hinein. Er verhielt, als er sie nicht mehr sehen, wohl aber noch hören konnte. Die Frauen, die den Stamm schoben, schrien vor Anstrengung, und der Alte wurde heiser. Lok spürte so viele Gefühle in seinem Innern, daß er nicht mehr ein noch aus wußte. Er fürchtete sich vor den Neuen und hatte doch Mitleid mit ihnen wie mit einer Frau, die krank ist. Er tappte unter den Bäumen umher, suchte gedankenlos nach Nahrung, und es war ihm gleich, ob er etwas fand oder nicht. Die Bilder verblaßten erneut in seinem Kopf, und er war wieder nur mehr ein tiefer Quelltümpel, aus dem ein Gefühl hervorbrach, das er weder erfassen noch aber auch verleugnen konnte. Er glaubte zuerst, er sei hungrig, und stopfte alles Erreichbare in sich hinein. Da ertappte er sich auf einmal dabei, daß er junge Zweige hinunterschlang, die säuerlich und gehaltlos waren unter ihrer glitschigen Rinde. Er würgte und rülpste, und dann kauerte er auf allen vieren und gab die Zweige wieder von sich. Das Lärmen der Neuen ließ ein wenig nach, bis er nur noch die Stimme des Alten hörte, wenn sie bei einem Befehl oder vor Zorn zum Schrei anschwoll. Hier unten, wo der Wald zu Sumpf wurde und der Himmel sich öffnete über Büschen, vereinzelten Weiden und Wasser, war dies das einzige Zeichen ihrer Anwesenheit. Die Holztauben schnatterten, gänzlich von der Gattensuche in Anspruch genommen; nichts hatte sich verändert, nicht einmal der große Ast, auf dem ein rothaariges Kind geschaukelt hatte und gelacht. Alles schwelgte und gedieh in warmer Windstille. Lok richtete sich auf und tappte am Sumpf entlang dem Bracktümpel entgegen, in dem Fas Fährte verschwunden war. Mal zu sein machte stolz, und Mal zu sein war auch

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