Die Erben der alten Zeit - Das Amulett (Die Erben der alten Zeit - Trilogie) (German Edition)
her.
Auf ihrem Weg durch das Lager traf Charlie auf Bil und Bivor, die gerade auf dem Weg zu ihrem Baldachin waren. Bivor zog einen Karren voll mit einigen dieser leckeren Kekse hinter sich her, die sonst immer auf Charlies Nachttischchen morgens bereit standen. Offensichtlich hatten die beiden ihren Einsatz verschlafen, denn Bil, die mit zockelnden Schritten voran lief, rief:
»Nun mach schon, Bivor! Das Menschenwesen braucht die stärkenden, großen Kuchen!« Dann entdeckte sie Charlie.
»Ach, oh je! Da ist es ja schon auf!« Charlie nickte höflich und erklärte im vorbeigehen:
»Das macht doch nichts! Habt vielen Dank. Ihr kön nt den Karren gerne hier stehen lassen. Ich hole ihn dann gleich selbst ab.« Sie sah hinter Tora her und fügte hinzu:
»Ich muss jetzt...« Und sie zeigte auf Toras davoneilenden Rücken. Bil und Bivor schauten sich erstaunt um. Charlie zuckte entschuldigend mit den Schultern und eilte weiter.
Sie holte Tora auf ihrem dicken Stock gestützt natürlich nicht ein. Aber nur wenige Wichtelfichten weiter, traf sie auf ein schluchzendes Häufchen Elend, das sich auf der höchsten Stelle eines riesigen, bemoosten Findlings niedergelassen hatte. Tora war offensichtlich über das wütend-sein-Stadium hinweg. Als sie Charlie sah, wischte sie sich hastig ihre Tränen aus dem Gesicht, blieb aber sitzen und starrte beharrlich in eine andere Richtung. Charlie lehnte sich gegen den großen Stein und stellte ihren Stock neben sich ab.
»Es tut mir leid«, begann Charlie. Sie wusste eigentlich nicht so genau, was sie Tora sagen sollte.
»Ich…« Sie stockte und suchte krampfhaft nach den richtigen Worten. »Ich... öh… ich… es tut mir wirklich leid. Das wollte ich nicht. Ich... Ich werde alles dafür tun, um Kunar davon abzuhalten.« Tora saß mitten auf dem moosigen Findling zusammengekauert und umfasste mit ihren Armen ihre Knie.
»Ich mache mir ja auch Sorgen um Hanna«, sagte Tora leise. »Ihr müsst ja glauben, ich wäre froh sie los zu sein, aber ich hatte mich an sie gewöhnt.« Charlie drehte sich um und starrte Tora an. Sie hatte nicht eine Sekunde daran gezweifelt, dass Tora um Hanna Angst hatte. Wie kam sie bloß auf solch eine Idee? Hanna und Tora waren doch letztendlich ganz gut miteinander ausgekommen und abgesehen davon:
»So ein Quatsch!«, rief Charlie aus. »Auch wenn ihr euch immer noch täglich in den Haaren gelegen hättet, würdest du nie froh darüber sein, dass sie von Oden entführt wurde!« Tora sah Charlie dankbar an und neue Tränen kullerten hervor.
»Ich habe doch nur solche Angst um Kunar«, schluchzte sie. »Und um dich natürlich auch«, fügte sie schnell hinzu, damit Charlie nicht auf falsche Gedanken kam. Charlie lächelte.
»Na, noch sind wir nicht tot. Eigentlich fange ich dank euch allen gerade erst wieder an zu leben. Und wie ich schon sagte, werde ich es nicht zulassen, dass Kunar sich in Gefahr begibt. Hätte ich doch bloß meinen Mund gehalten. Ich hätte wissen müssen, dass er sie befreien will!« Charlie starrte vor sich auf den Boden. Tora seufzte.
»Er wäre vermutlich auch von selbst darauf gekommen«, sagte sie grimmig. »Vielleicht nicht gerade jetzt, aber irgendwann schon. Das große Rennen ist das größte Ereignis in Vanaheim und Godheim. Es wird lange vorher geplant und Menschen und Magier kommen von überallher, um dabei zu sein oder um teilzunehmen. Er wäre schon irgendwann von selbst auf die Idee gekommen, Hanna zu befreien.« Charlie nickte. Vermutlich hatte Tora recht.
»Aber es muss eine andere Möglichkeit geben Hanna zu helfen. Das große Rennen ist einfach zu gefährlich. Ohne magische Fähigkeiten hat niemand eine Chance es zu überleben...« Ihre Stimme starb ihr weg und sie starrte unruhig in die Tiefen des Wichtelwaldes.
»Ein Mann aus unserer Nachbarschaft hat es beim letzten Rennen versucht... Er wollte seine Frau befreien und ist dann selbst nicht mehr wiedergekehrt...« Charlie schwieg.
»Das war vor drei Jahren. Seltsam diese Zeitverschiebungen. Hier sind die sieben Jahre schon wieder vorbei. Als ob man vier Jahre verschlafen hätte, oder so... Er hieß Arno...« Charlie sah Tora lange an, wie sie mit glasigem Blick in die Vergangenheit schaute. Dann räusperte sie sich.
»Tora...«, began n sie zögernd. »Tora, ich muß dir etwas sagen.« Tora kehrte ins Jetzt zurück und sah fragend zu Charlie hinunter. Charlie biss sich auf die Lippe, ihr war nicht wohl in ihrer Haut. Sie hatte das Gefühl kaum atmen
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