Die Erben der alten Zeit - Das Amulett (Die Erben der alten Zeit - Trilogie) (German Edition)
Trollspiegel die Zukunft? Warum haben wir dann beide etwas Verschiedenes gesehen?« Andvare nickte langsam. Er stützte sich schwer auf seinen krummen Stock.
»Ja«, sagte er dann ruhig. »Der Trollspiegel zeigt uns die Zukunft, und er zeigt sie auch wieder nicht.« Charlie, Kunar und Tora sahen den alten Elfen verständnislos an. Wie konnte der Spiegel ihnen die Zukunft zeigen und dann doch wieder nicht? Andvare nickte mit seinem schrumpeligen Kopf auf und ab.
»Der Spiegel zeigt uns eine mögliche Zukunft«, sagte Biarn ernst. Der alte Elf nickte.
»So ist es. Alles was der Spiegel zeigt, ist möglich. Man kann die Zukunft nicht exakt voraussagen, denn sie hängt von viel zu vielen Faktoren ab«, erklärte Andvare. »Die mögliche Zukunft, die der Spiegel zeigt, beruht auf Hoffnungen und Ängsten, Wissen und Vermögen des Betrachters. Die Zukunft ist veränderbar. Wir alle formen mit unseren Taten den Weg, der vor uns liegt. Handeln wir oder verhalten wir uns abwartend? Die Zukunft hängt genau davon ab. Die Zukunft ist veränderbar«, wiederholte der uralte Elf. »Sie ist nicht von vornherein festgelegt und somit auch nicht voraussehbar.« Alle schwiegen eine Weile.
»Dann muss Hanna also nicht unbedingt sterben, nur weil ich es im Spiegel gesehen habe«, versuchte Kunar zu begreifen. »Es wäre also auch möglich, dass Charlie das Richtige gesehen hat. Was ist das Richtige?«, fragte er dann.
Andvare hob die weißen, buschigen Augenbrauen.
»Viele haben geglaubt, durch ihr Handeln das Richtige zu tun und durch ihre Taten doch eine Katastrophe ausgelöst. Andere folgten ihrer Intuition und erreichten in ihren Augen etwas Gutes. Was für den einen gut ist, kann für den anderen schlecht sein. Wie soll also ich beurteilen, was das Richtige ist?« Biarn nickte. Seine Hand ruhte immer noch auf Toras Schulter, die nun um einiges entspannter wirkte.
»Wahrscheinlich hat keiner von beiden die wahre Zukunft gesehen«, sagte Tora plötzlich.
»Ja, ganz richtig.« Andvare nickte zustimmend. »Es waren lediglich zwei mögliche Varianten der Zukunft.« Charlie blickte skeptisch drein.
»Wozu gibt es dann den Trollspiegel überhaupt?«, fragte sie leicht irritiert. »Ich meine, wenn er nicht die Zukunft zeigt, wozu soll ich dann hinein sehen?«, fügte sie entschuldigend hinzu, denn sowohl Biarn als auch Andvare hatten sie seltsam prüfend angesehen.
»Wenn der Spiegel doch nur meine Ängste oder Hoffnungen wiedergibt und daraus eine mögliche Zukunft formt, was bringt mir das dann? … Ja gut«, überlegte sie weiter. »Er zeigt die Zukunft außerdem noch nach Wissen und Vermögen des Betrachters...« Charlie legte ihre Stirn in Falten und blies sich eine schwarze Locke aus dem Gesicht.
»Heißt das, ich sehe möglicherweise eine Zukunft, die ich mit meinem Wissen formen kann, solange ich meine Ängste irgendwie in den Griff bekomme?« Andvare schien Charlie in einem neuen Licht zu entdecken. Sein Blick verriet Neugierde und… war es Achtung? Biarn lachte laut auf.
»Nicht übel!«, sagte er anerkennend. »Gar nicht übel! Ältere und weisere Frauen und Männer haben länger gebraucht, um diese Möglichkeit des Spiegels zu erkennen.« Sein Blick verriet Stolz, doch Charlie bemerkte es kaum. Ihre Gedanken wirbelten in ihrem Kopf umher.
»Ich habe eine Art Ereignis gesehen«, sagte sie in Gedanken versunken. »Es schien eine Art Wettbewerb zu sein. Hunderte von Teilnehmern, manche zu Fuß und andere auf seltsamen Reittieren. Was war das? Das kenne ich nicht, warum konnte ich es dann sehen?« Biarns Blick verdüsterte sich, als schwante ihm Böses. Andvare dagegen antwortete in normal ruhigem Ton.
»Der Trollspiegel verbindet das Wissen und Vermögen mit allen möglichen Dingen oder Ereignissen der Realität, ob du sie bereits kennst oder nicht. Es hat das große Rennen gesehen«, erklärte er, als wäre es etwas Alltägliches. »Es findet alle sieben Jahre statt und nächstes Jahr ist es wieder so weit.«
» Das große Rennen !«, rief Kunar aufgeregt. Bewunderung und auch Ehrfurcht, sowie ein Hauch von Unbehagen, fast Abscheu, spiegelten sich in ihm wieder, als er erzählte.
»Das große Rennen wird aus Tradition seit Urzeiten abgehalten. Jeder waffentaugliche Mann kann an den Start gehen. Der Gewinner bekommt ein magisches Geschenk. Außerdem...«, begann er, wurde aber von Biarn unterbrochen.
»Ja, außerdem kämpfen die Teilnehmer um einen ganz anderen Preis.« Biarns Gesicht verriet Verachtung. »Oden
Weitere Kostenlose Bücher