Die Erben der alten Zeit - Das Amulett (Die Erben der alten Zeit - Trilogie) (German Edition)
das nur noch eine Frage von Sekunden. Tora knotete wieder ihre Hände und lief im Kreis.
»Okay, er hat recht. Wie lange ist es jetzt her?« Kunar überlegte und warf einen Blick in den Himmel. Es war früher Nachmittag. Charlie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr.
»Ungefähr zwei bis drei Stunden«, sagte Charlie matt. Kunar nickte. Tora starrte ihn an.
»Das kann nicht sein…«, begann sie und musterte Charlie ungläubig. »Er müsste längst tot sein«, presste sie flüsternd hervor. Kunar nickte wieder.
»Ich weiß. Ist er aber nicht. Also was tun wir jetzt?« Tora rannte wieder ein paar Mal im Kreis. Sie schien eine Idee zu haben, sich allerdings nicht ganz dazu durchringen zu können. Charlie wurde es zu bunt.
»Los , raus mit der Sprache! Wenn ihr recht habt, habe ich wohl nicht viel zu verlieren, oder?« Tora ließ die Luft aus den Lungen, wie ein angepiekster Ballon.
»Es tut mir leid. Ich kann dir nicht helfen. Aber die alte Fulla kann es vielleicht.«
»Die Kräuterhexe?«, entfuhr es Charlie. Tora nickte. Charlie sah die Alte in ihrem Wagen stehen und ihr den kleinen Beutel mit dem Lindwurmblutskraut reichen. Dann hörte sie Toras Worte. Will sie dich umbringen? Charlie hatte ein ungutes Gefühl, aber hatte sie eine Wahl? Sie nickte.
»Okay«, murmelte sie. »Die alte Fulla!«
Charlie und Kunar ritten hintereinander auf Gyller, während Tora das Einhorn durch eine schmale Holzpforte führte. Tora ließ die Zügel los und lief zur Haustür des alten halbverfallenen Holzhauses. Sie zögerte kurz, doch dann klopfte sie dreimal kräftig an die morsche Tür.
Charlie sah von Gyllers Rücken aus, wie die Tür knarrend geöffnet wurde und die alte Fulla in den Rahmen trat. Tora wich unwillkürlich vor dem grimmigen Blick der Alten zurück, aber erklärte dann hastig, was sie von Kunar erfahren hatte und zeigte dabei auf die beiden übel zugerichteten Gestalten auf Gyllers Rücken. Charlie konnte sie reden hören. Sie hörte die tiefe, raue Stimme der Alten, aber was sie sagte, ging an ihr vorbei. Sie war müde und ihr war schon wieder übel. Sie sah wie die Alte die Tür weiter aufschob und raschen Schrittes auf sie zukam. Charlie blickte in ihre aufmerksamen Augen. Sie musterte Charlie und Kunar eindringlich und streng.
Eine halbe Stunde später saßen Kunar und Charlie in trockenen Klamotten, eingecremt mit diversen stinkenden Kräutern und mit je einem Becher Tee, vor einem wärmenden Feuer. Charlie hatte aufgrund ihrer Augenbinde darauf bestanden, sich selbst einzucremen. Die Alte hatte nur mit den Achseln gezuckt und knurrende Töne von sich gegeben. Fulla werkelte in der Kräuterküche, während Tora, Kunar und Charlie sich verstohlene Blicke zuwarfen. Plötzlich drehte sich die Alte um und kam mit zwei Beuteln in der Hand auf Charlie zu. Sie streckte sie vor und ließen sie vor Charlies Nase baumeln. Das Pentagramm auf ihrer Hand war deutlich zu sehen. Als Charlie nicht reagierte, sondern sie nur verständnislos und unsicher anstarrte, seufzte die Alte und sagte barsch:
»W elches Mittel brauchst du?« Charlie starrte sie weiter mit offenem Mund an. Die Alte verdrehte genervt die Augen.
»Versuch es zu fühlen! Vertraue deinem Gefühl!« sagte sie ungeduldig. Charlie musterte die Beutel und berührte sie nacheinander. Beide Beutel strahlten deutlich eine kräftige Schwingung aus. Nicht wie die essbaren Kräuter, die sie mit Tora sammelte, sondern ähnlich dem Lindwurmblutskraut! Der rechte Beutel enthielt eindeutig etwas nach dem ihr Körper verlangte! Sie verzehrte sich förmlich danach! Charlie warf einen unsicheren Blick auf die Alte und zeigte dann stumm auf den rechten Beutel. Hastig zog sie ihre Hand zurück.
»Ha!«, stieß die alte Fulla aus. »Ich wusste es! Du wirst stärker mein Junge! Die Kraft der Heilkunst ist dir in die Wiege gelegt! Wann hat es angefangen?«, fragte sie, als ob sie sich über Brot oder Sport oder den letzten Marktbesuch unterhalten würde. Tora und Kunar starrten Charlie ungläubig an. Charlie schlug die Augen nieder und murmelte:
»Auf dem Markt. Als ich dich zum ersten Mal sah!« Die Alte nickte.
»Wie ich vermutet hatte«, sagte sie triumphierend. »Wie viele Sommer bist du, mein Kleiner?« Kleiner? Charlie streckte sich.
»13,5!«, sagte sie mit fester Stimme.
»Mmhm«, die Alte wiegte den Kopf. »Großes Potenzial«, murmelte sie und griff nach Charlies dicken roten Händen. Die Blasen wölbten sich fest und hoch auf ihren wunden Handflächen,
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